Kapitel 8

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In den letzten Tagen hat sich etwas verändert. Ich habe mich verändert.

Ich habe aufgehört, mich gegen die Befehle und die Forderungen zu wehren. Ich bin "gehorsam" geworden. Der Narbige hat sich anfangs darüber lustig gemacht, doch nur ich für mich selbst weiß, dass ich nicht "gehorsam" geworden bin. Ich habe nur gelernt mich zu beherrschen.

In mir drin sieht es aber ganz anders aus. Meine Gedanken sind ununterbrochen bei dem alten Mann und bei dem, was er Mino und mir erzählt hat. Ich bin der rechtmäßige Thronfolger. Es hat eine Weile gedauert, bis ich das wirklich begriffen habe. Seid dem grübeln Mino und ich, wie es jetzt weitergehen soll. Bis uns etwas einfällt, haben wir uns vorgenommen nicht weiter aufzufallen und uns gemäß den Anforderungen zu verhalten.

Den Alten haben wir noch einmal gesehen, doch wir haben gerade auf der Wiese trainiert, weshalb ich ihn nicht weiter beachtet habe. Am Anfang habe ich an dem gezweifelt, was er uns erzählt hatte. Zwar ist das Muttermal, welches ich nun immer öfters begutachte, stets da, doch es hätte genauso gut einfach nur Zufall gewesen sein können und der alte Mann hatte uns nur Stuss erzählt.

Erst die weißen Tiere, die ich in letzter Zeit immer wieder sah, ließen mich irgendwann jegliche Zweifel vergessen. Sie tauchen meistens während dem Training oder dem anschließenden Essen auf. Oftmals ist es ein weißer Hase, doch ich habe auch schon weiße Vögel gesehen, die über dem Trainingsplatz kreisten. Vor zwei Tagen, ist eine kleine Maus zwischen den Bänken beim Essen im Gras umher geschlichen und ist vor meinen Füßen stehen geblieben. Als ich sie gesehen habe, habe ich mich erstmal ein bisschen erschreckt. Es war seltsam. Sie hat mich einfach nur angesehen und ist dann weiter gehuscht.

Manchmal denke ich, dass ich verrückt werde. Es muss ja nicht immer, wenn ich ein weißes Tier sehe, gleich mein komisches Beschützer-Wesen sein...

Zudem fühle ich mich zur Zeit irgendwie ein bisschen überfordert. Ich weiß, dass ich mehr oder weniger der einzige bin, der etwas gegen unseren jetzigen König unternehmen kann, doch ich habe keinen blassen Schimmer wie ich sowas anstellen soll.

Ich habe mir schon mit Mino zusammen den Kopf über die verschiedensten Möglichkeiten zerbrochen, doch sind wir am Ende immer an dem Punkt angelangt, an dem wir einsehen müssen, dass König Avelon einfach zu mächtig ist. Ich allein könnte niemals etwas gegen ihn ausrichten. Und selbst mit Mino an meiner Seite könnte es etwas schwer werden gegen die zahlreichen Soldaten und Wachen anzukommen.

Es ist gerade Mittag. Die Sonne steht hoch am wolkenlosen Himmel. Wir haben unser Morgen- Training für heute schon absolviert und heute den Rest des Tages frei bekommen. Es scheint irgendeine Feier im Schloss stattzufinden, bei der die Anwesenheit sämtlicher Soldaten erwünscht ist.

Wir 'Azubis' dürfen heute auch nach draußen und uns frei bewegen. Ich stoße spöttisch die Luft aus, als ich daran denke, wie die Soldaten es uns als Privileg beigebracht haben, dass wir uns heute mal 'frei bewegen' dürften. Wie Tiere die sie heute mal auf die Weide lasse.

Nun ist mir zum ersten Mal wieder bewusst geworden, wie sehr ich es doch vermisst habe, durch die Wiesen, Felder und Wälder zu streifen sowie zuhause. In letzter Zeit habe ich es möglichst vermieden über mein altes Zuhause nachzudenken. Über Rosie und meine... Mutter. Ich kann nichts dagegen tun, aber ich kann sie nicht hassen. Immerhin hat sie mich als kleines Kind aufgenommen. Ohne sie, wäre ich mit Sicherheit in diesem Wald umgekommen.
Trotz der warmen Sonnenstrahlen läuft es mir bei diesem Gedanken eiskalt den Rücken hinunter.

Ich habe mich unauffällig etwas von der Kaserne entfernt. Wenn ich schon die Gelegenheit bekomme mich von diesem ganzen Mist hier etwas zu distanzieren, dann möchte ich diese auch nutzen.

Alleine Streife ich durch das hohe Gras und lasse den kühlen Wind meine Haare und meine Kleidung durchpusten. Ein leichtes Gefühl von Freiheit überkommt mich und mein Herz macht einen Sprung bei dem Gedanken daran, einfach los zurennen und all das hier hinter mir zu lassen.

Doch ich weiß, dass ich das nicht kann, nicht darf! Denn was würde dann aus Mino werden? Und was würde ich dann machen? Ganz alleine? Ich bin mir sicher, ich würde es irgendwie schaffen mich durchschlagen. Jedoch würde ich mir dann noch nutzloser vorkommen.

Ich schlendere weiter über die Wiese bis mir aufeinmal etwas ins Auge sticht.
Am Rand des naheliegenden Waldes steht ein weißer Hirsch der mich mit seinem durchdringenden Blick förmlich zu durchbohren scheint.

Kampf der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt