2. Kapitel

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Am nächsten Morgen schminkte ich mich schnell, wickelte meine braunen Locken in einen Dutt, legte meinem Vater ein paar Klamotten raus und lief dann zur Schule.

Als ich in meinem Klassenraum auf meinem Platz saß, beobachtete ich meine Klassenkameraden, wie diese fröhlich miteinander redeten oder mit dem Handy spielten.

Und dann betrat er den Raum.
Nathan Stephans.
Groß.
Dunkle Locken.
Himmelblaue Augen.
Kantiges Kinn und ein trainierter Oberkörper.

Attraktiv.
Unerreichbar.
Aber einfach ein arrogantes Arschloch.

Mit einem selvstgefälligem Grinsen ging er zur Lehrerin, die vorne saß und bewirkte auch bei ihr große Herzchenaugen, wie beim Rest des Kurses.
Er sprach mit ihr über irgendein Projekt und ich legte den Kopf auf meinen Tisch, der unglaublich dröhnte.
Lange hatte ich nicht mehr so schlecht geträumt wie letzte Nacht.
Schlaflose Nächte standen bei mir auf der Tagesordnung.
Die ganze letzte Woche hatte ich nicht richtig geschlafen.

Mich plagte die Angst, mein Vater würde nicht nach Hause kommen.
Oder er würde sich etwas tun und ich würde es nicht mitbekommen.
Er läge alleine in irgendeiner Gasse ohne jemanden der ihm helfen will.

Er ist alles was ich noch hab.
Alles was noch von meiner Familie übrig ist....

Ich richte mich wieder auf und massiere sanft meine Schläfen.

Da lässt sich Nathan neben mich nieder.
Er guckt mich kurz an und grinst dann.

"Was", frage ich genervt.

"Ach nix, du siehst nur ziemlich beschissen aus."

"Na sowas hört man doch gerne an einem Mittwoch morgen."

"Ich hab auch nicht gut geschlafen", sagte er und legte die Hände hinter seinen Kopf. "Ich hab Frauenbesuch gehabt."

"Super", antwortete ich genervt und legte wieder den Kopf auf den Tisch.

Mein erster Kurs Mittwochs war Philosophie.
Nathan hatte sich dieses Jahr ausgerechnet auf den freien Platz neben mich gesetzt.
Ich war die einzige, die er irgendwie kannte, da wir vorher in einer Klasse waren und alle seine Freunde zu doof für Philosophie sind.

Seitdem geht er mir auf die Nerven.

Der Unterricht beginnt und ich tauche tief in die Apologie des Sokrates ein und versuche in meinem Zustand auch nur irgendwas zu verstehen.

Nathan neben mir schreibt unbekümmert, doch in meinem Kopf kreisen die Gedanke, ohne dass ich einen klaren fassen kann.

Zur Abgabe hab ich ein leeres Blatt anstatt einen Aufsatz und ernte einen selbstgefälligen Blick von Nathan.

"Das war doch easy"

Genervt packe ich meine Sachen zusammen und gehe aus dem Raum.

Dort treffe ich auf meine beste Freundin Claire.
Ihre braunen Locken springen munter um ihr Gesicht herum und mit einem breiten Grinsen umarmt sie mich.

"Du kannst dir gar nicht vorstellen wie langweilig Englisch bei Schulze werden kann. Hätte ich nicht die eins A Augenweide vor mir sitzen, wäre ich wahrscheinlich gestorben..."

Und so begann ein weiterer Tag mit einer ewigen Schwärmerei über Collin.
Nathans bester Freund.
Ein bisschen blöd.
Trotzdem ziemlich hübsch.
Und Claires absoluter Liebling.

"Er sieht heute wieder zu gut aus", seufzt sie.
"Naja aber ich muss dir unbedingt noch erzählen was gestern auf der Arbeit passiert ist... Also da war so ein Kunde und er meinte so: Hey wie alt bist du eigentlic?Und ich so "16"?! und..."

Ich hörte ihr halb zu, war mit den Gedanken aber hauptsächlich bei meinem Vater und betete, dass er zur Arbeit gefahren ist.

"Ich hab ja jetzt mal Null Bock auf Biologie", stöhnte ich als es klingelte.

"Jap Doppelstunde Physik. I feel you."

Zwei Treppen später saß ich im Biomogieraum.
Ich stützte meinen Kopf mit meinem Arm und versuchte angestrengt zuzuhören.

Schule ist so anstrengend, wenn man nicht schläft.
Normalerweise fällt mir das alles ja leicht aber wenn mein Vater wieder seine Phasen hat, in denen er jeden Abend betrunken ist, ist Schule das letzte woran ich noch denken kann.

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