Seventh Hour
Sechs Stunden wach, sechs Stunden keine Veränderung. Nun war es 7 Uhr morgens. Draußen – da konnte man sich sicher sein – war es bereits hell und die Menschen waren auf dem Weg zur Arbeit, sie taten so, als würden sie es mögen von einem anderen herum geschubst zu werden und mit anzusehen, wie andere es nicht werden. Wie andere nicht so leiden müssen.
In jeder Firma, die Oliver spontan in den Sinn kommen könnten, war es so. Er mochte es nicht mit Menschen zu arbeiten.
In der Schule war Oliver immer alleine, wenn es hieß, dass Partnerarbeit war. Er schottete sich ab und setzte sich weg. Weg von den anderen, die ihn nicht verstehen würden, weg von denen, die ihn seltsam angucken könnten, weg von denen, die ihn auslachen würden, weg von denen, die ihm nicht zuhören würden, weg von den Dummen.
Oliver wollte nie von sich selbst behaupten, dass er überdurchschnittlich intelligent wäre, doch wenn seine Klasse nicht mal wusste, wie man einen Knopf an ein Stück Stoff näht, dann hätte er sich schon gerne als überdurchschnittlich definiert. Einfach um nicht mit den anderen auf einer Stufe zu stehen.
Oliver wollte alleine sein, keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dennoch wollte er anders sein. Anders als die Leute in seinem Umfeld.
Er wollte sein Menschenkostüm – wie er seinen Körper gerne nannte – nicht groß von denen der anderen Menschen unterscheiden, er wollte geistig anders sein. Er wollte nicht an etwas glauben, was ihm vorgeschrieben werden sollte. Er wollte nicht an etwas glauben, was einen Krieg verursachen könnte.
Er wollte nicht an das glauben, an das er zu glauben hatte. Er wollte für sich selbst glauben. Er wollte nicht so verblendet und folgsam sein wie andere Menschen in seinem Umfeld.
Der erste Mensch, der sich von ihnen unterschied – so dachte Oliver immer – war Dean. Er glaubte an nichts, außer an das Monster unter seinem Bett aus seiner Kindheit.
Er dachte selbstständig und ließ sich nichts aus einem Buch vorschreiben. Er verwendete das Buch höchstens um ein anderes, wichtiges Buch drauf zu legen und einiges über die Wissenschaft zu lesen.
Dean war nicht auf dem Gymnasium, er wollte nicht. Er hatte genug von der Schule, als er seinen Realschulabschluss erreichte. Verständlich für die Meisten. Oliver konnte das nicht nachvollziehen. Er eignete sich gerne Wissen an. Nun nach dem Gymnasium und seinem eigenen Interessenfeld gab es nichts Neues.
Er konnte sich aufgrund seiner Depressionen auch nicht für etwas Neues begeistern. Er änderte sein Schema nicht gerne. Er änderte allgemein nichts gerne. Oliver war ein Gewohnheitstier. Eine Sache, die er mit den Menschen in seinem Umfeld gemeinsam hatte.
Dean war so.
Deans Mutter war so.
Die Leute aus Olivers Klasse waren so.
Die Lehrer des 19-Jährigen waren so.
Alle Menschen, die Oliver kennen lernte waren so.
Es störte ihn nicht. Er mochte es so. Eine Sache muss man ja mit irgendwem gemein haben. Und wenn es eben die normalste Sache der Welt wäre.

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Twelve Hours
Dla nastolatkówKeine Motivation doch mal aufzustehen. Keine Motivation ein wenig raus zu gehen. Keine Motivation jemanden anzurufen. Keine Motivation um mit jemandem zu reden. Keine Motivation um irgendetwas zu tun.