Wie alles begann / Kapitel 1

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Hör auf. Ihn. Anzustarren.

Betont cool schlenderte er mit seinen Kumpels über den Pausenhof, und wieder einmal fiel mir auf, wie verdammt gut er aussah. Seine pechschwarzen Haare sahen einfach perfekt aus zu seinem blassen Hautton.

Vielleicht war er ja ein Emo oder ein Gothic-Anhänger. Obwohl - er trug ein auffälliges, knallblaues T-Shirt, karierte Shorts, deren Schritt ziemlich tief hing, dazu weisse Turnschuhe und ein schwarzes Cap, welches seine Haarfarbe nur noch mehr unterstrich. Er hatte irgendwas, was mich völlig in seinen Bann zog.

„Warum sieht er nur so gut aus?“, war das Einzige, was mir dazu einfiel.

„Wer? Der mit den schwarzen Haaren? Der heisst doch Mael“, meinte Jess.

Mael. Eine Erinnerung schoss mir wie ein Blitz durch den Kopf. Ich kannte ihn. Vor zwei Jahren waren wir zusammen bei einer Wir-basteln-selbst-Weihnachtsgeschenke- Aktion unserer Schule eingeteilt gewesen. Er kam aus dem Nachbardorf, deswegen hatte ich ihn zuvor nicht an der Schule gesehen. Angehimmelt hatte ich ihn. Aber ich hatte mich nie getraut, ihn anzusprechen, war zu schüchtern gewesen, ihn etwas zu fragen. Eigentlich hatte ich nämlich wissen wollen, ob seine Haare gefärbt waren oder von Natur aus so schwarz waren. Meistens hatte ich mich mit seinem Kumpel Kilian unterhalten. Der hatte mir fast das Ohr abgelabert, was ich ziemlich sympathisch finde an Leuten, die ich neu kennenlerne.

Wenn ich mich nicht irrte, schlurfte er gerade neben IHM her. Er hatte sich irgendwie total verändert. Seine Haltung war gebeugt und er kickte irgendwas auf dem Boden vor sich her.

„Ja, Mael,“ murmelte ich in Gedanken versunken.

„Er sieht echt verdammt gut aus,“ meinte Jess.

„Warum muss er nur älter sein als wir?!“, seufzte ich, „ich meine, wäre er in unserem Jahrgang, dann wäre es so einfach mehr über ihn rauszukriegen."

„Ach komm schon. Es muss auch so gehen. Wir finden schon was über ihn raus. Wir müssten nur irgendjemand fragen, der ihn kennt.“

„Hmm.. jemand von Neulingen müsste es sein. Jemand, der mal mit ihm zur Schule gegangen ist oder so,“ überlegte Jess.

„Julia,“ fiel es mir ein. „Ich hab schon ein paar Mal mit ihr geredet, ich glaub sie ist echt voll in Ordnung. Ich frag sie.“

Ich hielt zielsicher auf das dunkelhaarige Mädchen zu, das an einer der trostlosen grauen Schulwände lehnte und sich unterhielt. Jess folgte mir. Als ich bei  ihr ankam, lächelte ich sie kurz an und fragte dann: „Kann ich dich was fragen?“

Sie sah überrascht aus, nickte jedoch. „Was denn?“

„Also… du kennst doch Mael, aus der Achten“ fing ich an, nachdem ich sie ein wenig von den Anderen weggezogen hatte.

„Was? Unser Mael? Also von Neulingen?“ zweifelnd schaute sie mich an. Sie hatte diese Fähigkeit, mit einem Gesichtsausdruck mehr sagen zu können, als andere in einem zweistündigen Vortrag.

„Genau,“ sagte ich unsicher. Fang gar nicht erst an, rumzudrucksen. „Ich glaub ich steh auf ihn.“

„Oh Gott. Du auch noch. Okay, eins musst du von Anfang an wissen. Er ist ein verklemmtes Arschloch, das nicht weiss wie man mit Mädchen umgeht.“

„Wie kommst du drauf?“ fragte ich sie stirnrunzelnd.

„Sagen wir so, ich war auch schon mal in ihn verknallt. Er hat mich eiskalt abblitzen lassen, und hasst mich seither. Obwohl er keinen Grund dazu hat, einfach nur, weil die anderen mich nicht mochten. Kann aber sein, dass er sich geändert hat, so gut kenn ich ihn dann auch wieder nicht. Versuch’s einfach.“

„Okay,“ Er darf kein Arschloch sein. Nicht dieser Junge.

Neugierig fragte ich weiter. „Wie ist er so? Was macht er gerne? Ich will ALLES wissen“

„Er liebt Hockey und kann total gut zeichnen. Früher hat er nur Lieder von Linkin Park gehört. Auf jedes Heft hat er ihren Bandnamen gekritzelt, und einmal hat er für den Pfarrer ein Bild von einem Adler gemalt und dafür sogar Geld gekriegt!“

„Wow “ Ein Junge, der zeichnen kann. Wie süss. Ich liebte zeichnen. Als ich noch kleiner war, hatte ich tausende von Pferden gezeichnet. Inzwischen war ich zu Menschen übergegangen, auch wenn ich diese nicht immer ganz so gut traf. Wie auch immer.

„Ja, er ist echt talentiert. Allerdings weiss ich echt nicht, wie du an ihn rankommen könnntest. Nichts ist ihm so wichtig wie was seine Kumpels von ihm denken, und du kannst ihn ja nicht einfach so vor allen ansprechen…“

„Daran hab ich auch schon gedacht, aber ich find schon einen Weg.“ Ich seufzte.

Im nächsten Moment klingelte auch schon die Pausenglocke, ich machte noch mal eine Wir-sind-nicht-normal-und-uns-ist-es-egal-was-andere-davon-denken-Grimasse in Julia’s Richtung und verschwand in dem grauen Klotz, der sich „Unser Schulhaus“ nannte.

Nach der Schule lief ich mit Dominik und ein paar anderen Neulingern zur Bushaltestelle. Mit Dominik verstand ich mich immer besser.

Von weitem sah ich Kilian. Seine Körperhaltung sah mal wieder so aus, als würde ihn die ganze Coolness um ihn rum zu Boden drücken. Gerade zündete er sich eine Zigarette an. Irgendwie schockte mich das total. Was gibt es ekligeres, als Teer in den Lungen zu haben und mit der Aura eines Aschenbechers rumzulaufen? Früher war er anders.

„Hey Kilian," Er blickte auf. "Was ist eigentlich so toll am Rauchen?“ Kannst du dich nicht einmal zurückhalten?!

„Keine Ahnung“ brummte er, hörte sich aber eher an wie „Was geht dich das an.“

„Dachte ich mir schon…“ meinte ich nur. Mission „Bei-seinen-Kumpels-unbeliebt-machen“ erfolgreich gestartet. Warum kannst du in solchen Situationen nicht einfach deine Schnauze halten?!

Sein Ego und ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt