Kapitel 8

126 15 5
                                    

           

Die Sonne ging langsam auf. Sie erleuchtete die Welt und spendete Wärme. Als ich aufwachte, lag ich neben Lupasuna am Boden. Die Sonne strahlte mir ins Gesicht und tauchte die dunkle und kalte Höhle in Licht. Ein neuer Tag war angebrochen. Ich würde heute, So wie sonst auch, mit meiner Freundin trainieren gehen. „Komm meine Kleine, steh auf." Ich streichelte ihr ein paar Mal sanft übers Fell. Doch dann realisierte ich es. Alles was ich nur für einen furchtbaren Albtraum gehalten hatte, war wahr. Der sonst so geschmeidige Pelz der Wölfin war nun verfilzt und rot. Ich hatte wirklich all diese furchtbaren Dinge getan. All diese Männer umgebracht. Ich hatte mich in einen Choku verwandelt. Ich musste mich an der kalten Steinwand festhalten, um nicht umzukippen. Das konnte unmöglich sein. Noch nie zuvor hatte ich daran gedacht, was passieren würde, falls ich mich in einen verwandeln würde. Ich hatte es verdrängt. Ich hatte sie verdrängt. Meine Familie. Nicht mehr an sie gedacht, sie aus meinen Gedanken geschoben. Doch jetzt durchfuhr es mich. Ich hatte das Gesicht meiner Eltern vor Augen, sie lächelten. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, als ich sie mir das letzte Mal ins Gedächtnis gerufen hatte. Ich hatte meine Mutter so sehr geliebt. Liebe... außer bei Lupasuna hatte ich dies schon lange nicht mehr gefühlt. Ich hatte in mich gekehrt gelebt. Alleine. Keine Gefühle zugelassen. Doch es war nur eine Hülle. Ein Schutz.

Ich saß auf einer Parkbank. Ich war alleine, bis ich von einem kleinen, rothaarigen Jungen gestört worden war. Erst war ich ziemlich erschrocken, als ich ihn sah. Er schien genauso alleine zu sein wie ich. Das konnte ich in seinen Augen und in seiner Haltung erkenne. Er hatte die Schultern leicht angezogen und schaute auf den Boden. Ich hatte mich zuvor mit meinen Eltern gestritten und war von zuhause weggelaufen. Schließlich war ich in dieser kleinen Oase gelandet und habe geheult. Doch jetzt konnte ich meine Konzentration nicht mehr meinen Tränen widmen, ich hatte meine Augen auf den Jungen geheftet, der schüchtern im Halbschatten stand. Schon als kleines Mädchen, hatte ich eine hervorragende Beobachtungsgabe gehabt. Meine Mutter sagte oft, dass ich Leuten in die Seele sehen konnte und mehr über diejenigen wusste, als sie selbst. Doch dieses Mal war es anders. Denn er war anders als die Meisten, er war mehr wie... wie... Ich! Nach einem kurzen Moment der Schwäche hatte ich mich wieder gefasst und schrie ihn fast an, so dass es beim Klang meiner Stimme zurückzuckte: „Was suchst du hier?! Wieso hast du mich beobachtet?!" Nun wirkte er noch verunsicherter, als er vorher schon war. Sofort bereute ich es, das ich so laut gewesen war. Ich blickte ihn bemitleidend an: „Tut mir leid ich meinte es nicht so..." nun schaute ich auf den Boden. Doch als ich meinen Kopf wieder hob, blickte er mir zum ersten Mal richtig in die Augen. Mit einer Geste bedeutete ich ihm zu mir zu kommen und mit skeptischen Schritten kam er mir vorsichtig entgegen, so als befürchtete er, dass ich ihn gleich wieder anfallen könnte. Meine Gesichtszüge entspannten sich wieder und ich brachte ein Lächeln zustande. „Dein Name ist Gaara? Klingt interessant. Mein Name ist Sinu." Ich streckte ihm meine Hand entgegen, doch er versteckte seine Arme unter seinem langen Pulli und machte keine Anstalten meine Geste zu erwidern.

Der Gedanke an Gaara schmerzte. Doch nicht so wie eine körperliche Wunde. Ich spürte das Stechen im Herzen. Er hatte oft etwas von diesem Gefühl, der Trauer, erzählt. Damals war er mein bester Freund. Fast jeden Tag trafen wir uns. Immer an derselben Stelle. Er war so alleine wie ich und hatte niemanden. Denn er war der Jinchuriki von Suna. Doch nun machte mein Herz einen Sprung. Ich war nun besserer Laune. Auch wenn Gaara selten etwas sagte, er brachte mich immer zum Lächeln. Wie es ihm jetzt wohl ging? In exakt demselben Moment, als ich fertig gedacht hatte, hörte ich ein Horn. Der Ton war tief und laut. Ich kannte dieses Geräusch, konnte es jedoch erst nicht zuordnen. Es war lange her, als ich es das letzte Mal gehört hatte. Es war der Klang, der in Suna ertönte, wenn ein Kampf bevorstand.

KorikoroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt