9. Ava

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9. Ava

Nachdem Fynn mir versprochen hat, sich um Ellie zu kümmern, lege ich beruhigt auf.

„Travis, sogar mein Opa fährt schneller als du." Wir sind seit zehn Minuten unterwegs und haben noch nicht mal die Hälfte der Strecke nach Hause geschafft. Mittlerweile überholen uns schon die Fußgänger.

„War das grad Ellie?", fragt er, den Blick starr auf die Straße gerichtet.

Ich rutsche auf dem Ledersitz hin und her, da der nasse Stoff meines Hemdkleides an meiner Haut klebt und ein unangenehmes Gefühl auslöst. Dieser mieser Aufreißer-Typ, wie wagt er, ein Mädchen ins Pool zu werfen?

„Ja. Könntest du bitte, bitte schneller fahren? Mir ist kalt", flehe ich.

Es ist eine Schande, dass er mein Mercedes in derartigem Schneckentempo steuert.

„Ava, du hast mich, einen Angetrunkenen, beauftragt, dich nach Hause zu fahren. Damit liegt die Sicherheit deines Lebens bei mir. Und außerdem möchte ich nicht so früh sterben oder den Rest meines Lebens im Gefängnis verbringen", erwidert er todesernst.

Drama-King. Feigling. Trottel.

Ich greife nach dem Lenkrad und drehe es nach links und rechts.

„Was zum Teufel ...!"

Das Auto bewegt sich in Schlangenlinie. Von überall ertönt Hupen. Mit Gewalt reißt Travis meine Hände vom Steuer und drückt mich zurück auf den Beifahrersitz.

„Verdammte Scheiße, Ava! Weißt du, wie gefährlich das war? Du hättest einen Kettenunfall verursachen können!", schreit er aufgebracht.

Ich zucke die Schultern. „Mir egal. Ich will trockene Kleidung."

„Mach so etwas nie wieder. Hast du mich verstanden?" Er klingt nach jemandem, der mit seinem Kind schimpft.

Es bereitet mir Freude, ihn wütend zu sehen.

„Nope", ziehe ich ihn auf.

Seine Finger umklammern das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel weiß hervortreten. Seine Ohren färben sich rot.

„Du ..."

Plötzlich beschleunigt er. Das Auto saust der Straße hinunter. Ehe ich mich versehe, bremst er heftig. Das Fahrzeug hält zischend vor einem Supermarkt an. Wäre ich nicht angeschnallt, wäre ich durch die Windschutzscheibe geflogen. Bei dem Gedanken fängt mein Herz an zu rasen.

„Ich gehe Bier kaufen. Zieh währenddessen dein Kleid aus und meinen Pulli drüber", sagt er kalt. Mit einem lauten Türzuknallen lässt er mich allein. Ich strecke hinter ihm die Zunge heraus. Pedant. War doch nicht ernst gemeint. Auch der Wurm krümmt sich, wenn er getreten wird, okay?!

Ich vergewissere mich, dass keiner gerade vorbeiläuft, und ziehe mein Kleid bis zur Hüfte aus. Schnell werfe ich Travis hellgrauen Pulli über den Kopf. Der weiche Stoff schmiegt sich an meiner Haut und wärmt mich auf. Ein leichter Duft von Babypuder umhüllt mich. Unwillkürlich muss ich kichern. Wie kann ein Mann nach Babypuder riechen? Dann wiederum fällt mir ein, dass es eigentlich perfekt zu ihm passt – so schnell wie er beleidigt wird. Er ist ein nicht großwerdender Junge schlechthin.

Schließlich kommt er mit zwei Sechserpack Bier zurück, die er zuerst in den Kofferraum stellt, bevor er mir einen heißen Tee reicht.

„Ein Tee? Ich möchte aber einen Kaffee!", ziehe ich ihn weiter auf. Ich muss mir heftig auf die Lippe beißen, um nicht beim Anblick seiner angepissten Miene los zu kichern.

„Ava", warnt er.

Die Adern an seinem Hals stehen deutlich hervor. Sein Kiefer ist angespannt. Oh – Oh, er befindet sich kurz vor der Explosion. Zeit, zurück zu rudern.

The Right One - Dir hinterherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt