Freunde oder Freinde

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Der Sonntag verlief fast genauso wie der Samstag, nur ohne das Schreien. Ich ging spazieren mit meinen Kopfhörern in den Ohren und schaltete einfach ab. Ich begegnete niemandem. Darüber war ich wirklich froh, denn meinem Hals tat schreien und weinen nicht so gut. Nach Cierra's Tot hatte ich keinen Kontakt mehr zu meinen Freunden, bis auf die Zwischenfälle gestern. Aber heute würde ich sie wieder sehen. Und ich fürchtete mich schon etwas.

Ich saß mit meinem Vater beim Frühstück und aß einen Toast mit Erdbeermarmelade. Ich trug eine dunkelblaue jeansshort und eine schwarze durchsichtige Strumpfhose darunter. Ein schwarzes T-shirt ohne Aufdruck und noch eine dünne Jeansjacke dazu. Mein Make-Up war wie immer und Schmuck trug ich heute keinen.

Nach dem Essen verabschiedete ich mich von meinem Vater und zog mir schwarze 'Doc Martins' an. Ich nahm mein Longboard und ging hinaus. Mit Schwung fuhr ich los. Das Fahren ließ mich ein bisschen besser fühlen und ich fühlte mich frei. Ich nahm mir vor nicht alle in der Schule anzuschreien. Ich werde versuchen nett zu sein. Denn sie hatten genauso eine Freundin verloren wie ich. Und sie kannten sie länger als ich es tat.

Ich fuhr durch Ryan's Straße, aber er kam nicht hinaus. Irgendwie war ich darüber enttäuscht, aber auch erleichtert. Wenn ich an das Gespräch von Samstag zurück denke. Das verlief nicht so prickelnd. Nach ein paar Minuten war ich bei der Schule. Ich sah meine Freunde dort stehen, wo sie immer vor dem Unterricht standen. Doch diesmal lachten sie nicht, sondern wirkten niedergeschlagen, es flossen auch ein paar Tränen. Aber das war selbstverständlich. Niemand würde nach so einem Vorfall lachend mit seinen Freunden Witze reißen.

Ich stieß dazu. Ein paar ignorierten mich, andere schauten mich finster an und ein paar, Lucy, Nina, Lola, Riley, James, West und Miles, kamen auf mich zu. Sie umarmten mich. Als letztes kam Lucy zu mir, sie drückte mich ganz lange und ich spürte, dass sie weinte. Mir stiegen auch die Tränen in die Augen, und eine schaffte es hinunterzurollen.

Wir lösten uns voneinander und schauten uns noch einmal an bevor wir zu den anderen gingen. Sie stellte sich neben West und ich neben sie. Lucy kuschelte sich an West, Riley und James versuchten sich einander zu trösten und viele Mädchen umarmten sich. Aber einige Mädchen schauten mich mit sehr finsteren Blicken an, und ich konnte fast sehen, dass ihnen etwas auf der Zunge lag, was sie unbedingt loswerden wollten.

Carrie, Amanda und Jenny waren diejenigen, die mich anstarrten. Und langsam wurde ich ungeduldig.

"Was wollt ihr sagen. Euch bedrückt doch was." Gab ich etwas genervt von mir. An die Drei gerichtet.

"Du warst doch dort, als Cierra erschossen wurde. Wieso hast du nichts unternommen um sie zu retten?! Oder es wenigstens versucht?! Stattdessen hast du dich feige versteckt!" Ich war geschockt. Jenny war doch sonst nicht so direkt.

"Und Cierra sah fast genauso aus wie du, Kylie. Wer weiß? Vielleicht wollte der Typ ja dich? Vielleicht war es ja der Mörder deiner Mum? Und Cierra ist umsonst gestorben." Wie konnte Carrie nur so etwas sagen. Vor allen. Ich hatte es nicht allen hier erzählt und es begannen alle gleich zu tuscheln.

"Das... das ist unmöglich!" Ich spürte Lucy's Hand in meiner. "Der Mörder meiner Mum sitzt im Knast. Er kann es unmöglich gewesen sein!" Mir rannten die Tränen über die Wangen.

"Ach ja?" Begann jetzt Amanda. "Sitzt er wirklich im Gefängnis? Dann schau mal in die Zeitung!" Was sollte das? Aber dann hielt sie mir die Zeitung von heute hin und ich las das Deckblatt. 'Mörder von Isobel Rose aus dem Gefängnis geflohen!' Nein, das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein! Cierra ist meinetwegen gestorben. Der Mörder dachte sie wäre ich. Das war schrecklich.

Ich taumelte zurück. Das war ein Schock für mich.

"Nein. Nein. Das darf nicht sein." Flüsterte ich immer wieder. Ich knickte ein. Meine Füße gaben unter mir nach und ich saß nun auf meinen Fersen auf dem Boden. Ich weinte bitterlich und es war mir egal, dass andere zusahen.

"Aww... jetzt ist Kylie am Boden zerstört. Weil Cierra wegen DIR gestorben ist. Das hättest du sein müssen! Nicht sie! Sie hatte es nicht verdient zu sterben!" Warf Carrie mir vor den Kopf. Sah sie nicht, dass ich es schon realisiert hatte?

Ich bin hier hergezogen um ein neues Leben zu beginnen, aber es verfolgt mich sogar bis nach Los Angeles. Ich spürte eine Hand auf meinem Rücken und dann wurde ich in die Arme genommen.

"Lucy! Wieso tröstest du sie?! Wegen ihr ist eine unserer besten Freundinnen gestorben!" Schrie Amanda.

"Und deswegen macht ihr jemanden runter, der genauso eine unserer besten Freundinnen ist?! Das ist nicht richtig! Cierra hätte das nicht gewollt! Sie hätte nicht gewollt, dass wir uns entzweien. Sondern das wir zusammen halten, uns gegenseitig stärken und uns nicht gegenseitig die Schuld geben! Kylie konnte nichts machen! Sonst wäre sie jetzt tot. Oder Beide! Cierra und Kylie! Hättet ihr DAS gewollt?! Nein! Hättet ihr nicht!" Damit verstummte sie und umarmte mich fest.
Amanda, Carrie und Jenny waren still. Lucy's Worte hatten ihnen Wohl das Maul gestopft.

Ich hörte Schritte näher kommen.

"Was ist denn hier los?!" Hörte ich die Stimme von Ryan. Er war noch nicht hier gewesen. Lucy bewegte sich, nahm mir die Zeitung aus der Hand und hielt sie Ryan hin. Er nahm sie und ich konnte hören wie er scharf die Luft einzog. Und eine, ich glaube Carrie, flüsterte ihm zu, dass Cierra wegen mir gestorben ist.

Noch jemand kam dazu.

"Hey Leute!" Jason. Wie konnte er so glücklich klingen.

"Hab ich was verpasst?!" Fragte er mit einem belustigten Unterton in der Stimme. Und ich hörte wir Ryan ihm die Zeitung gab.

"Was?! Kylie's Mutter wurde ermordet?!" Ich begann noch heftiger zu schluchzen. Wie konnte er nur so herzlos sein?!

"Sag mal geht's dir noch gut?! Wie kannst du nur so kalt sein und das einfach so sagen?! Du siehst doch wie fertig sie ist!" Schrie Ryan ihn an.

"Sorry, aber was kümmert mich das?! Und dass der Kerl, der ihre Mum umgebracht hat, frei ist, interessiert mich einen Dreck!" Er war noch gemeiner als ich dachte.

"Bring mich hier weg, bitte." Flüsterte ich Lucy zu. Ich hielt das hier nicht mehr aus. Ich konnte nicht mehr hören, wie sie meine Vergangenheit diskutierten. Das war viel zu viel für mich.

Lucy stand mit mir auf und stützte mich. Dafür war ich sehr dankbar, denn ich traute meinen Beinen nicht zu, dass sie meinen Körper tragen konnten.

Ich konnte die Blicke der anderen auf mir spüren als Lucy und ich weggingen. Sie führte mich ins Schulhaus auf eine Toilette. Es war nicht der schönste Ort der Schule, aber hier konnte man alleine sein. Ich hörte die Tür hinter mir noch einmal aufgehen.

"Hey, wie geht's dir?" Fragte mich Riley. Sie war eine gute Freundin. Sie hatte zwar nichts gesagt, was die drei Mädchen gestoppt hatte, aber sie war generell ein stilles Mädchen. Sie drückte mich und holte dann ein Täschchen aus ihrem Rucksack.

"Etwas zum abschminken. Damit richten wir dich wieder her. Denn jetzt siehst du aus wie ein Zombie." Ich musste lachen. Aber nachdem ich mich in den Spiegel schaute, musste ich ihr Recht geben.

Meine zwei Freundinnen schminkten mich ab und versuchten much abzulenken. Ich war ihnen sehr dankbar. Für das Abschminken, da ich wahrscheinlich selbst nicht die Kraft dazu gehabt hätte, und dass sie mich auf andere Gedanken brachten. Und da merkte ich, dass ich mich auf diese beiden Mädchen immer verlassen konnte. Egal was kommt.

Als sie fertig waren und mich auch wieder neu geschminkt hatten, schaute ich mich in den Spiegel. Ich war nicht stark geschminkt. Concealer, wasserfester Mascara und ein grauer Lidschatten. Es war nicht so stark, damit ich, wenn ich das nächste Mal weine, nicht aussehe wie ein Zombie. Ich war Riley und Lucy so dankbar. Ich konnte mir keine besseren Freundinnen wünschen.

Wir öffneten die Tür der Toilette und traten hinaus. Ich atmete noch einmal tief durch und zu dritt gingen wir geradewegs in das Getümmel vor der ersten Stunde.

Cheer Life (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt