Kap. 12: Streit ist mies

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Die nächsten Wochen war ziemlich viel los. Gordon legte mir nahe, für eine Weile das Eishockeytraining zu pausieren. Ich redete mit meinem Coach und er bot mir an, mit ihm zusammen das Team zu coachen. So konnte er mir am Ende des Quartals eine Note geben und ich wurde nicht ganz ausgeschlossen. Außerdem bekam ich ein Mal die Woche eine Einzelstunde Training auf dem Eis. Es machte mir Spaß und lenkte mich ab. Owen James Vater versuchte alles, um die kleine Auseinanderstzung, wie er es nannte, so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen. Es ging nicht vor Gericht. Mir wurde ein Schmerzensgeld bezahlt und Owen wechselte die Schule und musste Sozialstunden leisten. Ich war einfach nur froh, dass ich damit abschließen konnte. Meine Familie hatte mich wie ein rohes Ei behandelt, was mich tierisch nervte. Nur Sahra war die ganze Zeit einfach super. Sie war auch die Einzige, die von dem Streit zwischen mir und Carter wusste und stand zu hundert Prozent hinter mir. Carter und ich gingen uns die meiste Zeit aus dem Weg. Jeder bekam mit, dass unser Verhältnis zueinander frostig war. Wenn unsere Familien darauf ansprachen, blieben wir stumm. Sollte er sich doch mit seiner Freundin, oder was auch immer sie für ihn war, treffen. Mir ging er am Allerwertesten vorbei. Das redete ich mir zumindest ein. Sahra war aus Prinzip einfach auch sauer auf Carter und mein Bruder wurde auch nicht von ihrem Hass verschont. Er tat mir schon fast leid, als ich sah wie Sahra ihm die kalte Schulter zeigte. Sie schien ihm nicht so egal, wie er uns die letzten Jahre hatte glauben lassen. Alles in allem fühlte man sich wie ein Elefant im Porzelanladen, sobald wir alle aufeinandertrafen und es sich nicht vermeinden ließ. Daher schlief ich die nächste Zeit häufig bei Sahra. Ich wollte und konnte ihn einfach nicht sehen.

Das Unterkühlte zwischen Carter und mir blieb, doch irgendwann machten wir böse Mine zum guten Spiel und waren beinahe so höflich und gleichgültig, dass es schon wieder zynisch wirkte. Immer noch sprachen wir mit keinem über diese Schranke, die zwischen uns herrschte. Das ganze wurde auch nicht besser, als ich Carter mit seinem Flitchen antraf. Sie war wirklich schön und wirkte viel fraulicher, als ich es tat. Ab diesem Moment verglich ich mich mit ihr, was mich wiederum wieder wütend werden ließ. Das hatte ich einfach nicht nötig. Das ich mich freute, als die beiden sich nicht mehr trafen, war mir noch peinlicher als mein peinliches Benehmen ihm gegenüber. Danach schafften wir zumindest eine Basis, mit der wir beide leben konnten. Es wurde fast wie wenn man einen alten Klassenkameraden trifft. Man weiß, man konnte sich mal ganz gut leiden, diese Zeit ist aber vorbei und das Leben geht weiter. Wir waren gefangen in dieser neutralen Zone. Ich hatte sogar versucht, mich mit anderen Jungen zu treffen, das ließ wiederum mein Bruder nicht zu und wollen tat ich es auch nicht unbedingt.

Ich hatte heute meine Einzelstunde. Der Coach war normalerweise immer schon vor mir da, heute jedoch nicht. Also begann ich ein paar Bahnen auf dem Eis zu ziehen und wäre fast gefallen, als Carter dieses betrat. >>Was machst du hier? Wo ist der Coach?<< Verwirrt blieb ich mit einem gewissen Abstand zu ihm stehen. >>Er hat mich gebeten, deine Stunden ab nun zu übernehmen. Mark hatte keine Lust und meinte, das würde mit euch nicht klappen, weil du ihm nie zuhören würdest. Also blieb nur noch ich übrig.<< War das ein verdammter Scherz? Ich hoffte, doch die Lacher blieben aus. Wohl oder übel musste ich das nun hinter mich bringen. War ja nicht so, dass ich ihm immer noch hinterher hechelte und ich gleichzeitig deswegen hasste. Man bemerke die Ironie. Jede Woche eine Stunde alleine mit Carter auf dem Eis, würde mir aber auch nicht helfen, über ihn hinweg zu kommen. >>Na gut, fangen wir an.<< Leider musste ich zugeben, dass Carter ein wirklich guter Coach war und er damit für mich immer perfekter wurde. Warum bitte machte ich mich so abhängig von einem Mann? Das war nicht gesund und ich verachtete mich selbst dafür. >>Gut so, Mia. Versuch noch etwas mehr die Schulter mitzunehmen, dann wird es leichter und du bekommst mehr Kraft und die Schläge.<< Nie konnte man einfach mal seinen Gedanken nachgehen. Ich setzte um, was Carter mir sagte und tatsächlich flog der Puck präziser und schneller. Als er wollte, dass ich an ihm Body-Checks übte, weigerte ich mich. >>Och komm schon Mia. Ich beiße auch nicht.<< Augenverdrehend sah ich auf die Uhr. Zum Glück war die Stunde um und ich musste nicht mit ihm diskutieren. Ich verließ also das Eis und ließ Carter Johnson stehen. Genau so fühlt sich pures Glück an, dachte ich grinsend. Dann viel mir ein, dass ich ihn nächste Woche wieder hier treffen würde und ich vermutlich nicht noch mal um die Body-Checks herum kam.

Das erste das ich tat, als ich zu Hause ankam, war Sahra anrufen. Okay, nachdem ich geduscht hatte. Sie wie meine persönliche Psychologin geworden und hörte sich jeden Mist an, von dem ich ihr berichtete. Ich war unheimlich froh, sie zu haben. Ich lag auf der Couch und quatschte mit ihr, da kam erst mein Bruder herein und hinter ihm..., wie nicht anders zu erwarte, Carter. >>Warte mal kurz, Sahra. Geht ihr auch zu zweit auf Toilette?<< Fragte ich augenverdrehend. Die beiden hängen öfter zusammen als Sahra und ich. Und das mag schon etwas heißen. >>Eifersüchtig, Schwesterchen?!<< Mein Bruder und ich hatten vor zwei Wochen ein sehr aufschlussreiches Gespräch, über meine Gefühle Carter gegenüber und wie nicht akzeptabel sie laut Mark sind. Ich verstand die Anspielung, denn damals hatte ich ihm gebeichtet, dass es mich wahnsinnig machte, das Carter sich mit dieser Frau traf. Auch ein paar andere Dinge legte ich auf den Tisch und seitdem zog mein Bruder mich bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf. Ich würde nie wieder schwach werden und ihm etwas erzählen. Ich wechselte ins deutsche, damit Carter mich nicht verstand. >>Ich warne dich Mark. Ich kann auch deine Geheimnisse ausplaudern.<< Zornig blickte ich ihn an, während er provozierend eine Augenbraue hoch zog und grinste. >>Soll ich anfangen? Hier vor Carter.<< Das würde er nicht wagen. Carter hatte wohl seinen Namen hinausgehört und sah uns fragend an. >>Könnt ihr vielleicht englisch reden? Ich fühle mich gerade ziemlich ausgeschlossen.<< Meinte Carter. Marks Grinsen wurde nur um so breiter. >>Wenn du das tust...!<< Langsam drehte er sich zu Carter um. >>Weist du, Carter...<< Ich sprang auf, legte mein Handy beiseite und lief auf meinen Bruder zu. Leider wich er im letzten Moment aus und ich wäre gegen die Wand geschlagen, hätte Carter mich nicht aufgefangen. Mark lachte so stark, dass er keine Luft mehr bekam und sich auf den Boden fallen ließ. Ich sprang kurzerhand auf ihn drauf und kitzelte ihn durch. >>Du Monster.<< Keuchte Mark. >>Carter, hol dieses Biest von mir herunter!>> Carter ließ sich Zeit, bis er mich wie ein kleines Kind packte und auf die Couch warf. Mit einem Uff  entwich mir all die Luft aus den Lungen und bevor ich etwas hätte tun können, lag nun Carter auf mir und kitzelte mich durch. Mal ganz ehrlich, wer half mir wenn die zwei Chaoten mal wieder ihre Phase hatten? Sahra war ja leider nicht da und meine Mutter ging nur lachend an uns vorbei und in die Küche. Mein Brustkorb schmerzte, so sehr musste ich lachen. >>Hör bitte auf. Ich tue alles, was du willst.<< Blitzschnell stellte er tatsächlich sein Kitzeln ein. >>Unser nächstes Training wird interessant werden. Ich freue mich schon darauf.<< Mit einem fröhlichen Gesichtsausdruck stand er auf und ließ mich schockiert liegen. Fast kam es mir so vor, als hätte er genau auf diesen kleinen Fehler meinerseits gewartet. Die Jungs waren schon weg, da brauchte ich noch einige Minuten, bis ich Sahra zurückrief. >>Ich hätte fast eine Vermisstenanzeige aufgegeben.<< War ihr erster und nicht letzter Kommentar.

Ich wusste einfach nicht, wie ich Carters Verhalten einschätzen sollte. Nach unserem Streit war erst wochenlang Funkstille und jetzt flirtete er die ganze Woche mit mir, wann immer es ging. Er verwirrte mich einfach. Was möchte er denn jetzt von mir?! Es war wieder Freitag und ich würde heute meine zweite Trainingsstunde bei ihm haben. Leider ging ich nicht davon aus, dass er meinen unachtsamen Satz von letzter Woche vergessen hatte, denn er erinnerte mich jeden Tag daran. Jedes mal, wenn er das Thema aufwarf, sagte er Dinge, die mir eine Gänsehaut bescherten. Dinge wie: Am Freitag gehörst du mir oder Ich hab schon ein paar nette Ideen. Meinem Bruder schien das zunehmend wechselnde Verhalten seines Freundes nicht aufzufallen. Er wirkte fast abwesend, in letzter Zeit. Auch Sahra hatte Phasen, da war sie mit den Gedanken ganz wo anders. Vielleicht hatten wir ja Vollmond oder so etwas. Auf jeden Fall war meine letzte Schulstunde für den Tag zu Ende und ich machte mich auf den Weg zur Eishalle. Angst und Aufregung stritten immer noch, um den ersten Platz in meiner Gefühlswelt. Auf in den Kampf, war mein letzter Gedanke, bevor ich das Gebäude betrat.


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