Füllhorn

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DIE SPIELE






Linnet Silene

Die Sonne blendet mich, als ich aus dem Erdboden auftauche. Ich erkenne nichts. Nur das helle Licht, das einfach nicht aufhören will so hell zu scheinen. Verdammtes Licht! Ich kneife die Augen zusammen, doch es hilft nicht wirklich.
„Meine Damen und Herren, die fünfundzwanzigsten Hungerspiele haben begonnen!", ertönt die Stimme der Spielansagerin Binky Freckle wie aus dem nichts. Natürlich weiß ich, dass sie aus einem Lautsprecher kommt, aber der ist nicht zu sehen, genauso wenig die Kameras, die uns nun bis zum Ende der Spiele verfolgen werden. Bis zum Ende meines Lebens....
Nur langsam gewöhnen sich meine Augen an das helle Licht, das mir direkt ins Gesicht scheint.
Rechts von mir steht das Mädchen aus Distrikt 1 auf meiner anderen Seite eines, das ich nicht zuzuordnen weiß. Vor mir fällt ein erdiger Boden steil in eine sandige Kuhle, durch die ein breiter, aber scheinbar flacher Fluss fließt. Auf der anderen Uferseite steht das riesige Füllhorn. Dahinter erstreckt sich eine große Wiese, die von dem breiten Sandstreifen zum Fluss hin durch Brennnesseln und Dornengestrüpp getrennt ist. Neben und hinter mir erkenne ich einen riesigen Wald, wobei sich unsere Startplattformen auf einer großen erdigen Fläche befinden. Die Umgebung gefällt mir. Wasser weiß ich nun in etwa, wo es sich befindet und im Wald komme ich klar. Zumindest könnte ich klarkommen.

Etwa eine Minute lang müssen wir stehen bleiben, sonst werden wir in die Luft gesprengt.
Ich suche die Reihen der Tribute nach Lyra ab. Ich erblicke Llucah, der zwischen Fevaric und Broker steht! Kein guter Anfang! Dann sehe ich sie. Sie steht fünf Plätze weiter rechts von mir. Vielleicht würde mir diese Information noch helfen, vielleicht auch nicht. Ich würde es schon noch früh genug erfahren.
Ich konzentriere mich nun auf die vielen Sachen am Füllhorn. Relativ nah am Flussufer liegt ein schwarzer Rucksack.
Der gehört mir!
Ich stelle mich in Startposition.
Noch dreißig Sekunden.
Ich lasse meine Blicke über die Waffen schweifen. Da! Ein Bogen, ungefähr drei Meter vom Rucksack entfernt!
Noch zwanzig Sekunden.
Wenn möglich gehört beides mir! Ich spanne alle meine Muskeln an. Konnte ich es schaffen? Vielleicht... wenn ich schneller startete als alle anderen...
Noch zehn Sekunden.
Jove... Wo ist nur die Zeit geblieben, die wir doch gemeinsam verbringen wollten? Unsere war zu kurz gewesen...
Noch fünf Sekunden.
Ich denke an Meine Familie...
...vier...
...Freunde...
...drei...
...Verwandte...
...zwei...
...wieder Jove...
...eins...
...Bogen und Rucksack gehören mir! ...
...LOS!

Lyra Centaury

Es ist schön. Ein kleines Bächlein auf einer Lichtung umringt von Wald. Am Ufer mit Sand aufgeschüttet. Das Füllhorn auf der anderen Seite auf einem Sandhügel. Eine Wiese erbreitet sich dahinter. Es riecht frisch, wie bei mir Zuhause. Alles total friedlich, wären da nicht die Menschen die in dem Halbkreis auf ihrem Podium ihre Zähne blecken. Wie gewaltiges Herzklopfen, schlagen die Sekunden abwärts. Mein Herz stottert. Ich präge mir jedes Gesicht der Tribute ein. 1-Typ ganz links außen, daneben Broker, daneben ... Llucah. Er muss umzingelt von den kräftigen und tollwütigen Karrieros stehen. Sein Antlitz löst bei mir Sehnsüchte aus. Ich schaff es nicht. Ich muss mich mit ihm wieder vertragen, denn ich liebe ihn doch noch. Folha steht ein paar Plätze weiter. Ich zähle die Positionen, die mich und Linnet trennen. Ich schaue sie an, aber sie ist auf die Schätze fixiert, die im Füllhorn zu finden sind. Die Blonde aus 1 rechts zu ihrer Seite. Direkt links neben mir Machado. Kaum merklich nickt er mir zu. Ganz rechts außen erspähe ich den müden Blick des Mädchens, die mich seit der Parade beeindruckt hat, die sich nicht um die Sponsoren geschert hat, einfach das tut was sie will.

„Die Möglichkeiten der Zukunft sind ungewiss, aber der Schmerz des Augenblicks ist das wahre Übel."

Die letzten Sekunden fallen, und ich sollte mir langsam darüber Gedanken machen was ich ohne irgendeine nützliche Weisheit tun werde. Rucksäcke liegen verstreut, gefüllt mit überlebenswichtigen Utensilien. Doch die richtig wertvollen Waffen sind im Inneren der metallenen Wände des Füllhorns. Schwer dort heran zu kommen, das weiß ich von den Spielen die ich vorher schon gesehen habe, da man von den Tributen auf halben Weg schon zur Strecke gebracht werden könnte. Der Bach, was sage ich denn, der Fluss ist tiefer gelegen als die Startpositionen, wir könnten im Lauf den Abhang hinab straucheln und in den Fluss fallen. Ich frage mich was sich dort für Kreaturen aufhalten. Was werde ich danach tun? Wo laufe ich hin? Hole ich mir überhaupt einen dieser Rucksäcke? Oder renne ich lieber weg? Fragen die ich nicht mehr beantworten kann da ich die Vor- und Nachteile nicht in zwei Sekunden abwägen kann.
LAUF! LAUF, LAUF, LAUF! SCHNELLER!
Meine Beine scheinen wie Holzpfähle, die sich in den Waldboden rammen. Nur kurz schaute ich zur Seite. Ein Moment der Unaufmerksamkeit und ich rolle im Sand steil bergab. Ich pralle gegen etwas und ich halte. Neben mir bebt der Boden. Schlagartig springe ich auf, spucke auf die Erde. Ein Junge springt auf mich. Meine Kehle gelangt zwischen seine Hände. Wild trete ich um mich und versuche mich mit allen Kräften aus seinen Fängen zu befreien. Er lässt los versetzt mir aber einen gezielten Schlag in mein Gesicht, nochmal, und nochmal. Es ... kann ... doch ... nicht ... sein ..., dass ... das ... jetzt ... schon ... mein ... Ende ... ist! Ich will blind zurück boxen, doch der Junge wird zurückgezogen. Mir egal wer mir zur Hilfe kommt, aber ich nutze instinktiv den Augenblick um zu fliehen. An meiner Nase kitzelt es und es fühlt sich feucht an. Das Wasser kommt näher und ich bereite mich darauf vor schwimmen zu müssen. Es spritzt bis über meinen Kopf. Doch es ist so flach, dass gerade Mal meine Stiefel unter der Oberfläche sind. Trotzdem bin ich durchnässt als ich den Hügel empor laufe. Auf das Füllhorn zu. Neben mir zu meinen Füßen: eine schlammfarbene Tasche. Ich packe sie und klettere weiter.


Shadow Bludgeon

Ein schallender Knall ertönt, der mir und den anderen Tributen den Start der 25.
Hungerspiele mitteilt. Um mich herum springen alle von den Podesten, einige
stürmen so schnell sie können den Berg herunter, andere machen Kehrt und
sprinten in das umliegende Geäst. Ich selbst springe ein Stück den Abhang
hinunter, nicht aber um ans Füllhorn zu gelangen, sondern um dem Distrikt 4
Mädchen, welches praktischerweise auf dem Podest neben mir startet, das
Genick zu brechen.
Währen ich ihren nun leblosen Körper weiter den Berg runter rollen sehe,
Kampf- und Schmerzensschreie die Luft um mich herum zerreißend, ist mir ein
für allemal bewusst, was mein Ziel hier sein wird: Jeden einzelnen Karriero
auszuschalten! Schnell springe ich ins naheliegende Buschwerk und halte mich
dort versteckt, um ungestört das Ende des Start-Gemetzels abzuwarten. Ich
denke mir, früher oder später werden Swift und sein Gefolge aus der Sichtweite
gehen, damit die Leichen abgeholt werden können. Dann, denke ich mir mit
einem berechnenden Lächeln, dann würde ich reichlich Zeit haben mir allerhand
nützliches vom Füllhorn besorgen.

Linnet Silene

Ich mache einen gewaltigen Satz, mit dem ich die zwei Meter bis zum Abhang locker überwinde. Im Weitsprung bin ich schon immer gut gewesen!
Die Kraft meines Absprungs hat mich über die Kante hinausschießen lassen. Ich kullere den Abhang hinab, lande auf den Füßen und so bin ich eine der ersten, die unten ankommt. Sehr gut!
Sobald meine Füße ein winziges bisschen Halt in dem sandigen Boden haben sprinte ich schon los, auf das Wasser zu. Ich habe das Gefühl noch nie so schnell gewesen zu sein. Mein Start ist super gelungen! Vielleicht würde ich es doch noch bis zu meinem Ziel und weg schaffen! Bitte, bitte, bitte! Es ist meine einzige Hoffnung!
Ich visiere den Rucksack an, habe ihn und den Bogen fest im Blick. Ihr seid meins!

Doch plötzlich knalle ich mit voller Wucht gegen irgendetwas Hartes. Überrascht falle ich hin. Sofort verschwindet meine gesamte Euphorie, stattdessen macht sich blankes Entsetzen in mir breit, als ich bemerke, wie sich ein Mädchen über mich beugt und zu einem Schlag auf meine Kehle ausholt! Es ist das aus Distrikt 1! Ein Karrieretribut!
Grade noch rechtzeitig kann ich ihrer Hand, die meinen Kehlkopf zertrümmert hätte, ausweichen.
Ich will fliehen, aber sie kniet bereits über mir und nagelt mich in dem Sand fest. Nur mein eines Bein bleibt einigermaßen frei, sie benutzt nicht beide Arme zum festnageln, sondern versucht mich zu erwürgen!
Schnell ziehe ich das freie Bein zu mir heran und ramme ihr mein Knie mit voller Wucht in den Hintern.
Sie starrt mich wütend an, drückt mir jedoch unbeeindruckt mit ihrer freien Hand die Kehle zu. Nur noch schwer bekomme ich Luft.
Ich starte einen weiteren Versuch, um frei zu kommen. Mit meinem freien Fuß versuche ich halt in dem losen Sand zu bekommen, während ich meinen Kopf hin und her schleudere, um ihre Griff an meinem Hals zu lockern, es bleibt erfolglos.
Panik steigt in mir auf. Das kann noch nicht das Ende sein! Nein! Bitte... Langsam wird mir schummrig. Mein Schädel brummt, das ganze Blut schießt hinein. Der Sandstreifen ist abschüssig zum Wasser hin und ich liege mit dem Kopf nach unten. Nach unten... abschüssig... herab... unten...
Und dann habe ich kaum noch Sauerstoff in meiner Lunge...
Endlich finde ich mit meinem weiter oben liegenden Fuß halt. Mit so viel Wucht ich nur aufbringen kann stemme ich mich auf dem einem Bein hoch. Meinen zweiten Fuß bekomme ich frei, stemme ihn zusätzlich hoch. Ihr Griff um meine Kehle und an meinem Handgelenk lässt ein wenig nach, als sie versucht das Gleichgewicht zu behalten. Ich schnappe nach Luft und hole Schwung um mich rückwärts den Hang herunter zu rollen. Das Mädchen fällt kopfüber die leichte Senkung hinunter, in den Fluss, während ich eine Rolle rückwärts fabriziere.
Schwer atmend rappele ich mich auf und sprinte ein wenig schwankend an ihr vorbei durch das Wasser, auf die andere Seite des Flusses zu.
Geschafft!



Lyra Centaury

„Aaaaaaaaah!", schreie ich und falle wieder hin. Mein Bein schmerzt wie Hulle. Eine kalte Klinge bohrt sich in mein Fleisch. Ich reiße sie grob heraus indem ich mich auf meinen Rücken umwerfe. Das Mädchen vor mir beißt ihre Kiefer zusammen und attackiert mich. Wir ringen wobei ich versuche das blutige Messer vom Leib zu halten. Ich kreische ihr ins Ohr. Rückwärts fallen wir in den Fluss. Sie liegt auf mir. Mein Kopf wird immer wieder unter Wasser gedrückt. Meine Luft geht mir langsam aus. Meine Beiden Arme stemmen sich gegen ihre Hand in der sie das Messer hält. Meine Atemwege sind aufgefüllt mit nicht einatmungsbarer Flüssigkeit. Es scheint kein Entkommen zu geben. Noch ein paar wenige Momente länger und es wäre vorbei. Nein. Das lasse ich nicht zu. Ich greife in ihre kurzen Haare und ziehe an ihnen so fest ich kann. Ihr Griff um das Messer lockert sich. Ich packe den Knauf und ziehe es durch ihre Handfläche, daraufhin lässt sie den Druck von meinem Kopf. Ich tauche auf und schnappe nach Luft. Das Messer halte ich nun meiner Hand und sie hat keine Waffe mehr. Ich stürze auf sie. Das Strampeln lässt nach. Die Klinge steckt in ihrem Körper, an der Stelle, wo ihr Herz liegt. Ich keuche und starre von ihren auf geweiteten Augen auf meine roten Hände. Es ist das erste Mal. Ein erstes Mal, welches meine reine Seele besudelt. Die Schreie von meiner Umgebung höre ich nun deutlicher als zuvor. Sie hallen in meinen Ohren wieder. Ich blicke mich um. Mein Rucksack. Ich werfe ihn mir über, als ein Pfeil meine Haare streift. Ich blicke mich um und ein zweiter aus derselben Richtung tötet einen Tribut. Auf dem Füllhorn steht ein großer Kerl. Er hält einen Bogen in seinen Händen. Ich suche Schutz im Füllhorn. Ein fataler Fehler. Denn kaum dort versperrt mir der Junge aus Distrikt 3 den Weg...

Linnet Silene

Hektisch sehe ich mich nach dem Rucksack um. Er liegt keine fünf Meter von mir entfernt. Erleichtert, dass er noch da ist, laufe ich los. Komischerweise höre ich kaum etwas, nur das Blut, das in meinen Ohren rauscht, doch ich mache mir nicht die Mühe mich verwirrt umzusehen... das würde meinen Tod bedeuten!
Knapp vor meinen Füßen landet ein Pfeil. Erschrocken springe ich zur Seite. Verdammt, der Bogen ist weg! Hoffentlich befindet sich in dem Rucksack etwas Anständiges...
Ich will mit meinem Gepäck abhauen, doch da stellt sich mir der Junge aus, ist es Distrikt 9? Ich weiß es nicht, in den Weg, ein scharfes Messer in der Hand. Er will sich auf mich stürzen, Ich weiche ihm aus und trete ihm von hinten in den Rücken. Mit einem lauten Aufschrei geht er zu Boden.
Mir bleibt keine Zeit noch einen Tritt hinterher zu geben, denn ein Pfeil trifft ihn an die Stelle, wo vor einer Sekunde noch mein Fuß gewesen ist! Ich wirbele herum, blicke in die Richtung, aus der er kam und erkenne den Jungen aus 1, der mit Pfeil und Bogen bewaffnet auf dem Füllhorn steht und wie wild um sich schießt. Von dort oben sind wir alle leichte Beute!
In Panik renne ich weiter. Durch die kämpfenden hindurch. Inzwischen hat sich mein Gehör wieder eingestellt und vernimmt die Schreie und das Stöhnen der Sterbenden stärker denn je. Wo ist ein Weg hier raus? Wo? Nicht weit weg von mir sehe ich, wie Lyra dem Mädchen aus Distrikt 9 ein Messer in die Brust sticht, auf meiner anderen Seite bricht Swift, der Junge aus 2 einem anderen Tribut das Genick. Ich sehe kaum ein Tribut, das lebend aus dieser Schlacht entkommt. Keiner, den ich sehe, kommt ohne schlimme Verletzungen davon...
Das Adrenalin rauscht durch mein Blut wie noch niemals zuvor... Ich weiß, dass ich nicht weglaufen kann, ohne getötet zu werden. Mir bleibt nur noch eine Möglichkeit... und die würde zu aller Wahrscheinlichkeit meinen Tod bedeuten...


Lyra Centaury

Er zieht eine rote Schleifspur hinter seinen humpelnden Beinen her. In seinem Bauch steckt ein Pfeil. Er schwankt den Berg hinauf. Ich könnte an ihm vorbei sprinten, doch mit seiner schweren Axt in seiner Hand würde er mir mein Hirn wegfetzten. Das entspricht nicht ganz meinem Vorhaben. Die Waffen im Füllhorn sind festgeschnallt. Bis ich nach hinten stürme und sie losmache ... aber er ist verwundet ... .
Würde ich einen dieser berüchtigten Kapitol-Filme schauen, käme an dieser Stelle sich dramatisch aufbauende Musik. Schnell ducke ich mich, als mein Angreifer seine Waffe in meine Richtung schleudert. Sie hat mich nur um ein Haar verfehlt.
Hinter ihm bemerke ich jemanden entgegen spurten.
Er stürmt an, in meine Richtung, mit erhobenem Schwert. Das Knacken fährt durch meine Knochen. Dieser Augenblick passiert quasi wie in Zeitlupe, er ist wie in meinem Traum.
Broker schwingt seine Waffe und ich sehe Llucahs Kopf fallen. Nur diesmal ist es der rote Schopf des verletzten Hinterwäldlers, der mich mit einer Axt massakrieren wollte. Broker hatte mir gerade mein Leben gerettet. Ihn als Gegenüber zu haben beruhigt mich auch ungemein! Es ist nicht viel besser. Die Erschöpfung von ihm nutze ich aus, um aus seiner Reichweite zu gelangen, sein Schwert aber streift meinen Nacken. Mit meinem Schwung rase ich den Hügel hinunter, muss einem Kerl ausweichen, strauchele hinab bis ich ins Wasser platsche. Der Wasserspiegel ist angestiegen. Bis zu meiner Hüfte.
Hier herrscht ein totales Durcheinander. Alle kreischen. Leichen liegen herum, Überlebende kämpfen. Das Wasser in dem ich mich bewege ist mittlerweile rot gefärbt. Der Strom, der härter zunimmt, wäscht es weg. Als ich mich umschaue, sehe ich Linnet liegen. Unmittelbar an der Stelle wo ich ... wo das 9-Mädchen starb. Vermutlich ist sie nicht mehr lebendig. Tränen der Wut, der Trauer, der Verwirrung. Schwerfällig versuche ich näher an die Stelle heran zu waten, entscheide mich dann doch dagegen. Es tut mir leid Linnet. Die Schlacht lässt mir keine Zeit angemessen zu trauern. Ich kehre um. Llucah ringt mit einem Mädchen. Er benötigt Hilfe, ich bin aber nicht im Stande dazu, ohne Waffe ihm diese zu gewährleisten. Ein Ast könnte es eigentlich auch tun. Ein paar Meter weiter sehe ich einen unter Wasser. Er ist schwer. Umso besser, ich bin jedoch kaum in der Lage in zu heben ... . Ich renne auf Llucahs Gegner von hinten zu und verpasse ihm die volle Ladung Ast, die ich gerade noch so aufbringen konnte. Zu Boden ist das Mädchen schon mal.
Llucah, der Kerl mit dem ich so lange eine enge psychische Bindung hatte, der mir das Lachen lehrte, ich starre ihn an.
Damals auf unserem Hof feierten wir ein Fest, Llucahs und meine Familie. Zum Kennenlernen der Familien sozusagen, da Llucah und ich fortan zusammen waren. Meine Mutter Ivy und mein Vater verstanden sich super mit Llucahs Vater Moss und seiner Frau Blye. Mick und Jayk rissen Witze über alles, weil sie sich wahrscheinlich einfach für uns freuten. Llucahs große Schwester Adrie konnte mich, glaube ich, nicht leiden. Ich sie auch nicht, aber nur, weil sie mich nicht mochte. Adrie kam mit ihrem Mann Borgot, mit dem sie bereits schwanger war. Die kleine Ira, Llucahs kleine Schwester, schloss ich besonders ins Herz. Meine Oma leistete uns auch Gesellschaft. Sogar mein Onkel Maxell mit meinem Cousin Ike, mit den Igelstachelhaaren, kamen vorbei. Er begegnete Llucah nicht herzlich und mit offenen Armen. Schon über Jahre war er heimlich in mich verschossen und hatte auch einige Male sein Glück versucht, aber immer Körbe kassiert. Zusammen spielten wir viele Spiele. Am Abend gingen wir in die Eyre, ein Gebäude an der Küste. Dort war es dunkel und aus den Fenstern sah man nur den Mond. Wir legten uns auf ein Kissen. Wir begannen zu träumen und nach zu denken. Wenn man die Augen schloss, vernahm man das Rauschen des Wassers, das Singen der Vögel. Wir gingen immer dort hin. Manchmal sangen wir auch zusammen. Dort traf man oft Familien aus der Umgebung. Es war wie eine zweite kleine Welt, in der man nichts tat außer zu denken. Einmal im Monat sammelten wir Blumen und verbrannten sie. So riefen wir unsere Ahnen. Wir ehrten sie. Das ist vergleichbar mit-
„Lauf!"
Was?
„Lauf jetzt! Lyra! LYRA!"
Bäume erscheinen wieder vor meinen Augen. Ich schaue auf den Boden und sehe gerade noch wie sich ein verdrecktes Mädchen aufrappelt. Unmittelbar vor mir. Meine Tagträume von einer besseren Welt, könnten mir mein Leben kosten. Während Llucah mich anschreit, komme ich zur Besinnung.
Er brüllt weiter: „Scher dich jetzt fort! Los!"
Erschrocken über seine Anfuhr, drehe ich mich um und lasse ihn schweren Herzens allein. Erneut durch die Fluten, die mittlerweile ein Teil des Sandes verschluckt haben. Ein paar Rucksäcke wurden noch nicht verschleppt. Voller Erleichterung renne ich auf einen zu, aber wieder wird mir ein Strich durch die Rechnung gemacht. Ein mit drei Speeren ausgestückter Junge greift mich an und ich entwische mit nur einem kurzen Vorsprung. Jedoch ohne meinen Rucksack. Ich schaue nicht mehr zurück. Renne nur noch den Hügel hinab auf eine Wiese. Auch wenn die Pflanzen, die sich um meinen Körper schlängeln bösartige Brandwunden hinterlassen, darf ich nicht verweilen, nicht einen Moment. Darum laufe ich weiter, hinein ins Ungewisse.

„Wenn ein Gebrück führt über den Fluss, mit Dolchen besetzt, so nehm sie doch stets und ersterbe Qualen, doch bist du sobald auf des anderen Ufers. Springst du in die Fluten, gesinnt nach deinen zarten Sohlen, so mag es ein kurzer und schmerzloser, dennoch unlebendiger Weg."


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Soouu... ich hoffe der Einstieg hat euch gefallen ;) Wir würden uns echt mega über Reviews zu unseren Ideen bezüglich der Handlung in der Arena freuen, da wir hier ja völlig frei sind was den Ablauf usw betrifft! ^^
Lg Lin  

Die Tribute von Panem - Das erste JubeljubiläumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt