Kap. 5: ...danach

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Bei Sahra zu Hause machte diese sich erst ein mal frisch. Dann kuschelten wir uns auf die Couch, jede mit einem starkem Kaffee in der Hand. >>Also los. Erzähl.<< Bat ich Sahra mit einem Grinsen auf den Lippen, das ich versuchte hinter meiner Tasse zu verstecken. >>Bei mir gibt es nicht viel zu erzählen. Dein Bruder und ich waren betrunken. Wir haben viel dummes Zeug gelabert und sind dann eingeschlafen. Viel wichtiger ist, was war mit dir und Carter?!<< Sie zog eine Augenbraue hoch und sah mich an. Mit einem seufzen ließ ich mich in die Kissen sinken. Also erzählte ich ihr in allen Einzelheiten, was geschehen war, nachdem Carter und ich die Party verlassen hatten. Leider war auch meine Geschichte wenig romantisch. Schließlich hatte ich die halbe Nacht über der Toilette gehangen und Carter hat ziemlich deutlich gemacht, dass er nicht an mir interessiert ist. >>Ach komm. Er hat sich an dich gekuschelt und wenn du etwas nüchterner gewesen wärst... Wer weiß, was dann passiert wäre?!<< Mit Sahra mit einem schelmischen glitzern in den Augen. Ich verdrehte mein bloß. Sie pickt sich immer das heraus, was sie hören möchte.

Ich machte mich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Lange hatte ich nicht bleiben können, da meine Mutter uns Sonntags immer zum Lunch erwartet. Da gab es keine Ausnahmen. Ihr war wichtig, dass ein Mal die Woche die Familie zusammen kommt und alle beisammen am Tisch sitzen, um sich auszutauschen und über die anderen zu informieren. Das war Tradition in der Familie Baker und wurde sehr ernst genommen. Die Jungs waren nur entschuldigt, wenn sie länger Training hatten oder ein wichtiges Spiel. Heute würden alle anwesend sein. Auch Carter und Mark würden nach dem Training kommen. Carter gehörte für meine Eltern zur Familie und so war auch er meist anwesend. Das machte es mir nicht unbedingt leichter, über ihn hinweg zu kommen.

Zu Hause angekommen brachte ich zunächst meine Sachen in mein Zimmer. Bei Sahra hatte ich mich natürlich schon umgezogen, um nicht mit der Kleidung von gestern hier auftauchen zu müssen. Auf dem Weg in die Küche begegnete ich meinem Vater, dem ich kurz Hallo sagte, bevor ich meinen Weg fortsetzte. Ich wollte meiner Mutter bei den Vorbereitungen helfen, meinen Bruder vermutete ich nämlich noch im Bad. Zumindest hatte ich das Wasserrauschen der Dusche vernommen. In der Küche lief ich auf meine Mutter zu und umarmte sie fest. Wir hatten ein enges Verhältnis zueinander und ich konnte mit ihr über alles reden. Meinen kleinen Absturz würde ich ihr mit Sicherheit auch noch beichten, jedoch nicht heute. >>Na Mia. Hatten du und Sahra gestern Spaß?<< Sie lächelte mich mit dieser typischen mütterlichen wärme an. >>Na klar. Ich helfe dir ein bisschen.<< Beschwingt drehte ich mich herum und knallte prompt mit Carter zusammen. Dieser ließ die Champions fallen, um mich daran zu hindern, ebenfalls auf dem Boden zu landen. Mit seinen großen Händen packte er mich an den Oberarmen und hielt mich sicher im Stand. >>Och Schatz, du bist aber auch ein Tollpatsch.<< Danke, Mama. Dachte ich mir und starrte den Mann vor mir an. Er roch unheimlich gut und sein T-Shirt spannte mal wieder fest über der Brust. Seine lockigen Haare standen mal wieder in alle Richtungen ab. Ich liebte es wenn sich die dunklen Haare in seinem Nacken kräuselten und ihm vorne in die Stirn hingen. Seine braunen Augen wirkten heute unglaublich hell. Wie Karamell. Auch zeichnete sich ein leichter Bartschatten auf seinem Gesicht ab. Er hatte es heute morgen wohl nicht mehr geschafft, sich zu rasieren. Ein wohliger Schauer rieselten meinen Rücken hinunter. >>Ähm.. Sorry.<< Versuchte ich mich aus der Situation zu retten. Mit mäßigem Erfolg. Er ließ mich los und hockte sich hin, um die Pilze wieder einzusammeln, die er ja dank mir hatte fallen lassen. Ich sah mich gezwungen, ihm zu helfen. Meine Mutter war mit ihren Töpfen beschäftigt und achtete nicht auf uns. >>Danke, Carter. Für gestern.<< Er sah mich nicht an, als er antwortete. >>Du bist wie eine Schwester für mich. Natürlich passe ich da auf dich auf.<< Und da hatte er mal wieder mein Herz in tausend Teile zerrissen.

Eine halbe Stunde später saßen wir alle zusammen am Esstisch. Carter saß mir gegenüber und unterhielt sich mit Mark. Ich konzentrierte mich auf das Essen. Wie immer war es richtig lecker, allerdings hatte ich keinen Appetit. >>Hey, Mia. Du kommst doch morgen zu unserem Heimspiel?<< Mark sah mich an und wartete auf meine Antwort. >>Klar, hab die Jungs schon lange nicht mehr gesehen. Wann fängt es an?<< Ich sah gerne zu. Selbst spielte ich in der Schule auch hin und wieder Eishockey. Bei dem Bruder war das verständlich. Allerdings strebte ich keine Karriere an. Mein Bruder war Kapitän der Tigers. Er war gut in dem, was er tat. >>18:30 Uhr ist beginn. Wir fahren um 17 Uhr los.<< Ich nickte und widmete mich wieder dem Essen.

Meine Mutter hatte Carter und mich heute für den Abwasch vorgesehen. Sie selbst ging nach dem Essen immer in den Garten und kümmerte sich um ihre Blumen und das Gemüse. Eine Spülmaschine lehnt sie seid Jahren ab, deshalb werden immer zwei Personen für den Abwasch bereit gestellt. Da mein Bruder und mein Vater sich mit irgendeiner Ausrede verdrückt hatten, gebührte die Ehre Carter und mir. Carter wusch ab und ich trocknete. Wir waren ein gutes Team und ich konnte ihn dabei ungestört beobachten. Ich weiß nicht genau warum, aber ich sprach ihn auf den Morgen an. Ich wollte mit ihm reden, seine Stimme hören und wissen, wie er zu mir stand. Auch wenn er immer wieder deutlich machte, dass ich wie eine Schwester für ihn bin. >>Deine Mutter dachte heute morgen wirklich, wir hätten miteinander...<< Weiter kam ich nicht, denn er unterbrach mich heftig. >>Wir sollten nicht darüber reden. Es ist nicht so gewesen und gut ist.<< War das sein Ernst? >>Was fährst du mich denn jetzt so an?!<< Er unterbrach den Abwasch und drehte sich zu mir um. Seine Augen funkelten vor Zorn. Warum war er denn jetzt so wütend? >>Ich hätte dich gestern Abend nicht mit zu mir nehmen dürfen. Es gab ein paar unschöne Gerüchte, nachdem ich gestern mit dir die Party verlassen habe. Dein Bruder war nicht gerade begeistert.<< Was? Schockiert sah ich ihn an. >>Was für Gerüchte?<< Sein Blick war unschwer zu deuten. >>Glaub mir, dass möchtest du nicht wissen. Dein Bruder und ich haben das bereits richtig gestellt. Sollte dich dennoch Jemand darauf ansprechen, dann komm zu mir und ich regele das.<< Die dachten echt immer noch, ich könnte mich nicht alleine verteidigen. Ich war fast achtzehn Jahre alt und meine >>Brüder<< behandelten mich, als wäre ich fünf. Vor einem Jahr hatte sich ein Junge für mich interessiert. Ich wollte mich mit ihm treffen, weil ich dachte so über Carter hinweg zu kommen. Bevor es jedoch dazu kam, verprügelten Mark und Carter den Jungen. Ich hatte dann auch erfahren, dass er mit Mädchen nicht gut umging und es ein paar unschöne Geschichten in der Vergangenheit gab. Aber sie hatten es mir ja nicht erzählt. Anstatt dessen, haben sie ihn erst verprügelt. Sie wollten mich immer aus allem heraus halten und trauten mir nicht zu, mich selbst um MEINE Angelegenheiten zu kümmern. Das konnte echt nerven. Nach diesem Vorfall mieden mich die Jungen auf meiner Schule noch mehr als vorher schon und Mark und Carter waren zufrieden. Wie es mir damit ging, war ihnen scheinbar egal. Es gab wohl kaum ein Mädchen, dass in meinem Alter so wenig Erfahrung mit Jungen hatte wie ich. Aber ich schwärmte natürlich auch noch für einen Mann, keinen Jungen. Carter spielte in einer ganz anderen Liga als ich. Völlig in meinen Gedanken vertieft, bekam ich gar nicht mit, dass Carter mittlerweile fertig mit dem Abwasch war. Nun half er mir mit dem Abtrocknen der letzten Töpfe. Die Töpfe bewahren wir oben in den Küchenschränken auf. Ich wollte den Topf hinein stellen, kam jedoch nicht dran. Kurzerhand packte Carter mich an der Hüfte und schob mich zur Seite, um selbst das Geschirr zu verstauen. Mein Herz fing an zu rasen und ich wusste nicht recht, was ich tun sollte. Grinsend drehte sich Carter zu mir um. >>Ob du noch wachsen wirst, kleine Mia.<< Empört verschränkte ich die Arme unter der Brust. So klein war ich gar nicht. Wie automatisch glitt Carters Blick zu meinem Ausschnitt, der durch das verschränken meiner Arme etwas verrutscht war. Endlich nahm er wahr, das ich eine Frau war. Ich sollte es nicht schmeichelhaft finden, aber ich fand es schmeichelhaft. Ruckartig ließ Carter seinen Blick wieder hoch schnellen. Da kam mein Bruder in die Küche und zog Carter mit sich. >>Wir haben John versprochen ihm nach dem Essen zu helfen.<< Und da waren sie weg. John Johnson war Carters Vater und unglaublich nett, solange man sich an seine versprechen hielt und ihn nicht enttäuschte. Pünktlichkeit war für ihn eine Voraussetzung. Da war ich wieder allein. Allerdings musste ich auch noch Hausaufgaben für die Schule erledigen.

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