8. Kapitel

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Arianna

"Arianna", lächelte ich sanft mit seinen Gesichtszügen.
"Komm wir gehen."

Er ließ von meinem Vater ab und folgte mir nach draußen.

"Warum hast du nie etwas gesagt?", fragte er und machte diesen mitleidigen Blick, den ich von mir nur zu gut kannte.

Ich seufzte auf.

"Können wir das irgewann anders klären?", fragte ich genervt.

Ich sah meinen Kopf nicken und wir schwiegen einen Moment.

"Wenn er heute Abend nach Hause kommt...Verriegel das Zimmer und bleib drin! Egal was passiert. Ich komme vorbei und regel das, okay?"

Er zögerte kurz.

"Bitte", murmelte ich.

"Lass uns zu mir nach Hause gehen."
Ich schaute ihn fragend an.
"Keiner von uns wird zu dir nach Hause gehen!"

Ich lachte auf. "So einfach ist das nicht... Ich muss auf meinen Dad aufpassen. Wenn er nach Hause kommt und keiner da ist dann..."

"Entweder du gehst hin und ich rufe die Polizei, oder du kommst mit und er sieht zu, dass er alleine klar kommt. Er ist doch schon groß..."

"Das würdest du nicht wagen!", ich kniff die Augen zusammen.

"Und wie ich das tun werde!"

Aus dem Nichts rollt mir eine Träne über die Wange.
"Also bitte... Ari?! Ich sehe aus wie eine Schwuchtel wenn ich heule. Bitte lass das."

Ich atmete einmal tief durch und blitzte dann meine eigenen, besorgten Augen, böse an.
"Ich muss auf ihn aufpassen!"

"Nein musst du nicht"

Ich schaute tief in meine Augen. Mir war noch nie aufgefallen wie blau sie eigentlich sind.
Wie die meines Vaters.
Nur noch heller. Wie der Ozean.

Ich schloss kurz die Augen und murmelte dann ein "nagut, aber wenn er anruft und Hilfe braucht, fahren wir sofort hin!".

"Einverstanden", grinsten mich meine Lippen an

"Wer ist eigentlich das Mädchen im Zimmer neben dir?", wechselte ich das Thema und setzte mich mit ihm in bewegung.

"Meine Halbschwester", murmelte er und räusperte sich.
"Man, deine Stimme macht mir echt zu schaffen!", meinte er genervt.

Ich lachte.

"Du bist behindert", meinte er trotzig.

"Körperlich oder so wie du?", antwortete ich grinsend.

"Touché", grinste er und schaute mich an.

"Was?!"

"Nichts, nichts, ich bewundere nur deine Schönheit."
Peinlicherweise muss ich zugeben, dass ich einen Moment brauchte, bis ich den Spruch verstand.

"Selbstverliebter Idiot", sagte ich lachend und wir gingen zu Nathans nach Hause.
---

Nathans gesamtes Zimmer roch nach den Räucherstäbchen und ich atmete einmal tief das Aroma ein.

Ich- also Nathan saß mir gegenüber und schaute mich etwas verwirrt an.

Ich ignorierte es und begann vorzulesen:

"Ich wende mich an Mahakali, die zehn Gesichter und zehn Beine hat, die dreiäugig ist, deren Gliedmaßen mit Ornamenten geschmückt sind, die strahlend ist wie ein blaues Juwel und welcher Brahma mit Lobpreisungen huldigte, um Madhu und Kaitabha zu vernichten, als Visnu in einem tiefen Schlaf lag.

Wir bitten dich uns zu befreien!
Vergib uns unsere Sünden und mache deine Strafe rückgängig.
Wir werden nicht erneut sündigen!
Unsere einzige Bitte ist, dass du uns befreien mögest!"

"Kranker Voodoo Mist"

"Das ist kein Voodoo du ungebildeter Spast, schließ jetzt deine Augen!", wisperte ich.

"Ich glaube nicht, dass die allmächtige Makali mit den zehn Beinen und so, gerne Schimpfwörter in den Botschaften an sie hört."

"Mahakali. Und das ist jetzt schon die 7. Religion, die wir probieren und so langsam gehen uns die Religionen aus. Also mach einfach mit und bete mit mir für Befreiung."

"Wieso? Ich mag meine Brüste"

Wütend schnaubte ich.
"Es sind immernoch meine und würden wir hier nicht in einem Gebet, unter den Augen Gottes vertieft sein, hätte ich dir schon längst eine gelangt."

Er verzog meine Lippen zu einem Grinsen.

"Ich glaub ich hab da was..." Auf seinem... Also meinem Schoß, lag sein Computer.
Er hatte in einem Internetforum unsere Situation als hypothetische Frage formuliert und wir hofften nun auf Hilfe.

"Keine Ahnung, aber versucht es doch mal mit 'nem Kuss;)", war eine Nachricht.

Nathan schaute mich mit meinen Augen erwartend an.

"Ein Versuch kann ja nicht schaden. Ich meine wir haben schon alles versucht also warum nicht...", murmelte ich.
Nathan-Ich stand auf und stellte sich mir gegenüber.

"Dein erster Kuss?"
Ich schüttelte den Kopf.

"Gut"

Dann kam er einfach auf mich zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich.
Es war kein langer Kuss und ich fühlte auch nichts.
Nur meine eigenen Lippen.
Sie fühlten sich trotzdem so fremd an.

Als wir uns wieder voneinander entfernten, schaute ich wieder in mein Gesicht.

"Nichts?"

"Schon wieder", seufzte ich.
Also ging er wieder zu seinem Laptop und scrollte weiter runter.

"Hmmm. Intime Vereinigung?! *Pedosmiley*", las er vor.

"Nein!", sagte ich bestimmt.

"Warum nicht?", lachte er.

"Vergiss es!"

"Hast ja Recht", kicherte er. "Das wäre sowieso ziemlich schwul..."

"Das hilft nichts", seufzte ich. "Wie auch?"

Wir schweigen kurz.

"Es ist echt nett, dass ich einfach so hier schlafen darf.", meinte ich dann.

Ich sah wie mein Kopf langsam nickte.

Es war mittlerweile nachmittags. Eine Frauenstimme rief
"Nathan, Essen ist fertig."

Seine Mutter.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie angekommen war.
Was aber auch kein Wunder war in dem großen Haus.

"Hast du Hunger?", fragte meine Stimme und ich wurde langsam gemustert.

Ich nickte zögerlich, er stand auf und ging mit mir zusammen aus dem Zimmer.
"Du packst das", murmelte meine Stimme und kurz darauf saß ich mit Nathan-Mir und seiner Mum am Esstisch.

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