8. Ellie
Travis erneutes Liebesgeständnis hat mich überrascht. Auch wenn ich mich geändert habe, würde meine Antwort NEIN lauten. Ich habe einfach keine Gefühle für ihn. Aber es zu wissen, dass mich jemand aufrichtig und bedingungslos liebt, bereitet mir Panik.
Es war kurz vor Weihnachten gewesen. Ich hatte damit gerechnet, die zwei Wochen Ferien wieder allein im Internat verbringen zu müssen, da Großmutter und Großvater nicht erlaubten, dass ich zu ihnen nach Hause kam. Jedoch änderten sie an jenem Jahr ihre Meinung. Ich war überglücklich. Als sie mich herzlich empfingen und sich in den darauffolgenden Tagen viel Zeit für mich nahmen, keimte Hoffnung in mir auf. Ich dachte, dass all meine Mühen nicht umsonst gewesen waren und dass sie mich endlich, endlich akzeptierten. Großmutter ging mit mir ins Spa und Großvater bekochte mich.
Alles Mittel zum Zweck. Beziehungsweise, ich war ihr Mittel zum Zweck. Sie versuchten, mich zu einer arrangierten Ehe mit dem Sohn ihres Koorperationspartners zu zwingen. Wenn ich den Sohn geheiratet hätte, hätte der Partner zugestimmt, eine seiner Firma mit der meiner Großeltern zu inkorporieren. Es war unglaublich, wie unstillbar ihre Gier war. Sie besaßen bereits mehrere Millionen und wollten trotzdem mehr. Außerdem: Welch eine Ironie, dass sie trotz ihres Hasses mir gegenüber versuchten, von mir Profit zu ziehen.
Ich vermisse meine Eltern. Ich vermisse die Art und Weise, wie sie miteinander umgingen. Wie sie mit mir umgingen. So liebevoll und selbstlos. Es vergeht keinen Tag, an dem ich mich nicht danach sehne, wieder von jemandem geliebt zu werden, und selbst wieder zu lieben.
Aber nun strömt die Liebe ein. Völlig unerwartet. Sie überrumpelt mich, sodass ich nichts anderes tun kann, außer zu fliehen. Travis ist ein toller Typ, und ich darf ihn nicht erneut verletzen. Wir sind nicht füreinander bestimmt. Der Tatsache muss er sich irgendwann stellen.
Unbemerkt ziehe ich mich aus der Runde zurück. Verzweifelt suche ich nach einem stillen Ort, wo ich für einen Moment allein sein kann. Ich laufe geradeaus. Ein schmaler Kieselsteinweg, umgeben von Gehölzen, führt mich zu einem Glashaus. Es schimmert im abendlichen Sonnenlicht. Die Wolken silhouettieren auf das Glas.
Die Schönheit und Stille ergreifen mich plötzlich. Sie versetzen mir einen Stich ins Herz. Wenn Papa und Mama noch da wären ... Ihnen würde das Haus gefallen.
Ich betrete das Gebäude. Der Geruch von Chlor steigt mir in die Nase und ein riesiges Pool kommt zum Vorschein. Es ist beleuchtet, was die Reflexion des Wassers verursacht.
Ich ziehe meine Ballerinas aus und krempele meine Jeans hoch. Anschließend setze ich mich am Beckenrand und strecke meine Füße in das Wasser. Nach ein wenig Plantschen verschwimmt meine Sicht und die ersten Tränen fallen. Binnen Sekunden fange ich zu schluchzen an.
Warum bin ich heute so verdammt emotional? Meine Periode kommt doch erst in zwei Wochen. Liegt es vielleicht daran, dass es bald Jahreszeitwechsel ist? Im Herbst und Winter hat man automatisch düstere Laune.
Aus irgendeiner Ecke ertönt plötzlich ein Räusper. Ich schniefe und wische mir übers Gesicht.
„Ähm ..."
Ich drehe meinen Kopf und erblicke das Gesicht der Person, die ich im Moment wirklich nicht sehen möchte.
„Wie lange hast du schon dort gestanden?" Ich deute mit einer Hand irgendwohin.
Fynn tritt näher, die Hände in seiner Hosentasche vergraben. Die obersten Knöpfe seines schwarzen Hemdes sind geöffnet und der Stoff spannt über seiner Brust.
„Eine ganze Weile?", antwortet er vorsichtig.
„Was hast du hier zu suchen?", frage ich barsch.
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The Right One - Dir hinterher
RomanceIn dieser Geschichte geht es um Ava, Travis, Ellie und Fynn, vier Charakteren von distinktivsten Persönlichkeiten, deren Wertvorstellungen im Leben durch die Begegnung der anderen verändert werden. Sie entdecken sich (wieder). Sie lernen sich (neu)...