11. Kapitel

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Arianna

Ich blickte auf mein Gesicht und es sah nun so fremd aus. Die Augen starrten leer auf die Pflastersteine vor uns.

Er wollte gerade zum reden ansetzen, da schniefte er nur kurz und murmelte kalt:

"Das geht dich gar nichts an"

Es war als falle eine Tür vor mir zu. Ich dachte gerade ihm etwas näher zu kommen, da verschloss er sich plötzlich wieder.

Nathan sprang auf und musterte mich kurz.

"Und ich werde bald wieder ich selbst sein und du, du selbst und dann gehen wir auch wieder getrennte Wege. Das geht mir hier alles auf die Nerven"

Scheinbar wurde da einen wunder Punkt getroffen.

"Es tut mir leid. Was immer es auch ist.
Ich hoffe es wird alles gut für dich."

Er mustert mich kurz und die grünen Augen, durch die ich gestern noch schaute, weiten sich kurz und wenden sich dann wieder ab.

Auf dem Rückweg schwiegen wir und zur Verabschiedung nickten wir uns nur kurz zu.

Als ich schon einige Meter in die entgegengesetzte Richtung gelaufen war, rief er mir ein "Und was ist, wenn wir weg laufen?" zu.

Ich schoss wieder rum und musterte skeptisch den Körper, der nun so fremd und fern wirkte. Es war meiner. Er war es.
Jetzt war ich gefangen in einem fremden Körper, in einer fremden Haut, umgeben von fremden Menschen.

Mir gefiel der Gedanke davor zu flüchten.

"Und was ist mit deiner Mum?", fragte ich.

Er zögerte kurz.
"Sie wird klar kommen. Sie ist eine starke Frau."

"Und die Schule?"
Er seufzte. "Willst du nun weg oder nicht?"

Ich nickte sanft.

Also stampfte er schnurstracks an mir vorbei.

"Mein Haus ist in die Richtung", meinte ich und deutete in die entgegen gesetzte Richtung.

"Wir gehen gleich zu mir!"

"Und was ist mit meinem Dad? Soll ich ihm keine Nachricht hinterlassen?"

Mein Körper drehte sich wieder und Nathan legte sanft die Hände auf meine Schultern.
"Ari...", sagte er mit dem sanftestes Ton, in dem ich sprechen kann.

"Du weißt, dass das nur Zeitverschwendung ist..."
Ich senkte den Blick und nickte dann langsam.

Nathan

Ich hatte meiner Mum noch einen Brief hinterlassen, dass ich weg bin und sie liebe, dann hatte ich die Autoschlüssel für den Zweitwagen meiner Mutter genommen und fuhr nun mit Arianna neben mir über die Autobahn.

Sie schaute aus dem Fenster und ich sah nur einen Haarschopf. Ich konnte mir aber ihren gedankenverloren Blick in meinem Gesicht gut vorstellen.

"Wo wollen wir hin?", fragte ich sanft.

"Du wolltest gehen, also entscheidest du wo wir hin wollen", antwortete sie ohne sich umzudrehen.

Ich hatte all mein Geld mitgenommen, trotzdem wollte ich ungern in ein Hotel.
Wir würden im Auto schlafen und Pause machen, wo immer es schön wäre.
Arianna war begeistert von der Idee.

In meiner Euphorie trat ich fest auf das Gaspedal und fuhr bis abends zwischen den verschwommenen Lichtern der Autobahn und des Mondes über den Asphalt.

Da ertönte plötzlich die Sirene eines Polizeiwagens hinter uns.

Schnell drehte sich Arianna um und meine panischen Augen schauten mich an.

Ich fuhr mit einem lauten "Tauschen!" rechts ran.

"Was?!"

"Wir müssen Plätze tauschen!"

"Was? Wieso?"

"Weil ich keinen Führerschein habe, du aber."
Unsanft landete ich auf dem Beifahrersitz und Arianna bewegte sich unsicher auf dem Fahrersitz.

Da klopfte der Polizist an die Scheibe und sie kurbelt diese langsam herunter.
"Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte!"
Panisch schauten mich meine blauen Augen an.

"Ach Schatz", murmelte ich. "Hier"
Ich öffnete das Handschuhfach und holte alle Unterlagen raus.
"Immer vergisst du wo dein Zeug liegt."
Ich ignorierte den Fakt, dass ich wie eine 50 jährige Ehefrau klang.

Der Beamte musterte uns skeptisch und blätterte durch die Unterlagen.

Dann drückte er sie Arianna wieder in die Hand und meinte: "Ihr zwei wart zu schnell.  Aber ich sehe da heute noch mal drüber hinweg. Die Papiere stimmen. Aber achtet jetzt mal auf eure Geschwindigkeit okay?"
Wir nickten eifrig und dann war er auch schon wieder weg.

Ich atmete langsam aus, unwissentlich dass ich den Atem angehalten hatte.

" 'Du vergisst immer wo dein Zeug liegt, Schatz' hm?", höre ich meine Stimme.

"Ach lass mich"

Lachend schauten wir dem Polizeiwagen beim weg fahren zu.

"Sir Nathan!", grinste ich gespielt ernst. "Fahret los Cheffeur!"

"Ich... Ich soll... fahren?!", stotterte sie in einem ungewohnt hohem Ton meiner Stimme.
Ich nickte und schnallte mich an.

"Du hast den Führerschein!"

Im Nachhinein betrachtet, hätten wir es bei der Polizeinummer belassen sollen....

Arianna trat einmal komplett das Gaspedal durch und ich hatte das Gefühl gleich im Sitz drin zu stecken.
Plötzlich bremste sie wieder abrupt ab und ich flog in meinen Gurt.

Mein Gesicht drehte sich mit einer Mischung aus Euphorie und Angst zu mir herum.

"Hattest du etwa gerade Spaß dabei?"

Ein Grinsen schlich sich auf die Lippen.
"Das war lustig."

"Tauschen!", murmelte ich und pellte mich aus meinem Gurt.

BodyswitchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt