„Ich hab gehört, er geht nach Frankreich in den Herbstferien,“ seufzte ich. Ich will gar nicht wissen, was er dort macht. „Stell dir mal vor, er trifft dort irgendeine heisse Französin oder so!!“ Ich war ernsthaft beunruhigt.
„Mael? Glaub mir, er ist jetzt echt nicht der Typ für einen Ferienflirt,“ beschwichtigte mich Julia.
„Wer weiss, es gibt für alles ein erstes Mal,“ erwiderte ich.
„Mach dir keine Gedanken, echt jetzt. Sowas würde der sich doch nie trauen! Und ausserdem, war das nicht so eine Art Konfirmandenlager? Was soll da schon passieren?“
„Okay, stimmt zwar, aber trotzdem..“
„Nichts trotzdem. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber“
In der Pause musste ich noch mal zurück in den Bunker, weil ich dort was vergessen hatte. Julia und Selia warteten vor dem Eingang. Mael und noch ein anderer Neuntklässler schlurften mir entgegen. Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug. Natürlich starrte ich mal wieder geradeaus und hastete so schnell es ging an ihnen vorbei. Ich griff mir mein Pausenbrot und gesellte mich wieder zu meinem geliebten Psychokreis.
„Habt ihr drauf geachtet, ob er mich angeschaut habt oder so?“, fragte ich GANZ beiläufig.
„Aber so richtig! Mit seinem Hundeblick!! Als hättest du ihn geschlagen oder so, total schuldbewusst!“ Julia war ganz aus dem Häuschen.
„Ja, war echt ziemlich auffällig,“ Selia hielt sich die Hand vor den Mund, um mir den leckeren Anblick der zermalmten Krümel in ihrem Mund zu ersparen.
Ich lächelte in mich hinein. Jaja. Kaum ignoriert man sie, laufen sie einem hinterher.
Am nächsten Donnerstagmorgen nach der Englischstunde, traf es mich wieder mal unerwartet. Ich blickte ihm direkt in die Augen. Sein Klassenzimmer lag gleich neben meinem. Er trug diesen gelben Pullover, und sein schwarzes Cap dazu. Es sah einfach gut aus. Er blödelte gerade mit Kilian und Raul herum. Verdammt, wie süss er aussah. Auf mysteriöse Weise hob sich genau dann sein Kopf, als ich dem Klassensaal entflohen war. Ich musste in seine Richtung laufen, den Gang entlang, es gab keinen anderen Weg. Aber dieses Mal riss ich mich nicht zusammen und starrte ihn einfach an, so wie er mich anstarrte. Er hatte innegehalten und lief jetzt in Richtung Zimmertüre, den Kopf immer noch zu mir gedreht. – Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass er auch (wie ich) eine Zahnspange hatte? Sogar mit der sah er noch hammer aus.
„Siehst du, geht doch“ Julia lief neben mir und sah eigentlich ziemlich zufrieden aus. „Der Junge braucht vielleicht einfach ein bisschen Zeit. Aber so wie er dich anschaut..“
„Meinst du er steht auf mich?!“ Klar, ich hatte es auch schon in Erwägung gezogen, dass er ein Auge auf mich geworfen hatte, aber irgendwie hatte ich mich nicht getraut, mit irgendjemandem darüber zu reden. Ich hatte schon das Getuschel gehört („Mensch, Estelle denkt echt Mael will was von ihr, nur weil er sie einmal angesehen hat, die macht sich echt immer noch Hoffnungen, dabei würde er doch NIE was von ihr wollen..“ usw..)
Aber wenn Julia das sagte! Ich meine, sie war nicht irgendjemand. Sie war nicht die Art von Freundin, die dir einfach das erzählt, was du hören willst, sondern ihre ehrliche Meinung.
„Hmm.. wir werden sehen, was noch passiert. Wir können uns nie ganz sicher sein, wer weiss,“ sie runzelte die Stirn.
„Da hast du Recht.. aber ich frag mich ja schon, warum er es jetzt plötzlich doch auf mich abgesehen hat. Ich meine früher war es andersrum“
„Du, keine Ahnung was in diesem kranken Hirn vorgeht.. Immerhin hasst er ja auch Menschen, die er nicht mal gut kennt, einfach so..“
„Aber, ich meine, nehmen wir mal an, er will ernsthaft was von mir, was soll ich machen? Ich meine, ihm wieder zu schreiben wäre irgendwie.. komisch..“
„Stimmt, sonst gehst du ihm vielleicht wieder auf die Nerven,“ Julia grübelte. „Andererseits bleibt dir nicht viel anderes übrig. Oder willst du ihn in der Schule ansprechen?“
„Kommt nicht infrage! Ich würd keinen Ton rausbringen!“ Allein schon die Vorstellung bereitete mir Magenschmerzen.
„Lass es einfach mal auf dich zukommen. Es ist ja auch nicht sicher, ob er echt was von dir will, ist ja nur ne Vermutung“
..also hasste er mich doch nicht.
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Sein Ego und ich
Teen FictionEr liebt mich, er liebt mich nicht. - Er hasst mich, er hasst mich nicht..