Gebrochen

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Den ganzen Tag bin ich den anderen aus dem Weg gegangen. Nur Riley und Lucy nicht. Sie sind meine besten Freundinnen und sie lenken mich ab. Davon, dass der Mörder meiner Mum frei ist, dass Cierra wegen mir sterben musste, dass ich jetzt tot sein sollte. Wenn ich die Beiden nicht hätte, würde ich zusammenbrechen und wieder in dieses schwarze Loch fallen aus dem ich langsam wieder hinaus fand. Dass der Mörder meiner Mum frei ist, konnte ich nicht einfach auf mir sitzen lassen. Irgendetwas musste ich tun. Aber was, das ist die Frage. Was konnte ich schon tun? Ich bin nur ein Mädchen. Ein einfaches, zerbrochenes, viel zu trauriges Mädchen, welches ein beschissenes Leben hat. Welchem der Tod überall hin folgt. Nur hatte der Tod mich selbst noch nie geholt, nur die Menschen die ich liebe nimmt er mir weg. Ich wollte sterben. Wirklich. Aber meine Mutter hätte gewollt, dass ich lebe und dass ich glücklich bin. Und ich war glücklich. Naja, bis vor ein paar Tagen war ich das jedenfalls noch. Jetzt bin ich Frack. Niemand kann mich mehr reparieren.

Es klingelte. Die letzte Stunde war vorbei. Jetzt hatte ich eigentlich Training, aber wirklich Lust hatte ich keine. Zusammen mit Lucy gingen wir zu den Umkleiden. Riley hatte ein anderes Fach. Deshalb war sie nicht bei uns. Als wir dort ankamen sahen wir schon die anderen Mädchen, darunter auch Carrie, Amanda und Jenny. Auf sie hatte ich jetzt wirklich keinen Bock. Aber sie ignorierten mich. Ein Glück! Als ich meine Sportsachen, eine enge schwarze kurze Hose und ein graues Top, anhatte, ging ich in die Sporthalle. Ich blieb etwas abseits von den anderen stehen. Aber ich konnte sie trotzdem noch hören.

"Okay wir üben noch einmal die Übung von letzter Woche, nur statt Cierra nehmen wir Kylie." Ich blickte hoch. Toll. Jetzt nahm ich auch noch Cierras Platz ein. Das wird ja immer besser. Ich ging zu Riley, Amanda und Nina. Sie waren die, die am Boden standen und ich war der Flyer, der der hoch gehoben oder geworfen wird. In diesem Fall gehoben. Ich stellte meinen Fuß in die Hände der anderen und stieß mich ab. Jetzt stand ich auf einem Bein auf den Händen dreier Menschen. Etwas gruselig ist es schon. Ich hob mein anderes Bein und zog es zu meinem Kopf, sodass ich im Spagat stand, dann ließ ich es wieder hinunter. Dann sprang ich hoch, machte eine Drehung in der Luft und landete wieder auf den Händen der anderen. Das war noch der einfache Teil. Jetzt wird es schwierig, aber ich bekomme das hin. Einmal tief durchatmen und los gehts. Ich sprang hoch und machte einen gestreckten Rückwärtssalto. Schon während dem Flug sah ich, dass nur noch zwei Menschen unter mir standen, statt drei. Und zwei konnten mich unmöglich auffangen. Ich machte mich auf einen harten Aufprall bereit. Ich spürte die Hände auf mir, aber sie konnten mich nicht halten und so flog ich auf den Boden. Ich versuchte mich mit der Hand abzubremsen, aber das war eine miese Idee. Ich hörte einen Knochen knacken. Mein Handgelenk tat höllisch weh. Mittlerweile lag ich auf dem Boden. Und als ich meine geschlossenen Augen öffnete sah ich besorgte Gesichter. Bis auf eines. Amanda. Sie grinste selbstzufrieden. Sie ging vorher weg, sodass ich fiel. Das gibt es doch nicht.

"Sag mal spinnst du?!" Das war an Amanda gerichtet. Meine Stimme war voller Wut. Und auch Schmerz.

"Du hast es verdient!" Auch sie war wütend. "Das hast du Cierra geschuldet!" Warte, was? Im Ernst?

"Ein gebrochenes Handgelenk bringt sie auch nicht zurück. Glaub mir, wenn man sie durch Knochenbrüche zurückholen könnte. Ich schwöre dir, würde ich mir jeden einzelnen Knochen selbst brechen. Aber so ist die Welt nicht. Man kann die Toten nicht zurückholen. Und damit habe ich mehr Erfahrung als du." Entgegnete ich Amanda. Jetzt war sie still. Alle schauten mich an bis Sara, unser Captain, zu mir kam und meinen Arm in ihre Hände nahm.

"Jap, der ist gebrochen. Komm, wir bringen dich ins Krankenhaus." So half sie mir auf und wir gingen noch kurz in die Umkleide um mir meine dünne Jeansjacke zu nehmen. Mit einem Arm schlüpfte ich hinein und den gebrochenen ließ ich draußen. Auf der Seite legte ich mir die Jacke nur um die Schulter.

Cheer Life (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt