Kapitel 9

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Ethan drängelte sich vor mir und lief auf den Chefsessel zu. Ich war ein bisschen unsicher, ob ich mich gegenüber von ihm hinsetzen oder besser stehen bleiben soll. Als er sich setzte, deutete er mit seinem Zeigefinger auf den Drehstuhl. Ich zögerte keine Sekunde und setzte mich hin. Ethan startete den Computer und sagte: „Ich hatte leider gestern keine Zeit, ein wenig zu recherchieren, weil ich noch einen Miniauftrag zu erledigen hatte." „Und der wäre?" „Ich musste auf eine Party und schauen, dass niemand verletzt wird. Ich war bis drei Uhr Morgen wach." „Du hast also nicht viel gepennt, oder?" „Nein, ich habe gerade einmal zwei Stunden geschlafen", antwortete er. Er schenkte mir einen leeren Blick. Ja, man sah, dass er nicht viel geschlafen hatte. Seine Augenringe und ungekämmten Haare erklärten mir alles. Ich lehnte mich zurück, wickelte mir eine Haarsträhne um den Finger und sah über Ethans Schulter. Die Aussicht war einfach umwerfend. Ich lächelte ein wenig, doch Ethan riss mich schnell wieder aus den Gedanken. „Hattest du Zeit?" Ich sah ihn finster an und meinte: „Nein! Als ich zu Hause war, ging ich sofort ins Bett." Das verstand Ethan und ich fragte: „Was machen wir als Erstes? Suchen wir möglichst viele Informationen oder schauen uns die Nachrichten ein wenig genauer an?" Ethan zuckte bei dieser Frage nur mit den Schultern. Na toll! Das war aber ein super Anfang.

Ich seufzte laut und suchte auf dem aufgeräumten Pult ein Notizzettel. Leider fand ich ihn nicht so schnell. Weshalb ich ein wenig herumwühlen musste, was Ethan nicht so gefiel. Denn als ich zwischen Akten herumstreute, schlug er mir auf die Hand. Sein Blick war sehr drohend. Ich fuhr ein wenig zusammen und da fauchte er: „Was suchst du?" „Ein Notizzettel. Um alles zu notieren." „Frag doch, dummes Mädchen", zischte er und zog aus einer Schublade ein Notizblock heraus. Ich schnaubte leise und schaute den Notizblock an. Auf der ersten Seite hatte Ethan was notiert...doch es war eine Zeichnung. Desto genauer ich es anschaute, umso schöner fand ich es. Er zeichnete einen wunderschönen Sonnenuntergang, alles mit Bleistift gezeichnet. Ich musste zugeben, dass dieser Junge Talent hatte. Ethan tippte noch schnell was ein, bis er merkte, dass ich seine Zeichnung anstarrte. „Hey!", zischte er und wollte mir den Notizblock aus der Hand reissen, doch ich versteckte den Block blitzschnell hinter dem Rücken. Ich grinste frech und sprach: „Ich wusste gar nicht, dass du so zeichnen kannst, Winston." „Cooper! Gib's her!" „Nö, das kannst du vergessen." Ich kicherte und nahm den Block wieder nach vorne. Ich blätterte eine Seite weiter, sodass Ethan merkte, dass ich die Zeichnung nicht mehr anstarrte. Er schien erleichtert und lehnte sich wieder zurück. Ich schrieb auf den Zettel mit meiner schöner, schrägen Schrift: Auftrag. Ethan hatte eine Seite geöffnet. Es waren die aktuellsten News von Melbourne. Er hatte einen Artikel von diesem Mord, der vor wenigen Tagen passiert war, geöffnet. Wir sahen uns also zuerst die News und Artikel an. Ich schrieb es auf. Informationen zu den Morden. Ethan drehte den Computer ein wenig zu mir, sodass ich den Artikel ebenfalls sehen konnte. Stattdessen selber zu lesen, las Ethan mir alles vor. „Der Mord in der Disco war tragisch. Dem jungen DJ Kees J. wurde das Leben genommen. Der Grund, warum er ermordet wurde, ist noch unklar und wer der Täter ist, wurde noch nicht aufgeklärt. Den Polizisten fehlen Spuren. Kaum zu glauben, dass die Polizisten keine Ahnung haben, wer der Mörder sein könnte. Kees J. hatte in dieser Nacht noch eine Party unterhalten mit seiner rockigen Musik. Wenige Stunden später, nachdem die Party vorüber war, lag er tot hinter der Bühne. Polizisten berichten, dass ihm die Kehle durchgeschnitten wurde, er erstochen wurde und sein linkes Auge ihm aus dem Gesicht gerissen wurde. Kees J. wurde gleich getötet wie Liam F., der letzte Woche tot in einem Müllcontainer gefunden wurde. Komischerweise wurde Liam F. drei Tagen zuvor noch vermisst. Wir bitten sie darum, in den Häusern zu bleiben und acht zu nehmen. Der Täter ist noch unterwegs." Ethan schnappte nach Luft und ich hatte das Wichtigste notiert.

Opfers: Kees J. Liam F.

Beide wurden gleich getötet= Kehle durchgeschnitten, erstochen und Auge ausgerissen

Täter noch unbekannt

Liam F. wurde drei Tage vor seinem Tod noch vermisst.

Kees J. wurde tot hinter der Bühne gefunden

Liam F. wurde in einem Müllcontainer gefunden

Mörder?

Ethan überflog meine Notizen und fand sie in Ordnung. Danach zeigte er mir ein paar Bilder vom Tatort. Es wurde ein Müllcontainer gezeigt, der mit Blut verspritzt war und eine Disco, die mit Blut verschmiert war. Ich verzog das Gesicht. Sogar Ethan fand es ziemlich eklig. Er rümpfte die Nase, und ich hätte schwören können, dass seine Hautfarbe ein bisschen blasser wurde. Ich strich mir durchs Haar und stellte fest: „Die beiden Opfer mussten irgendein Zusammenhang haben. Wahrscheinlich kannten sie sich oder sie kannten den Mörder, denn ich glaube nicht, dass dieser Täter diese zwei Jungs nicht einfach so getötet hat. Hinter jedem Mord steckt ein Geheimnis." Ethan stimmte mir zu und deutete auf meine Notizen. Dabei zeigte er auf den Namen Liam F. „Liam wurde drei Tage zuvor vermisst. Ich vermute, dass der Täter ihn entführt und ihn danach getötet hat, denn Liam lag anscheinend schon länger tot in diesem Müllcontainer." „Woher weisst du das?", wollte ich wissen. Ethan verdrehte die Augen, tippte was auf die Tastatur und zeigte mir eine neue Seite. Dort stand etwas über Liams Mord. Ethan hatte recht. Liam lag schon ein länger in diesem Müllcontainer. Nachdenklich strich ich mir durchs hellbraune Haar. Doch wie lange lag er schon dort drin? Wenn wir das wüssten, würde das uns wahrscheinlich einen Schritt weiter bringen.

Ethan dachte anscheinend das Gleiche wie ich, denn er griff nach seinem Handy und sagte mir: „Ich werde einen Polizist anrufen und ihn fragen, ob wir schnell ins Polizeizentrum gehen können. Wir können ihnen dort so viele Fragen stellen, wie wir wollen." „Wenn wir gehen dürfen", antwortete ich und verrenkte die Arme vor der Brust. Darauf nickte Ethan und rief jemanden an. Er hielt das Handy vor dem Ohr und verrenkte die Arme vor der Brust. Er kam mir so vor wie ein Privatdetektiv und zwar ein richtig heisser Detektiv. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Schande, war es schon immer so heiss in diesem Raum? Ich wedelte unauffällig mit den Händen vor meinem Gesicht.

In diesem Moment sagte Ethan: „Guten Tag. Hier spricht Ethan Winston, Bodyguard-Agent. Störe ich Sie gerade?" Auf der anderen Leitung konnte ich nur ein Blablabla hören. „Gut, denn meine Agentenpartnerin und ich sind gerade an einem Auftrag dran. Sie haben sicher schon über die Morde von Liam F. und Kees. J gehört." Natürlich! So ein Schwachkopf! Er redete gerade mit einem Polizisten, warum sollte er das nicht wissen? „Genau. Was ich Sie fragen wollte, war, ob meine Partnerin und ich schnell zu ihnen kommen könnten und ein paar Fragen stellen können. Es wäre sehr wichtig." Oh ja! Es war sehr wichtig, denn es ging um Leben und Tod. Ethan schwieg für einen Moment.

Plötzlich wurde Ethan nervös und er sagte laut: „Hallo? Ist noch jemand dran?!" Ich runzelte die Stirn und Ethan stand auf. Er liess beinahe sein Handy fallen, doch er konnte es noch geschickt auffangen. „Was ist los?", wollte ich wissen. Ethan kam auf mich zu und sagte aufdringlich: „Der Polizist, der mit mir gerad eben geredet hat, legte plötzlich auf. Ich habe aber im Hintergrund gehört, wie die Polizisten wild durcheinander schrien und irgendwas von einem neuen Mord gesagt haben." Was? Noch ein Mord? Mein Herz schlug wild. Sofort stand ich auf und gaffte Ethan besorgt an. „Hast du gehört, wo der Mord war?" Ethan nickte und lief auf das Gestell mit den Waffen zu. Er nahm eine Pistole raus und wollte von mir wissen, ob ich schon einmal eine Waffe in der Hand hatte. Das war echt eine sehr dumme Frage. Ich war eine Agentin! Natürlich hatte ich schon einmal eine Waffe in der Hand. „Sicher!", fauchte ich. Ethan drückte mir eine Pistole an die Brust und reichte mir ein paar Munitionen. Gleich danach hatte ich noch ein eingepacktes Messer in der Hand, das ich mir in den Gurt steckte. Ethan ebenfalls. Aus dem Regal holte Ethan noch zwei Funkgeräte und reichte mir eins. „Wenn wir uns trennen würden, dann hätten wir trotzdem noch Kontakt miteinander", versicherte er mir. Ich musste zugeben, dass Ethan sehr vorbereitet war und alles hatte. Ich lächelte ein wenig, danach eilten wir nach unten.

In seinem Auto sagte ich schmunzelnd, aber gleichzeitig nervös: „Unsere erste Verfolgungsjagd." Ethan lächelte kurz und fuhr danach los.


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