Die Bewertung (Teil 2)

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  Shadow Bludgeon

Inzwischen sind die drei Tage die wir zum Trainieren hatten um. Alle vierundzwanzig von uns sitzen im Essensraum der Trainingshalle und warten darauf aufgerufen zu werden, obwohl die Reihenfolge bereits feststeht. Als erstes der Junge aus Distrikt 1, dann das Mädchen und immer so weiter, bis zum Mädchen aus Distrikt 12. Colody und Broker sind schon dran gewesen, nun ist Swift an der Reihe sein Talent vorzuführen.
„Mach dir nichts draus, wenn sie dir keine Aufmerksamkeit mehr schenken, schließlich kannst du nicht wirklich was dafür nach mir dran zu sein!", höhnt Swift mit Süffisanz triefend, bevor sich die Tür hinter ihm schließt. Obwohl ich weiß, dass ich leider nur kurzzeitig von ihm getrennt bin, fühle ich mich ungemein erleichtert, dass er endlich weg ist. Die anderen Tribute haben offensichtlich keinen Unterschied gemerkt, dazu sind sie zu vertieft darin ihr Vorzeigetalent zu planen. Ich weiß selbst nicht so recht, was genau ich denn zeige, aber es sollte nach Möglichkeit etwas sein, dass das Kapitol auf zeigt.
Etwas womit sie auf keinen Fall rechnen...
„Shadow Bludgeon!", kommt die technische Durchsage nach einiger Zeit. Grummelnd stehe ich auf und gehe leicht wiederwillig in die Trainingshalle, in der die Spielmacher mich und die anderen Tribute mit einer Zahl zwischen 1 und 12 bewerten werden, wobei 12 Punkte das Beste und 1 das Schlechteste Ergebnis ist. Sie würden heute Abend im Fernsehen bekannt gegeben werden.
Der Nachteil, den eine hohe Bewertung mit sich bringt, ist, dass die anderen Tribute einen daraufhin als ernsthafte Bedrohung ansehen und man sich quasi zur Zielscheibe macht. Falls man wiederum eine geringe Punktzahl erzielt, so wird man zwar normalerweise nicht als Bedrohung eingeschätzt, aber in unserem Fall, wo jeder weiß, dass die allerbesten aus den zwölf Distrikten auserwählt wurden, da könnte eine geringe Punktzahl genauso gut dazu führen, dass die Mittribute misstrauisch werden, da ihnen nun eine gewissenhafte Einschätzung zu dessen Bedrohlichkeit fehlt. Ein weiterer Grund, der gegen eine niedrige Punktzahl ist die Tatsache, dass Sponsoren, die uns in der Arena lebensrettende Geschenke machen können, eher dazu tendieren die Tribute mit hohen Punktzahlen zu unterstützen. Wahrscheinlich ist das der Grund, wieso kaum einer versucht möglichst schlecht zu sein.
Aber zurück zu dem, was ich den Spielmachern vorführen werde. Es gibt eine große Auswahl an Stationen in der großen, grauen Betonhalle, aus denen ich gut dreiviertel als mein Vorführtalent wählen könnte. Schade nur, dass keines davon das Kapitol negativ überraschen würde... es sei denn...
„Shadow Bludgeon, Distrikt 2...", murmele ich laut genug, dass die Spielmacher mich hören können.
Es liegt wahrscheinlich daran, dass ich zu den Karrieredistrikten zähle oder weil ich eine der ersten bin, auf jeden Fall habe ich innerhalb von Sekunden die ungeteilte Aufmerksamkeit von jedem einzelnen.
„Für meine Vorführung brauche ich einen Trainer!", teile ich den Spielmachern mit.
Ein Raunen geht durch die Reihen der Spielmacher, aber kurz darauf steht mir ein kräftiger junger Mann gegenüber. Zu meiner freudigen Überraschung sieht er Swift ziemlich ähnlich, was mir günstig kommt, da meine Vorführung mörderisch enden wird...
„Was für eine Art Zweikampf schwebt dir denn vor?", fragt der Hüne mich.
Klar, er will wissen auf was er sich einstellen muss.
„Waffenlos.", antworte ich knapp und suche konzentriert nach Schwachpunkten bei ihm. Eines der Dinge, bei denen ich mich in Konfrontationen hervortue ist es, Schwächen in der Gegnerischen Verteidigung zu finden. Wohlmöglich ist es mit das Einzige, was mich an Anderen interessiert und auch nur, wenn sie dumm genug sind mich zu konfrontieren. Für gewöhnlich bin ich nicht der Typ Person, Streit anzufachen, aber habe ich erst einmal einen Gegner...
Anhand seiner recht unbegeisterten Reaktion kann ich erschließen, dass Waffenloser Kampf nicht so sein Ding ist. Gut, das ist schon einmal eine brauchbare Schwäche. Bei genauerem Hinsehen merke ich auch, dass er, obwohl er stabil steht, leicht, wenn auch kaum merklich, schwankt. Vermutlich leidet er unter Gleichgewichtsstörungen, wohlmöglich durch eine alte Verletzung am Bein, was mir schon einmal einen geeigneten Ansatz ermöglicht.
Ich tu so, als würde ich mich auf ihn stürzen, bleibe jedoch in Wirklichkeit stehen. Der Täuschungsversuch funktioniert und er macht einen Satz zurück, nun merklich nach hinten gelehnt und schwankend.
Als erstes verpasse ich ihm einen gezielten Tritt gegen die Beine, wodurch er zu Boden geht. Als nächstes springe ich mit einem Hechtsprung au seinen Körper und nagele beide seine Arme mit meinem linken Bein und meinem rechten Arm fest. Schließlich ramme ich meinen linken Ellenbogen in seine Kehle und quetsch ihm die Luft ab. Der Trainer versucht in Todesangst sich freizukämpfen, ich drücke fester zu und ich höre es knacken. Er regt sich nicht mehr und seine leblose Gestalt sackt zu Boden.
Ich wende meinen Blick von seinem toten, Schmerz und Angsterfüllten Gesicht und starre kühl zu den schockierten Spielmachern hinauf, bevor ich mit einer kurzen Verbeugung wortlos gehe...

Die Tribute von Panem - Das erste JubeljubiläumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt