Kapitel 4

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Die Tage gingen sehr schnell vorbei und es war bereits Freitag. Zusammen mit Dad lief ich zur Schule. Ich wusste, dass der Vortrag super würde, da Dad vorbereitet war. Irgendwie freute ich mich. Unsere Klassen trafen sich in der Aula. Überraschenderweise waren schon sehr viele dort und man hatte genügend Platz. Rebecca war mit ihrer Mom hier. Da ich kurz mir ihr sprechen wollte, schlug ich Dad vor, doch mit Rebeccas Mom zu reden. Damit war er einverstanden und er lief in ihre Richtung. Rebecca rannte auf mich los und packte mich an den Schultern. Sie lächelte breit und fragte: „Und wie wird dein Vortrag?" „Genial! Mein Dad ist super vorbereitet! Er macht über die Polizei einen Vortrag. Ist deine Mom auch bereit?" Rebecca nickte ebenfalls und zog mich zu zwei Stühlen. Dad und Rebeccas Mom sassen neben uns und schwatzen miteinander. Hinter uns nahmen die anderen Schüler Platz. Ich sah mich ein wenig um und erblickte ein paar von meiner Parallelklasse. Komischerweise waren die Schüler aus meiner Parallelklasse diesmal ruhig und anständig. Das lag wahrscheinlich daran, dass ihre Eltern dabei waren. Ich sichtete auch Ryan und Leo. Sie liefen aber getrennt. Ich fragte mich, wo Ethan war und kaum dachte ich das, entdeckte ich ihn. Er stand neben einem Bartisch, der mit Getränken bedeckt war. An seinem Ohr hielt er sein Handy und telefonierte mit irgendjemandem. Doch weit und breit waren keine Eltern von ihm zu sehen. Konnten sie nicht kommen oder waren sie zu spät? Telefonierte er mit ihnen? Ich konnte an seinem Gesichtsausdruck sehen, dass er verzweifelt und gleichzeitig stinksauer war. Kopfschüttelnd unterbrach er das Gespräch und latschte mit grossen Schritten auf Mr. Johsen zu. Bevor ich ihn weiter beobachten konnte, tippte mir Rebecca auf die Schultern. Ein bisschen verwirrt musterte ich sie. Rebecca schluckte leer und reichte mir ihr Handy. Kritisch zog ich eine Augenbraue hoch. „Schau mal, was in den Nachrichten steht. Ich glaube, das solltest du oder dein Dad einmal genauer anschauen.", flüsterte Rebecca mir zu.

Vor wenigen Tagen fand die Polizei eine Leiche in Melbourne. Sie wurde in einem Müllcontainer gefunden, doch man fand vom Mörder keine Spur. Die Polizei hat leider auch keine Vermutung, wer das Scheusal sein könnte. Doch es wird noch schlimmer. Heute Morgen wurde hinter einer Bühne einer Disco eine neue Leiche gefunden. Das Opfer wies die gleichen Merkmale auf wie das Opfer vor wenigen Tagen. Erstochen, Kehle durchgeschnitten und eine Auge ausgerissen. Die Polizisten stellten fest, dass es der DJ dieser Disco war. Letze Nacht war eine Party in diesem Tanzlokal. Der DJ lebte letzte Nacht noch, aber er wurde heute früh am Morgen tot aufgefunden.

Ich kratzte mich am Hinterkopf. Dad hatte den Artikel schon gelesen, denn er sagte: „Ich werde mich heute Abend mit diesem Mord befassen, aber nicht jetzt!" Darauf verdrehte ich nur die Augen. Ach Mann! Ich hätte zu gerne diesen Fall unter die Lupe genommen, doch ich war ja noch minderjährig! Boah, ich hoffte, dass ich bald einen Partner hatte. Als ich etwas erwidern wollte, unterbrach mich Mrs. Loran. Die Vorträge begannen.

Während den Vorträgen dachte ich hart nach. Diese Morde waren irgendwie einzigartig. Sie faszinierten mich und machten mich sehr neugierig. Nachdenklich strich ich mir durchs Haar und las immer wieder den Artikel auf Rebeccas Handy durch. Ich war derart konzentriert, dass ich sogar Dads Vortrag verpasste. Das einzige, was ich mitbekam, war ein lautes Klatschen und dass mein Dad mit einem breiten Lächeln neben mir Platz nahm. Kurz und knapp sagte ich ihm, dass es super war, auch wenn ich keine Ahnung hatte. Schmunzelnd wandte ich mich von ihm ab. Kaum sah ich wieder zur Bühne, verschwand mein Grinsen. Ich dachte wieder nach. Der Gedanke, dass der Mörder frei in Melbourne herum rannte und Menschen tötete, war schrecklich. Wer war dieser Mörder und warum tat er das? Und warum fand die Polizei ihn nicht? Ich wollte unbedingt an diesem Fall arbeiten, ansonsten würde ich ausrasten! In dem Moment rief Mr. Johsen einen Namen. „Winston! Sind deine Eltern jetzt hier?" Alle Blicke wurden nach hinten gerichtet. Auch ich erwachte aus meinen tiefen Gedanken und blickte zurück. Ethan hatte die ganze Aufmerksamkeit, doch es schien ihn nicht zu stören. Er atmete tief durch und sah Mr. Johsen tief in die Augen. Dann schnappte er nach Luft und schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, mein Dad muss arbeiten und meine Mom hat ein wichtiges Gespräch." Ethan zupfte an seiner Jeansjacke und schmunzelte ein wenig enttäuscht. Bevor Mr. Johsen was sagen konnte, meinte er: „Aber ich könnte den Vortrag machen. Ich habe schon alles vorbereitet." Mr. Johsen zog zufrieden die Augenbrauen hoch und trat von der kleinen Bühne runter. Ethan packte sein Rucksack und lief nach vorne. Kaum zu glauben, wie locker er drauf war. Ich hätte schon längst in die Hose gemacht, denn so viele Augenpaare waren auf ihn gerichtet. Auf der Bühne nahm Ethan einen einen wunderschönen neuen Laptop nach vorne und verband ihn mit dem Monitor. Ich musste zugeben, dass er sehr schnell im Schreiben war und den Laptop gut im Griff hatte. Rebecca schien ebenfalls beeindruckt.

Als ich Dad ansah, merkte ich, dass er ihn komisch musterte. Was dachte er? Als ich dabei Ethan wieder anschaute, hatte er seinen Blick auf mich gerichtet. Sein Blick war eiskalt. Oh Mann, warum sass ich nur in der ersten Reihe? Er dachte bestimmt, dass ich ihn wahrscheinlich nach dem Vortrag runter machen würde, weil er seine Eltern nicht bei sich hatte. Doch ganz ehrlich, ich war sprachlos. Er machte vor so vielen Leuten einen Vortrag über den Beruf seiner Eltern. Er hatte nicht einmal einen Spickzettel. Seine Powerpoint-Präsentation im Hintergrund sah einfach umwerfend aus. Meine dagegen war nichts! Rebeccas Kiefer klappte auf, sie packte mein Handgelenk und rutschte dicht zu mir. „Ist das wirklich Ethan? Ethan Winston, der eiskalte Anführer aus der Parallelklasse?", flüsterte sie. Ich war derart sprachlos, dass ich kein Wort aus mir brachte. Ethan stand neben seinem Laptop und holte einmal tief Luft. Ich schaute den Titel an: Bodyguard. Ich runzelte die Stirn. Wollte er uns verarschen? War sein Dad oder seine Mom oder beide tatsächlich Bodyguard? Oder war das ihr Nebenjob? Ich widmete meinen Blick Dad. Er sah noch viel kritischer aus. Als Ethan zu reden begann, flüsterte ich Dad zu: „Du siehst sehr kritisch aus, Paps. Ist was?" Darauf reagierte er nicht. Ich fragte ihn das Gleiche nochmal, doch er schüttelte nur schweigend den Kopf. Ich wusste aber, dass er irgendwas hatte. Er hatte irgendein Problem mit Ethan.


Bodyguard-AgentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt