10. Kapitel

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Am nächsten Morgen hatte ich noch die Hoffnung wieder in meiner eigenen Haut zu stecken. Doch ein Blick zu dem Körper neben mir erstickte diese im Keim.
Ich war immer noch ein Junge.
Ich war immer noch Nathan.

Seufzend schwang ich mich aus dem Bett und tapste ins Bad.
Mittlerweile konnte ich mich schon etwas besser zurecht finden.

Ich wusch mir das Gesicht und starrte ein paar Minuten lang mein Spiegelbild an.
Nathans Augen erschienen mir nun blauer, als ich dachte und wirkten so fremd.
Ich konnte noch immer nicht fassen, dass sie nun mir gehörten.
Mit einer schnellen Bewegung fuhr ich durch meine Haare und sie saßen sofort so, wie man es von Nathan gewohnt war.
Er muss echt eine einfache Mogenroutine haben.

Ich musste auf Toilette, zögerte aber kurz als ich die Hose öffnen wollte.
Das letzte mal hatte ich einfach nicht genau hingesehen, aber als ich fertig war...
Ich spare jetzt mal lieber mit Details.
Aber es wurmt mich zuzugeben, dass er vielleicht doch nicht den Mund zu voll genommen hat über seine... Bestückung.

Erstmal war ich froh, nicht die berüchtigte Morgenlatte gehabt zu haben.
Ich setzte mich auf das Klo und versuchte nicht nach unten zu schauen.
Was hatte ich getan, um das zu verdienen?
Es war so seltsam.

Ich entschied erst morgen duschen zu gehen und trottete wieder zurück zu Nathan, der in meinem Körper noch friedlich schlief.
Also ließ ich ihn erst einmal liegen und ging nach unten in die Küche.
Dort stand Nathans Mum und ich betete, dass sie mich nichts fragen würde, was ich nicht beantworten konnte.

"Guten morgen", lächelte ich und sie erwiderte es.

"Da ist aber jemand gut gelaunt!"
Ich lachte.
"Grüßt heute mal nicht der Morgenmuffel?"

Ich nickte, nahm mir ein Brot und schmierte es mir.
"Wie geht's deiner kleinen Freundin?"

"Sie schläft noch", ich biss genüsslich in mein Brot.

"Sie ist echt niedlich"

"Ja das ist sie", grinste ich.

Seine Mum grinste mich vielsagend an, nahm sich dann ihre Tasche vom Stuhl und meinte: "Ich muss jetzt los. Viel Spaß in der Schule und viel Spaß euch!"
Mit einem liebevollen Lächeln verließ den Raum.
Kurz darauf hörte ich, wie sie die Haustür schloss und Nathan und ich waren alleine.

"Arianna?!", hörte ich ein Raunen von oben.

"Arianna?!", antwortete ich grinsend.

Ich sah wie meine Füße langsam die Treppe hinunter stampften.

"Ist sie noch da?"
Meine Augen sind noch halb geschlossen.

"Nein", meinte ich kopfschüttelnd.
"Essen?"

"Naja...", murmelte er und ich sah wie meine Haut sich rosig färbte.
"Es gibt da so ein Problem..."

Sofort sprang ich auf. "Was hast du angestellt?"

"Ich hab da was reingesteckt und kriege es nicht mehr raus...."

Meine Kinnlade klappte runter. "Du hast was?!"
Fassungslos musterte ich mein Gesicht.
Plötzlich hoben sich die Mundwinkel und schallendes Gelächter war zu hören.

"Du müsstest mal mein Gesicht sehen!", pustete er, hielt kurz inne und lachte dann noch kräftiger.

"Du bist so dämlich. "

Als er sich wieder beruhigt hatte fragte ich: "Gehen wir heute zur Schule oder suchen wir weiter eine Lösung für unser Problemchen?"

"Schule schwänzen klingt gut"
Dann sah ich wie meine Füße wieder nach oben tapsten und ich aß mein Brot auf.

Als ich wieder nach oben ging, kam mir ein Nathan mit einem aufgewühlten Blick entgegen.

"Ari...", vernahm ich meine Stimme.
"Ich hab da ein Problem..."

Ich winkte genervt ab und lief an meinem Körper vorbei, in Nathans Zimmer.
"Das funktioniert nicht zweimal!"

"Ari... Ich blute..."
Sofort machte ich auf dem Absatz kehrt und schaute mit großen Augen, in meine eigenen.

Plötzlich fing ich lauthals an zu lachen.

"Hör auf zu lachen man!", meckerte er.
Ich schaute erst in meine Augen, mit seinem verzweifelten Blick, wanderte dann mit meinem Blick nach unten und lachte noch lauter los.

"Kannst du mir bitte helfen?!"

"Jaja", grinste ich und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel.

Auf dem Weg zum Bad gluckste er etwas rum, bis er mit leiser Stimme fragte:
"Und was kann ich gegen die Bauchschmerzen machen?"

Ich schaute ihn mitleidig an.
"Es tut mir leid. Du hast genau den richtigen Körper dafür erwischt. Das werden ein paar sehr tolle Tage... Aber wir schaffen das schon."

Ich vernahm ein Seufzen neben mir und dann waren wir auch schon im Bad.

Nathan

Ich fühlte mich als hätte ich ein Zäpfchen in mir.
Das erste mal in meinem Leben verstand ich warum manche Mädchen immer so rumheulten, wenn sie ihre Tage haben.
Das war ja echt ekelhaft, schmerzhaft und anstrengend.
Ich hoffte, dass es bald wieder vorbei sein würde.

Arianna und ich waren gerade auf dem Weg zu einer Wahrsagerin, die sie raus gesucht hatte.
Ich fühlte mich so klein und wehrlos in diesem Körper.
Mir gefiel es immer weniger ein Mädchen zu sein.
Abgesehen von den Brüsten. Die sind echt toll.

"Hast du auch so hunger?", fragte ich mit einer, meiner Meinung nach viel zu hoher Stimme.
Ich sah wie sie langsam mit dem Kopf nickte und fragend auf einen kleinen Imbiss deutete.

Also holten wir uns beide was zu essen und standen an diesem Imbiss.

"Was ist wenn es nicht klappt?", hörte ich meine Stimme.
Ich schaute nach oben und musste meine Augen vor der Sonne schützen.
Es war so seltsam so klein zu sein.
"Daran wollen wir gar nicht denken!", meinte ich.

Nachdem wir aufgegessen hatten, gingen wir noch ein Stück, bis wir kurz darauf in einem in dunkelrot gehaltenen und nach Räucherstäbchen (den Geruch kannte ich nun schon allzu gut) riechenden Raum saßen und eine, mit klimpernden Ketten übersehte Wahrsagerin uns gegenüber saß.

"Lass uns gehen. Das funktioniert hier eh nicht", raunte ich in mein Ohr, jedoch schüttelte Arianna langsam den Kopf.

Ich wollte gerade noch etwas hinzufügen, da meinte jedoch die Frau:
"Was ist euer Begehren?"

"Müsste sie das nicht eigentlich wissen?", flüsterte ich.

"Was ihr begehrt und was euer Geist begehrt ist genau so verschieden wie was ihr braucht und was ihr denkt was ihr braucht."

"Okay..." Ich gab Arianna einen vielsagenden Blick. Doch ignorierte sie mich und begann unser Problem kurz zu erläutern.
Dann betrachtete sie uns kurz nacheinander und meinte:
"Die Geister haben euch auserwählt einander das Leben zu retten."

Da lachte ich laut auf. "Mein Leben ist nicht in Gefahr! Das ist Quatsch, komm Arianna, wir gehen!"
Ich sprang auf und zog ihr am Arm.
Meine verständnislosen Augen musterten mich fragend.
"Nathan... Was ist los?"

"Er verheimlicht etwas"
Etwas panisch zog ich weiter an dem Arm, der vor kurzem noch mir gehörte.

Als ich sie raus gezerrt hatte, schlug sie auf meine Hand und ich ließ augenblicklich los.
"Was zur Hölle war das denn?!"

Verzweifelt schlug ich die Hände vors Gesicht und stöhnte auf.
Sie berührte sanft meine Schulter und fragte ruhig:
"Was ist los Nathan?"

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