Prolog

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Fröhlich hüpft der kleine Junge über die Wiese. Er rennt die Hügel rauf und runter, jagt Schmetterlinge und untersucht die vielen Maulwurfshügel, die quer über die Wiese verteilt sind. Ein leichter Windhauch weht über die Landschaft und wiegt die Gräser sachte hin und her. Da ruft auf einmal jemand seinen Namen. Er hält inne und dreht sich in die Richtung aus der die Stimme gekommen ist. Da steht eine Frau auf der anderen Seite des Hügels. Sie trägt ein weißes luftiges Kleid das zusammen mit ihren langen dunklen Haaren im Wind weht. Sie lächelt und ruft: „Na komm schon, es ist soweit!" Sie streckt ihm ihre Hände entgegen und er rennt zu ihr herüber. Sie nimmt seine Hand und gemeinsam gehen sie den Hügel hinunter.

Auf einem großen Platz treffen sie auf  eine Gruppe von Männern, die vor einem riesigen Luftschiff stehen. Als einer der Männer die beiden kommen sieht, löst er sich aus der Gruppe und kommt auf sie zu. Er gibt der Frau einen Kuss und beugt sich zum kleinen Jungen hinab. „Na kleiner Mann", sagt er, „bereit für die erste große Fahrt?" Der Junge kichert und nickt heftig mit dem Kopf. Der Mann lächelt und richtet sich wieder auf. Er nimmt die Hand der Frau und geht mit ihnen zusammen wieder auf die Gruppe von Männern zu. „Wir wären dann soweit.", sagt er zu einem der Männer. Dieser nickt. „Wie sie wünschen euer Majestät." Er verbeugt sich und führt sie in den Zeppelin. Es riecht nach frischem Holz. Dann auf einmal fährt ein Ruck durch das Luftschiff und es setzt sich in Bewegung. Nach kurzer Zeit schweben sie hoch über den Wolken. Sie betrachten die Landschaft, die Hügel und den Fluss der sich zwischen den Bergen windet wie eine Schlange. Lange Zeit fliegen sie mit dem Zeppelin durch die Lüfte und genießen die Aussicht. Als es anfängt zu dämmern landen sie wieder auf dem großen Platz. Es ist still geworden. Man hört lediglich das Zirpen der Grillen im hohen Gras. Der Mann nimmt die Frau und den kleinen Jungen wieder bei der Hand und sie treten aus dem Zeppelin. Davor wartet auch schon eine Kutsche, um sie zurück ins Schloss zu fahren.

In der Nacht ist alles still. Der kleine Junge liegt in seinem Bett und schläft. Auf einmal werde Rufe laut. Schritte hallen durch die Gänge des Schlosses und man hört das splittern von Glas und Porzellan. Der Junge schreckt hoch. Er kauert sich in seinem Bett zusammen. Da poltern Schritte an der Tür vorbei. Wieder Rufe und Schreie. Dann ist es wieder totenstill. Ängstlich krabbelt der kleine Junge aus seinem Bett. Er geht auf die Tür zu, als diese sich plötzlich mit einem leisen Quietschen öffnet. Der Junge hält die Luft an. Da betritt eine Gestalt, in einen Mantel gehüllt und mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen, das Zimmer. Sie hält eine Fackel in der Hand und geht auf den kleinen Jungen zu, doch dieser weicht zurück. Da streckt die Person die Hände nach ihm aus und streift sich die Kapuze vom Kopf. Lange, dunkle Haare kommen zum Vorschein und das Licht der Fackel wirft tanzende Schatten auf das Gesicht seiner Mutter. Hektisch greift sie nach seinem Arm und zieht ihn zu sich. „Mama was ist denn los?", fragt der Kleine und sieht sich ängstlich um. „Alles wird gut", flüstert sie leise, „aber wir müssen von hier fort." Sie geht mit ihm auf die Tür zu und öffnet sie vorsichtig. Als nichts zu sehen ist, verlässt sie mit dem kleinen Jungen das Zimmer. So leise wie möglich huscht sie mit ihm über die Flure des Schlosses. Immer wieder dreht sie sich hektisch um und hält nach Verfolgern Ausschau. Sie gelangen nach draußen. Die Nacht ist eisig. Ihr Atem bildet kleine Wölkchen in der Luft. Die Frau packt den Jungen fester an der Hand und rennt mit ihm über die Wiese auf dem nahegelegenen Walde zu. Plötzlich hören sie Schreie hinter sich. Die Frau hebt ihren Sohn hoch und presst ihn an sich. Ihr Atem geht stoßweise, der Schweiß steht ihr auf der Stirn. Sie rennt weiter und erreicht den Wald. Hinter ihr kündigen sich ihre Verfolger durch Schreie und Gebrüll an. Ihre Lunge brennt, die Augen tränen und ihre Beine werden schwer, doch sie rennt immer tiefer in den Wald hinein. Das Laub raschelt unter ihren Füßen. Der Mond lässt die alten Bäume bedrohlich wirken, wie sie in den Himmel emporragen. Hier und da flieht ein Vogle schreiend durch die Bäume hinweg. Das Gebrüll ihrer Verfolger kommt immer näher. Die Frau rennt weiter durch das Unterholz, das Kind stets an sich gepresst. Sie stolpert, fängt sich wieder und hastet weiter. Ihr verstand schreit sie an stehen zu bleiben, doch sie zwingt sich weiter zu laufen. Der stechende Schmerz in ihrer Seite wird immer schlimmer, doch sie ignoriert ihn. Äste zerkratzen ihr Gesicht und reißen an ihren Kleidern. Sie hält die Arme schützend um den kleinen Jungen geschlungen, der sich mit seinen kurzen Arme fest an sie krallt und sich an sie klammert. Die Schreie hinter ihnen werden immer lauter.

Auf einer Lichtung bleibt die Frau kurz stehen sie sieht sich nach einem Versteck um, entdeckt ein Gebüsch und flüchtet in die kleine Grube, die notdürftig von den Zweigen des Gebüsches verdeckt wird. Sie drückt sich und den Jungen runter, ihr Puls rast und sie meint ihr Herz schlagen zu hören. Wenige Sekunden später brechen Männer durch das Geäst auf die Lichtung. „Wo ist sie?! Sie kann nicht weit sein!", schreien sie durcheinander. Die Frau duckt sich und den Kleinen tiefer in die Grube. Sie legt eine Hand auf seinen Mund und hält die Luft an. Die Männer Rennen weiter und ihre Stimmen verstummen in der Ferne. Nach einer Weile nimmt die Frau die Hand von dem Mund des Jungen, der sie mit großen, vor Angst und Schrecken geweiteten Augen ansieht. „Alles wird gut." Wispert sie leise und streicht ihm über den Kopf. Ihre Haare kleben verschwitzt an ihrer Stirn und sie ringt immer noch nach Atem. Die Minuten verstreichen. Nach einiger Zeit richtet sie sich vorsichtig auf. Sie schaut sich kurz um und beugt sich dann runter zu ihrem kleinen Jungen. „ich gehe mal kurz nachsehen ob alles in Ordnung ist ja?", sagt sie leise, „Ich bin gleich wieder da: Beweg dich nicht von hier weg verstanden?" der kleine Junge nickt und kauert sich zusammen. Sie nimmt sein Gesicht in ihre Hände und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich liebe dich.", haucht sie, „Ich komme gleich wieder und hole dich." Dann verschwindet sie im Unterholz. Der kleine Junge bleibt allein zurück und duckt sich tief in die Grube. Er ist verwirrt und verängstigt. Der Boden ist eiskalt und ihm fröstelt von dem kühlen Wind der durch die Blätter weht. Da durchschneidet ein spitzer Schrei die Stille, gefolgt von weiterem Gebrüll. Der Junge zuckt zusammen. Die Angst kriecht ihm den Nacken hinunter. Danach ist alles wieder still. Nach einer gefühlten Ewigkeit kriecht der Junge vorsichtig aus der Grube hervor. Die Bäume ragen bedrohlich vor ihm auf.
„Mama?", ertönt sein zaghaftes Stimmchen in der Stille.
„Mama?!"

Doch er bekommt keine Antwort.

Kampf der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt