Ein halbes Ich

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Sichtwechsel Joelle

«Ich hab dich lieb, Joe.» Juliette sah mir fest in die Augen. In ihrem Blick lag Traurigkeit, etwas Angst, aber auch Liebe, Stolz und Zufriedenheit und ich schwor mir, diesen Ausdruck in ihren Augen niemals zu vergessen. Ihre Augenlider schlossen sich und ihre Hand, die bis dahin auf meiner Wange platziert war, fiel schlaff zu Boden. «Nein! Wach auf, Juliette, wach auf! Bitte! Wach...» Doch meine Stimme versagte und ich fing an, ungehalten zu schluchzen und zu weinen. Eine Ewigkeit, jedenfalls kam es mir so vor, sass ich weinend über meine Schwester gebeugt da und hoffte, dass sie sich nur einen Scherz erlaubte und gleich wieder aufwachen würde. Doch irgendwann verlies mich auch die Hoffnung. Ich richtete mich auf, legte Juliettes Kopf vorsichtig auf den Boden und stand auf. An der Wand lag immer noch der Todesser. Der Mann, der meine Schwester ermordete. Wieso habe ich ihn nicht gleich umgebracht? Ich könnte es... Nein, weder Juliette noch meine Eltern würden das wollen. Ausserdem brachte es Juliette nicht zurück. Ich ging nach draussen und errichtete erst mal ein Schutzschildzauber. Ich hatte wirklich keine Kraft, um gegen weitere Todesser zu kämpfen. Dann lief ich wieder ins Haus, packte meine Sachen und verwischte alle magischen Spuren, die hätten verraten können, dass wir einst hier lebten. Ich sah in der Nachttischschublade meiner Schwester nach, was sie meinte und entdeckte ein Packet, eingewickelt in Packpapier. Darauf stand mit grossen Buchstaben: Für den Notfall, Joelle. Ich steckte das Bündel zu den anderen Sachen in meinem Rucksack. Dann trat ich ins Wohnzimmer. Die Todesser liess ich so liegen. Sollte sich doch das italienische Zaubereiministerium darum kümmern. Es wurde schon hell, als ich meine Zwillingsschwester hochhob, und apparierte. Ich landete auf einem höheren Hügel irgendwo in Schottland. 

Die Leere in unseren HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt