1-9 | Abschied

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Als Sarah aufwachte, fühlte sie sich wie neugeboren. Sie hatte kaum noch Schmerzen und ihre Sorgen schienen wie verblasst. Sobald sie jedoch Jareth's Anwesenheit bemerkte, verfinsterte sich ihr Blick.
Jareth wachte ebenfalls auf und lächelte Sarah zu, was diese nicht erwiderte.
"Was machst du hier?", fragte sie genervt.
"Ich wollte nach dir sehen. Ich mache mir Sorgen um dich."
Sarah war wenig beeindruckt.
"Ich brauche niemanden, der sich Sorgen um mich macht, also wäre ich dir dankbar, wenn du jetzt gehst."
Jareth wusste, dass eine Diskussion sinnlos war und verließ widerwillig das Zimmer.

Plötzlich kam ein Kobold auf ihn zu gerannt.
"Euer Hoheit! Endlich habe ich euch gefunden!"
Jareth rollte entnervt mit den Augen.
"Was gibt es denn?"
"Im Thronsaal ist die Hölle los! Die Bittsteller rennen uns den Saal ein."
Und da fiel Jareth ein, dass er seit Tagen seine Pflichten als König vernachlässigt hatte, wozu auch gehörte, Bittsteller zu empfangen.
"Ich mache mich sofort auf den Weg."
Mit schnellen Schritten begab er sich zum Thronsaal, wobei seine Gedanken jedoch noch bei Sarah waren. Immer wieder überlegte er, wie er ihre Gunst zurückerlangen könnte, doch weiter als diesen Gedanken kam er nicht.
Mit ausdruckslosem Gesicht lauschte Jareth den Bitten der Bürger, wobei er ihnen nicht mal richtig zuhörte.

Sarah fing unterdessen an in ihrem Zimmer auf und ab zu gehen. Jareth bildete sich wirklich was ein. Als könnte, oder wollte sie jetzt noch etwas für ihn empfinden! Seine Aktionen waren eindeutig zu weit gegangen. Sie wollte nur noch eines, diese Welt zu verlassen und in ihre eigene zurückkehren, doch das könnte sie nicht ohne Jareths Hilfe schaffen, weshalb Sarah sich was überlegen müsste. Würde sie jetzt auf einmal gute Miene zum bösen Spiel machen, kaufte Jareth ihr das nie im Leben ab und selbst wenn, spätestens bei ihrer Bitte sie frei zu lassen würde er mit Sicherheit abblocken. Doch sie wollte es versuchen, um jeden Preis.
Alles, was sie jedoch im Moment tun konnte, war lediglich warten. Sie wusste, dass Jareth unten im Thronsaal war und seinen Pflichten als König nachkam.
Nach ein paar Stunden hielt Sarah die Beklemmtheit ihres Zimmers nicht mehr aus und ging auf den Flur, um sich dort auch etwas die Beine zu vertreten. Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und drehte sich um.
"Störe ich vielleicht?"
"Nein, aber ich wollte sowieso etwas mit dir besprechen. Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?"
Jareth war überrascht. Seit Tagen war Sarah mal wieder nett zu ihm.
"Aber natürlich. Folge mir."
Sarah tat wie er sagte und folgte ihm wortlos. Sie gingen zu einem Zimmer und als Jareth die Tür öffnete staunte Sarah. Es sah aus, wie ein normales Büro. Jareth bemerkte wohl ihre Reaktion.
"Selbst in unserer Welt muss alles verwaltet werden."
Vorsichtig setzte sich Sarah in einen Sessel und Jareth sich ihr gegenüber.
"Also, was möchtest du mit mir besprechen?"
Sarah schluckte kurz.
"Ich möchte wieder in meine Welt zurückkehren, Jareth. Ich weiß, dass du mich hier behalten möchtest, aber du kannst mich hier nicht einsperren! Ich vermisse meine Familie und meine Freunde, ach, einfach alles! Und selbst, wenn du ablehnst, früher oder später würde ich schon selbst einen Weg finden zu fliehen, also bitte lass mich gehen!"
Gleichwohl Sarah wusste, dass all das eigentlich vergebens war, konnte sie nicht umhin, als es zumindest noch einmal zu versuchen.
"Ich sehe schon, du möchtest unbedingt in deine Welt zurückkehren. Und da ich keine Möglichkeit sehe, dich hier weiter festzuhalten, will ich dir deinen Wunsch gewähren."
Sarah fiel die Kinnlade hinunter. Sie dachte, sie hätte sich verhört.
"D... Du lässt mich... Gehen?!"
"Ja."
Sarah konnte es nicht glauben. Sie könnte endlich nach Hause! Ihre Eltern Wiedersehen, Toby in ihrer Welt wiedersehen und alle ihre Freunde!
"Verzeih, wenn ich deine Freude unterbreche."
Sarah stockte in ihrer Bewegung und ahnte bereits, dass irgendeine Art von Gegenleistung fällig sein würde.
"Wenn du mir nun bitte folgen würdest. Ich werde dir zeigen wie du in deine Welt zurückkehren kannst."
Sarah war erleichtert und dankbar zugleich. Reflexartig umarmte sie Jareth und bedankte sich noch mehrmals ehe sie ihn losließ und sie sich auf den Weg machten.
Jedoch dachte Sarah die ganze Zeit darüber nach, dass etwas nicht stimmte. Es konnte unmöglich sein, dass Jareth ihr einen Gefallen tat ohne selbst etwas dafür zu verlangen, doch im Moment schob sie den Gedanken beiseite und freute sich einfach nur noch. Während des ganzen Weges herrschte eine Stille zwischen ihnen, die bedrückend war. Je tiefer sie gingen, desto unwohler fühlte sich Sarah und hatte das Gefühl, dass Jareth sie doch nicht so leicht gehen lassen würde.

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