Highway to Hell (ACDC)

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Dean verließ New York im Endeffekt genauso wie er vor drei Jahren angekommen war. In seinem Impala. Lediglich zwei Reisetaschen im Kofferraum. Das war alles. Nun hatte er bereits mehr als die Hälfte der Strecke von New York nach Kansas City hinter sich gebracht. Er hatte noch sechs Stunden Fahrt vor sich, aber das machte nichts. Eigentlich war er ganz froh noch ein wenig Zeit für sich zu haben. Er drehte den Lautstärkenregler seines Autoradios fast bis zum Anschlag. Higway to Hell von ACDC verleitete ihn zum Mitsingen und da er alleine in seinem Auto war, tat er das auch lauthals. Das Singen hielt ihn vom Denken ab und er wollte sich nicht mit den letzten paar Wochen auseinandersetzen. Wenn er ehrlich war, auch nicht mit den kommenden. Sie würden alle Fragen stellen. Sammy, Ellen, Bobby. Einzig Jo würde ihn verstehen. Wie immer. Ganz egal was er tat, seine kleine Ziehschwester war immer auf seiner Seite. Aber Jo war nicht zu Hause. Sie würde ihn nicht verteidigen können. Seit zwei Jahren war sie nun schon auf dem Dartmouth College in New Hampshire. 

Trotz der lauten Musik konnte er nicht verhindern, dass sein Kopf alles noch einmal Revue passieren ließ.
Natürlich war es ein Fehler gewesen sich mit Bela Talbot einzulassen. Das wusste er von Anfang an.  Sie war schließlich nicht nur seine Partnerin bei der New Yorker Polizei. Viel Schlimmer war es, dass ihr Vater Mark Talbot, sein Chef war. Als Dean bemerkte, was von ihm erwartet wurde, saß er schon knietief in der Falle. Man rechnete damit, dass er und Bela heirateten. Womöglich sollten er noch in einen Vorort ziehen, sich einen Hund und zweieinhalb Kinder zulegen, sowie seinen Impala gegen einen Van eintauschen. Bei dem Gedanken schüttelte es ihn. Er wollte keine Vorstadtidylle! Eigentlich wollte er nicht einmal eine wirkliche Beziehung. Es hatte sich einfach so ergeben. Nicht, dass er Bela nicht gemocht hätte. Sie war eine tolle Frau. An ihr lag es nicht. Es lag an ihm. Er hatte sich noch nie in seinem Leben verliebt. Möglicherweise war er dazu gar nicht in der Lage.  
"Beziehungsunfähig" hatte Ellen ihn schon öfter genannt. Wahrscheinlich hatte sie recht. 

Nachdem Dean die Beziehung beendet hatte, blieben ihm nicht viele Möglichkeiten. Weiterhin mit ihr zu Arbeiten wäre schwer gewesen und da ihr Vater ein recht hohes Tier im Polizeidienst war, hätte eine Versetzung höchstwahrscheinlich im Innendienst geendet. Beides nicht so ganz sein Ding. Also beschloss er New York den Rücken zu kehren. Sammy war begeistert gewesen, als Dean ihm von seinem Plan, wieder zurück nach Kansas City zu gehen, erzählte.
Als angesehener Staatsanwalt hatte er einigen Einfluss und es gelang ihm  Fergus Crowley, den Polizeichef von Kansas City, dazu zu bringen, Dean einzustellen.  Gleich am Montag sollte er anfangen. Dean war dankbar für die Chance und nahm sich vor sämtliche Kolleginnen (auch wenn sie noch so heiß waren) zu ignorieren. Nie mehr wollte er zulassen, dass eine Frau sich zwischen ihn und seine Arbeit stellen konnte. 

Gute vierundzwanzig Stunden später saß er im Roadhouse, einer Bar am Stadtrand von Kansas City, die Ellen und Bobby gehörte. 
"Ich freu mich ja, dass du hier bist Junge, aber findest du nicht auch, dass du nicht immer davonrennen kannst, wenn es ernst wird?", wollte Ellen wissen.
Sie stand hinter der Bar und wischte die Theke. Seine Ziehmutter hatte ihn genau im Blick, obwohl sie ihre Arbeit nicht unterbrach.  Das Lokal war recht leer, da es noch nicht einmal fünf Uhr am Nachmittag war, aber Dean wusste, dass es in ein paar Stunden anders aussehen würde. Er wünschte sich, dass das Roadhouse bereits jetzt voll gewesen wäre, dann hätte Ellen nicht die Zeit gehabt ihm ihre ganze Aufmerksamkeit zu schenken. Er hob seufzend die Schultern und blickte zerknirscht zu ihr.
"Das ist mir klar. Deshalb habe ich beschlossen es gar nicht mehr so weit kommen zu lassen. Nur noch One-Night-Stands. Keine zweiten Dates mehr. Klare Verhältnisse."
Ellen unterbrach nun doch ihre Arbeit für einen kurzen Augenblick und blickte ihn mitleidig an.
"Dean. Irgendwann wirst auch du dich einer Frau öffnen müssen.  Du kannst doch nicht ewig allein durchs Leben gehen", versuchte sie es ein wenig sanfter.
"Ich bin nicht alleine. Ich habe euch und Sammy und Jo. Mehr brauche ich nicht." Ellen warf ihn einen dieser "Junge, du hast ja keine Ahnung wovon du sprichst" - Blicke zu. 
In diesem Moment sah er Sammy zur Tür hereinkommen. Er freute sich doppelt seinen jüngeren Bruder zusehen. Einerseits war es natürlich einfach schön ihn wieder einmal in die Arme zu schließen. Sammys letzter Besuch war über ein halbes Jahr her. Andererseits entkam er so dem Gespräch mit Ellen. Er stand auf und ging seinem Bruder entgegen um ihn zu umarmen. Wiedereinmal hatte er ganz vergessen, wie groß Sam war. Er konnte sich noch gut an Zeiten erinnern, in denen er seinen Bruder weit überragte.
Sammy war direkt nach der Arbeit vorbeigekommen und trug noch seine "Arbeitskluft". Schwarzer Anzug, weißes Hemd, dunkelrote Krawatte und schwarze, glänzende Schuhe. Sogar die langen Haare wirkten ordentlich.  Sein kleiner Bruder sah sehr vornehm, aber auch völlig ungewohnt aus. Der Sam, den er kannte, lief wie er selbst in Jeans und T-Shirt herum. 
"Dean, ich freu mich so, dass du hier bist. Diesmal hoffentlich für immer", begrüßte ihn sein jüngerer Bruder herzlich.
"Mal sehen, ob er wieder Frauenherzen bricht und davonrennt", konterte Ellen.
Dean rollte die Augen und Sam konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
"Ellen lass den Jungen. Wenn es sein soll, wird er wird die Richtige schon noch finden", meinte Bobby, der nun zu ihnen gestoßen war.
"Wie geht es Ruby?", wollte Dean von seinem Bruder wissen. Im Gegensatz zu ihm, waren Sam und Ruby schon seit Jahren ein Paar. Dean freute sich für die zwei. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie am Anfang kaum die Finger voneinander lassen konnten. Nicht, dass Dean keinen Gefallen an Sex finden würde, im Gegenteil, aber so eine Obsession konnte er nicht verstehen.
"Ruby geht es gut. Sie freut sich schon auf deinen Besuch morgen Abend. Übrigens wollte ich es dir persönlich sagen. Wir wollen heiraten. Und ich hätte dich gerne als Trauzeugen."
Dean lächelte. Die Überraschung war eher, dass die beiden nicht schon längst verheiratet waren.
Anerkennend klopfte er seinem Bruder auf die Schulter.
"Es wird mir eine Ehre sein, kleiner Bruder", antwortete Dean wahrheitsgemäß.
Sam strahlte.
"Bis dahin solltest du allerdings jemanden finden, den du mitbringen kannst, sonst sitzt du am Tisch der einsamen Herzen", warf Ellen theatralisch ein.
"Ellen, du willst dem Jungen doch nicht ernsthaft Angst vor dem Single-Tisch machen. Dort sitzen vor allem junge Frauen, die alleine zur Hochzeit gekommen sind.  Das ist für Dean bestimmt wie ein >All-you-can-eat-Buffett<." Bobby schüttelte über Ellens Drohung verwundert den Kopf.  Sammy und Dean lachten Tränen als sie den überraschten Blick ihrer Ziehmutter sahen, die erkannte, dass Bobby recht hatte.  


Can't fight this feeling (Destiel AU)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt