Seit nun mehr als einer halben Stunde starrte Jareth auf das, was er in der Bibliothek gefunden hatte.
Je länger er es betrachtete, desto weniger konnte er es glauben. Er riss die Seite aus dem Buch und rannte die Treppen hinauf zu Sarah's Zimmer. Erneut setzte er sich auf die Bettkante. Die Seite des Buches hielt er neben Sarah's Gesicht.
Ein und dasselbe Gesicht... Dabei hatte ich es doch gerade geschafft sie zu vergessen. Warum musst du ihr so ähnlich sehen? Warum gerade ihr?
Meena.....Zehn Jahre zuvor
"Meena! Meena, wo bist du?"
Ein äußerst hübscher Junge rannte durch einen Irrgarten. Plötzlich hielt ihm jemand von hinten die Augen zu.
"Hier bin ich!"
"Ach, hier bist du!"
Die beiden umarmten sich und ließen sich in das weiche Gras fallen.
"Wie du es immer schaffst, mich zu überraschen."
"Das ist ja nun auch nicht schwer!"
Beide schauten sich in die Augen und fingen an zu lachen.
"Ach, verdammt! Ist es schon so spät? Ich muss jetzt leider gehen, Meena. Ich muss zurück ins Schloss, sonst wird Vater noch wütend."
"Wie schade... Aber morgen sehen wir uns doch wieder, oder?"
"Ja, das verspreche ich dir."Sie winkten sich einander zum Abschied und der siebzehnjärige Jareth machte sich auf den Weg zurück zum Schloss.
Wie soll ich Vater nur beibringen, dass ich mich in jemanden, nicht adeligen Standes verliebt habe?, dachte er.
Als er den Thronsaal betrat, lief er zu seinem Vater.
"Da ist ja mein kleiner König! Wo warst du denn so lange?"
"Ich... Ich war noch etwas auf der Wiese vor dem Schloss. Die Blumen blühen doch jetzt so schön!"
Sein Vater fing an zu lachen.
"Na, du bist mir ja vielleicht einer! Aber jetzt erstmal ab in die Wanne, du bist ja vollkommen schmutzig."
"Na gut."
Und schon wollte er davonstürmen, aber da merkte er, dass er etwas vergessen hatte.
"Ähm... Vater?"
"Ja, was ist denn noch mein Sohn?"
Komm schon Jareth, sag es ihm einfach!
"Ich habe mittlerweile eine Frau gefunden."
"Was? Oh, mein Sohn, das freut mich für dich! Welchem Adelshaus entstammt sie denn?"
"Das ist das Problem... Sie ist eine normal bürgerliche."
Der Blick des Vaters verfinsterte sich.
"Wir bitte? Jareth, das Thema hatten wir doch schon hundertmal! Mit ihr hast du dich heute getroffen, nicht wahr?"
Jareth nickte.
"Aber ich liebe sie, Vater! Und sie ist wirklich..."
"Das spielt keine Rolle. Du wirst dich ab jetzt nicht mehr mit ihr treffen. Du wirst ab jetzt nur noch hier im Schloss bleiben."
"Aber..."
"Nichts aber! Das war mein letztes Wort. Und jetzt geh in dein Zimmer!"
Bestürzt rannte Jareth auf sein Zimmer und weinte. Er weinte die ganze Nacht lang, bis es bereits wieder dämmerte. Da fiel ihm plötzlich ein, dass er und Meena sich doch auf der Wiese verabredet hatten.
Oh, nein! Sie wartet da jetzt bestimmt auf mich und ich kann nicht zu ihr...
Jareth war tot traurig. Er konnte ja nichtmal eine Eule schicken, um Meena zu sagen, dass er heute nicht kommen könne.
Den ganzen Tag hatte sich Jareth im seinem Zimmer verbarrikadiert und ging lediglich zum Abendessen aus dem Zimmer. Bevor er jedoch den Thronsaal betrat, versteckte er sich hinter einer Ecke, da mehrere sich mit seinem Vater unterhielten.
"Das war ein furchtbarer Unfall."
"Vollkommen schrecklich!"
"Sie war wirklich auf der Stelle tot?"
"Es geschah aus heiterem Himmel."
"Wir hätten nie gedacht, dass sich mal einer von ihnen hierher verirren würde."
"Er hat sie also einfach getötet?"
Jareth war verwirrt. Wer waren sie? Und von wem sprachen sie da, wer gestorben sein sollte.
"Wo genau ist es überhaupt passiert?"
"Auf der Wiese vor dem Schloss."
Plötzlich vergaß Jareth alles um sich herum.
"Ja, das Opfer hieß... Meena und war bürgerlichen Standes."
Jareth hielt sich die Ohren zu. Er wollte das nicht hören, das könnte einfach nicht sein. Wie könnte sie tot sein? Ohne nachzudenken stürmte er aus seinem Versteck und rannte zu den Herren.
"Jareth, was-"
"Wo? Wo ist sie? Sag es mir?! Wo ist Meena?!"
Sein Vater weitete die Augen, da er nun realisierte, wer dieses Mädchen genau war. Traurig schaute er zu Boden.
"Im Krankenflügel...", murmelte er.
Jareth rannte los. Er weinte unaufhörlich und Tropfen seiner Tränen flogen an seinem Gesicht vorbei.
Als er in dem Krankenflügel ankam, sah einen Tisch auf dem etwas zugedecktes lag. Sofort riss er das Tuch runter und blickte in ein kaltes und ausdrucksloses Gesicht.
Zögerlich berührte er ihre Hand und schreckte sofort zurück.
Sie ist kalt... So kalt...
"Meena... Meena! Wach auf! Jetzt wach doch auf! Bitte! Lass mich nicht allein!"
Jareth brach schluchzend und schreiend auf dem Boden zusammen, bis plötzlich sein Vater hereingestürmt kam und ihn umarmte.
"Schh... Jareth, ich bin ja da."
Er konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Die ganze Zeit rief er ihren Namen in der Hoffnung, sie würde wieder aufwachen und ihm ihr bezauberndes Lächeln schenken.
"Sie war es, die du geliebt hattest, nicht wahr?"
Jareth brauchte nicht zu antworten. Plötzlich spürte er Tränen auf seinen Kopf tropfen, welche nicht seine eigenen waren. Er guckt seinem Vater in die Augen und sah, dass dieser nun ebenfalls weinte.
"Und ich habe dir verboten, sie zu sehen... Es tut mir so leid, mein Sohn!"
Sie beide lagen sich noch eine Weile weinend in den Armen.
Plötzlich wich Jareth's Trauer und verwandelte sich in Wut. Er stand auf und sah auf seinen noch knieenden Vater herab.
"Wer hat sie getötet?", fragte er kalt.
Sein Vater war überrascht und stand nun ebenfalls auf.
"Es war ein Mensch. Wir hätten es nie für möglich gehalten, dass sie den Weg in unsere Welt jemals entdecken würden."
"Wo ist dieser... Mensch, nein dieses Monster jetzt?"
Sein Vater blickte ihn voller Sorge an.
"Jareth, du willst doch nicht?-"
"Bitte antworte."
"Wir wissen es nicht. Er ist noch in unserer Welt, aber er kann bei den unzähligen Gefahren nicht lange hier überleben. Wir werden ihn bestimmt..."
Der Vater sah, dass Jareth gar nicht mehr da war.
Bitte pass auf dich auf, mein Sohn.
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Lost In Your Land
FanfictionEs ist nun bereits mehrere Jahre her, seitdem Sarah Toby aus dem Schloss des Koboldkönigs Jareth inmitten des Labyrinths gerettet hat. Mittlerweile ist sie 18 Jahre alt und lebt immer noch bei ihrer Stiefmutter und ihrem Vater. Sie fühlt sich immer...