Ein Jahr nach der Niederlage

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„Leon! Was fällt dir ein du Mistkerl?!" Ricky rannte ihrem besten Freund hinter her. Es war gerade Halbzeit und es stand 1 zu 7 für die Nationalmannschaft. „Ich gehe." - „Wie du gehst?!", fragte die Rothaarige wütend. „Man, R! Das Spiel ist vorbei! Ich will nicht sehen wie alles zu Grunde geht." Ricky holte ihn ein und packte Leon am Ärmel. „Wenn du jetzt gehst, zerstörst du damit die wilden Kerle! Was ist mit deinem Selbstbewusstsein? Deinen Dickkopf. Ich dachte du gibst nie auf!" Leon wurde wütend. „Ricky versteh doch! Die sind 'ne Nummer zu groß für uns!" Die Rothaarige schnaubte verächtlich. „Das waren der dicke Michi und Gonzales auch." Leon sah sie böse an. „Das ist die Nationalmannschaft." - „Das weiß ich auch.", murrte sie nun. „Lass gut sein Richarda. Ich bin raus." Es war das erste mal, dass Leon sie bei ihrem richtigen Namen nannte. Außer ihm, und ihrer Mutter, wusste auch niemand diesen. Der Anführer hatte damals geschworen, sie nie so zu nennen, es die denn, er meinte etwas mehr als nur ernst. „DANN GEH DOCH!", schrie Ricky da plötzlich, rannte zu Leon und gab ihm eine Backpfeife. Auch dies war das erste mal, dass er Ricky schreien hörte. „DU BIST SO EIN FEIGLING, LEON." Erschrocken sah er in ihr Gesicht, welches mit Tränen übersäht war. „Du bist so ein Vollidiot! Und ich dachte immer du bist unser starker Anführer." Mit diesen Worten machte sie kehrt und rannte zurück zum Teufelstopf.

Ein Jahr war seit dem Vergangen. Die wilden Kerle hatten mit 25 zu 1 gegen die Nationalmannschaft verloren und sich danach getrennt. Jeder ging seinen Weg und kaum einer hörte etwas von den anderen. Auf einmal war es so, als hätten sie sich nie gekannt und als hätte es die Mannschaft auch nie gegeben. Der Teufelstopf stand leer, Willi war nur noch selten da. Markus und Marlon fuhren nun Kart, Maxi machte über die Sommerferien ein Praktikum bei seinem Vater, Leon sang in einem Country Club, Vanessa hatte mit dem Boxen angefangen, Raban flüchtete vor seinen Rosa Cousinen, Juli saß im Gewächshaus fest, Joschka war oft bei Hadschi Ben Hadschi, Deniz war wieder zurück in der Türkei und von Ricky fehlte fast jede Spur. Joschka sah sie ab und an bei Hadschi und Willi sie auf dem Bolzplatz. Niemand redete mehr miteinander. Nur die Eltern der Kinder sprachen sie darauf an.

„Sag mal Leon, hast du was von Ricky gehört?" Herr Masannek blickte zu seinem jüngsten Sohn, doch dieser stand mit einem bösen Blick auf und ging hoch in sein Zimmer. Kurz darauf kam Marlon durch die Haustür in die Küche. Er setzte sich ebenfalls an den Tisch, bis sein Vater ihn nach Ricky fragte. Nun ging auch der ältere hoch in sein Zimmer. Wütend über seine Söhne folgte der Eisdieler den beiden in ihr Zimmer, riss die Tür auf und schloss sie hinter sich. „Okay, das reicht mir jetzt! Ich hab die Nase voll! Ihr könnt das Thema nicht ewig Todschweigen. Ja die wilden Kerle gibt es nicht mehr und ihr redet nicht mehr miteinander, aber ich nehme es nicht hin, dass ihr mich dauernd böse anseht sobald ich euch auf Ricky anspreche!" - „Mensch, Papa.", murrte Leon. „Nein Leon! Nicht ‚Mensch Papa'! Ihr habt euch das selber zu zuschreiben! Denkt mal daran wie es den anderen ergeht. Ich stehe im Kontakt mit den Eltern der anderen und ihr seid alle anders. Ihr alle fasst nicht mal einen Fußball an! Dabei war das mal euer Leben." Herr Masannek wurde kurzzeitig lauter und sah die beiden böse an. „Fast alle von euch haben aufgegeben. Und ich dachte Gewinner geben nicht auf." Er ging zur Tür und öffnete diese, als Leon meinte „Was meinst du mit ‚fast alle'?" Der Vater drehte sich leicht zu ihm. „Ich habe heute Ricky im Laden getroffen. Sie trug ihr Trikot und hatte einen Fußball dabei. Ricky hat mir erzählt das sie noch weiter spielt, denn für sie ist Fußball nicht nur Kinderkram gewesen, sondern mehr." Damit verließ Herr Masannek das Zimmer und ließ zwei grübelnde Jungs zurück.

Bei Frau Juli Joschka lief es nicht anders. Sie saß mit ihren Söhnen am Abendtisch und stellte gerade einen Kuchen dazu, wovon die beiden Jungs sich sofort ein Stück nahmen und aßen. „Der Kuchen schmeckt gut, Mama.", meinte Joschka schmatzend. „Das Lob geht nicht an mich. Den hat Ricky heute vorbei gebracht." Sofort ließen die beiden ihre Gabeln sinken und Stille trat ein. „Ist das jetzt euer Ernst?", fragte Frau Juli Joschka nun säuerlich. Das Telefon klingelte und die Mutter der beiden verließ wütend die Küche. „Ja? Ja... Ja Natürlich wieso auch nicht. Das ist wieder so Typisch! Ich bezweifle es... Was?! Schon wieder nicht? Hach... Ja ich hoffe es. Ja, bis dann." Sie legte auf und ging zurück in die Küche. „Wer war das?", fragte Juli dann leise. „Das waren Herr Maximilian, Herr Masannek, Frau Butz und Frau Thompson." - „Und was wollten die?", fragte Joschka neugierig. „Na ja, ihr Jungs benimmt euch alle gleich." Juli sah sie fragend an. „Und Frau Thompson?" Die Braunhaarige seufzte. „Ricky ist schon wieder abgehauen. Frau Thompson meinte, das Markus die letzten Tage bei Marlon übernachten hatte und heute als er zuhause ankam, ist sie sofort raus gestürmt und verschwunden. Die arme Frau hat keine Ahnung wo ihre Tochter schon wieder hin ist." Seufzend schüttelte sie den Kopf. Juli und Joschka sahen bedrückt zu Boden, bevor sie auf ihr Zimmer gingen. „Glaubst du, sie kommt wieder?" Juli sah zu seinem jüngeren Bruder. „Ich weiß es nicht, Joschka. Ich weiß es wirklich nicht. Mittlerweile weiß ich nicht mal mehr, wer Ricky eigentlich ist. In der Schule spricht sie mit keinem von uns, setzt sich von uns weg und sieht uns nicht mal an. Sie scheint jemand ganz anderes zu sein." - „Glaubst du sie hasst uns?" Juli zuckte die Schultern. „Ach was weiß ich! Die wilden Kerle gibt es nicht mehr und wenn sie das nicht will, ist es nicht unsere Schuld!" Mit diesen Worten drehte er sich um, schaltete das Licht aus und versuchte zu schlafen.

Ricky und die wilden Kerle gegen die Biestigen BiesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt