'2 Hufflepuff

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Ich spüre, wie sich der Fremde neben mir nieder lässt. Schweigend blicken wir beide aufs Meer hinaus. "Du siehst ihr sehr ähnlich." Ich kann mich nicht zu einer Antwort aufraffen, obwohl mir der leicht herrische Unterton in seiner Stimme missfällt.

"Ich habe in den Nachrichten von dem Überfall auf Nazarés gehört." Seine Stimme ist plötzlich weich und freundlich. Tränen steigen in meinen Augenwinkeln auf. "Lily?" Erschrocken zucke ich zusammen, als er meine Schulter berührt. Sofort zieht er sich wieder zurück. Ich verspüre immer noch nicht das Verlangen ihn anzublicken.

"Bitte sieh mich an!" Seine Stimme zittert leicht. Überrascht sehe ich die Tränen in seinen grauen Augen. „Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten! Einzig die Augen, das sind seine." Sein Gesicht versteinert, ein kalter, wütender Ausdruck huscht kurz über sein elfenhaftes Antlitz. Gedankenverloren streicht er sich eine Strähne seiner weissblonden Wallemähne nach hinten.

"Ich bin Lucius Malfoy."

Erwartungsvoll blickt er mich an. Doch ich muss ihn enttäuschen, bei seinem Namen klingelt bei mir Nichts. Sein Blick verfinstert sich, sein Mund wird zu einer schmalen Linie. "Sie hat dir nie von mir erzählt? NICHTS?", zischt er wutentbrannt. Seine Wangen haben eine zornige Röte angenommen. "Nein", erwidere ich lethargisch. Ich bin viel zu ausgelaugt, um mich noch gross um seine Befindlichkeiten zu kümmern.

Wütend schleudert er eine Muschel auf eine der zahlreichen Seemöwen. Er wird mir immer unsympathischer! Nachdenklich blickt er mich an, er scheint mit sich zu ringen. "Sieh mich an!" Grob zerrt er mein Gesicht näher an seines. "Wenn da nicht seine verfluchten Augen wären!", knurrt er. Unsanft schubst er mich zurück in den feuchten Sand. Die Sandkörner bohren sich schmerzhaft in meine zerschundene rechte Hand. Ich registriere das Brennen kaum, als er mich mit seinen eisgrauen Augen fixiert.

"Es tut mir leid, Kleine." Sein blasses Gesicht ist zu einer Grimasse verzerrt. "Aber wenn ich dich dem Dunklen Lord bringe, wird er mich reichlich belohnen!" Dem Dunklen Lord? Ich spüre, wie sich die eiskalten Krallen der Angst in mein Herz bohren. Schaudernd erinnere ich mich an den angsterfüllten Gesichtsausdruck meiner Mutter. Meine Verfolger haben mich gefunden, der Plan meiner Mutter ist gescheitert.... Die Einsicht, dass das Opfer meiner Mutter umsonst gewesen sein soll, versetzt mir einen Stich und ich spüre wie sich mein Magen schmerzhaft verkrampft.

Plötzlich erwache ich aus meiner Lethargie. Ich werde nicht kampflos sterben! Nicht, wenn meine Mutter vielleicht meine Hilfe braucht! "Darf ich zuerst ein letztes Mal mein einziges Foto von Mum betrachten?", säusle ich kleinmädchenhaft. "Denkst du ich bin wirklich so dumm? Dein Zauberstab bleibt schön da wo er ist!" Spöttisch lächelt er mich an. Keine Ahnung, wieso er glaubt, dass ich schon einen Zauberstab besitze!

"Ich hebe meine Hände hoch und du holst es aus meiner linken Jackentasche." Misstrauisch blickt er mich an. "Na gut, ein letzter Wunsch sei dir gewährt", seufzt er leicht entnervt. Langsam nähert er sich mir. Ruhig strecke ich meine beiden Hände in die Luft. Unser Signal, falls ich jemals in Gefahr sein sollte. Lucius Malfoy spürt einen leichten Luftzug, bevor ihn der Huf des Pegasus am Kopf trifft. Ohnmächtig sackt er zusammen.

"Gut gemacht Sternenstaub!" Sanft tätschle ich seine Schnauze und schmiege mich an sein weiches Fell. Das Aufblitzen von rosafarbenen Federn in der Böschung hat vorhin meine Aufmerksamkeit geweckt. Natürlich würde mich mein bester Freund nicht im Stich lassen. Er würde mich überall finden. Das einzige Problem war es, ihm zu signalisieren, dass ich Hilfe brauchte, ohne dass Lucius es merkt.

"Jetzt gibt es nur noch uns zwei, Kleiner." Aufmunternd stupst er mich mit seiner Schnauze an. Liebevoll kraule ich ihn hinter den Ohren. "Was sollen wir bloss tun?", seufze ich. Beklommen blicke ich auf den ohnmächtigen Mann vor mir. Ein rotes Rinnsal strömt durch sein Haar. Ich bin froh, wird seine Kopfwunde durch sein Haar verdeckt. Wäre da nicht die rote Blutlache, er sähe aus wie ein schlafender Engel.

"I-ich kann ihn nicht hier lassen!" Sehe ich dort einen Vorwurf in den dunklen Augen des Pegasus? Ich werfe einen letzten Blick auf ihn, Mitleid regt sich in mir, angesicht seines schmerzverzerrten Gesichts. Ich bin mir bewusst, dass er mich ans Messer geliefert hätte. Aber ich bin nicht wie er. Ich will nicht so sein!

"Sternenstaub", sanft streiche ich über sein Fell, "du musst etwas für mich tun." Zögernd halte ich inne. Was wenn er wieder versucht mich zu töten?

Als ich in der Ferne plötzlich leise Stimmen höre, treffe ich blitzschnell eine Entscheidung. "Sternenstaub", zärtlich streiche ich über sein Fell, "bitte hilf mir!" Seine treuen Augen lassen mich an meiner Entscheidung zweifeln, ich brauche ihn! "Bitte bring ihn in Sicherheit!" Sternenstaubs verächtliches Schnauben ist nicht zu überhören. "Du wirst warten müssen, bis es dunkel ist. Lege ihn in der Nähe einer Wohnsiedlung ab, damit sie ihn finden." Hoffentlich! Die Stimmen kommen näher, mein Herz hämmert rasend gegen meine Brust.

"Geh!"

Ohne mich umzublicken renne ich in Richtung der Böschung! Ich bin alleine, unbewaffnet und in einem mir fremden Gebiet! Dornen zerkratzen meine Beine, das wütende Surren der Moskitos dröhnt unnatürlich laut in meinen Ohren. Ich renne immer tiefer in den Wald hinein, weg von allen Menschen. Ich will nicht, dass noch mehr Unschuldige wegen mir sterben müssen!

Je tiefer ich in den Wald vorstosse, desto stiller wird es um mich herum. Die Bäume stehen dicht an dicht, nur selten verirrt sich ein einzelner Sonnenstrahl durch das Blätterdickicht. Plötzlich wird die Stille durchbrochen von einem unheimlichen Zischen einer Schlange: "D-dummesss M-mädchen d-du k-kannsssst mir n-nicht e-entko-ommen!"

Zauberfeder - Draco FF 🖌Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt