Kapitel 7 - Nächtlicher Überfall

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Liyan hatte nie zuvor einen lebendigen Kentauren zu Gesicht bekommen, jedoch entsann er sich schaudernd zweier Lieder, in denen die grobschlächtigen Halbwesen zu Zeiten der Bundschliessung vorkamen. Der neugierige Elf umfasste seinen Bogen etwas fester und schlich sich noch ein wenig näher an die lärmenden Kreaturen heran. Erstaunlicherweise sprachen sie zwar in einem seltsamen Dialekt, doch zweifelsfrei gebrauchten sie die elfische Sprache.

Er zog sich noch weiter in den Schatten eines Beerengebüsches zurück, als einer der Beiden sich auf die Vorderhufe stemmte, um aufzustehen. Am Feuer sitzen gebliebener Kentaur blickte düster drein und seine Erscheinung unterstrich diesen unheimlichen Eindruck noch durch sein wildes und ungebändigtes, schwarzes Haar und seinen schwarzen Pferdeleib.

Der Kentaur, welcher sich erhoben hatte, besass einen braungebrannten, muskulösen Oberkörper, der unterhalb der Lenden in braunes, kurzes Fell überging. Seine blonden Haare hatte er zu einem festen Zopf am Oberkopf zusammengebunden und machte somit die mit Metall behangenen, spitz zulaufenden Ohren sichtbar. Als der Kentaur ein paar Schritte in seine Richtung machte erstarrte der Elf in seiner Deckung, die kleine Farbkanone dicht an sich gepresst. Doch das Wesen hievte lediglich einen überdimensionalen Eimer auf seine Schulter und nahm einen zweiten in die andere prankenähnliche Hand.

«Dann wollen wir doch mal sehen, ob wir euch nicht ein bisschen zähmen können», grollte der blonde Kentaur und lachte dröhnend.

Erst jetzt bemerkte Liyan, wie sich auf der gegenüberliegenden Seite des Lagers etwas regte und er vernahm einen Schrei, dem eines Falken gleich. Erstaunt riss er die Augen auf und beugte sich beinahe etwas zu weit nach vorne, um die Szene zu beobachten.

Greife! Es handelte sich um drei junge Greife!

«Wie, in Yale's Namen...» Das war unmöglich, in diesem Teil Kelondrias gab es keine Greife. Diese selten gesichtete Rasse verbarg sich im Liondra-Gebirge, dessen Ausläufe auf der anderen Flusseite des Limars begannen. Der Kentaur hielt einem der Greife auffordernd den Eimer entgegen und alle Aufmerksamkeit war auf dessen Reaktion gerichtet.

Der Greif, sein Brustgefieder wies erst den Hauch der blauen Färbung auf, beäugte den Inhalt des Eimers und zog sich wieder zurück. Er gab quäkende Laute von und schüttelte mehrmals den Kopf, der dem eines riesigen Adlers ähnelte, ganz so als wäre er in ein Gespräch vertieft.

Plötzlich drängte sich der Kleinste der Greife vor und pickte gierig etwas aus dem Eimer, das verdächtig nach Gedärmen eines Rehes aussah. Noch während der grössere Greif den Kleineren anschrie, würgte dieser das gesamte Stück hinunter und duckte sich ein wenig, jedoch nicht ohne ähnliche, auf bizarre Art meckernde Geräusche von sich zu geben.

Unwillkürlich musste Liyan grinsen, wenn er daran dachte, dass soeben eine Diskussion zwischen den Gebirgskönigen stattfinden musste und wie ähnlich ihr Verhalten doch den weiterentwickelten Wesen wie ihm waren.

«Unterentwickelt, » Erschrocken hob Liyan den Kopf und musste feststellen, dass der dritte Greif, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte ihn direkt fixierte. Seine Gefährten hatten ihren Disput schlagartig beendet und starrten ebenso interessiert herüber.

«Quais, wir haben Besuch!»

Innerhalb einer einzigen Sekunde konnte sich so viel ereignen. Je nachdem, was das Schicksal geplant hatte, konnten Kriege ausgelöst, Freundschaften zerstört, Herzen gebrochen, Hoffnungen erstickt werden. Oder aber, und jenes geschah viel zu selten, konnten Träume geboren werden, glorreiche Heldengeschichten beginnen, ein Bund für die Ewigkeit geschlossen werden oder man konnte schlichtweg ein wenig Glück haben.

In dieser Sekunde also geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Der Elf hatte die Farbkanonen vertauscht und musste somit erschüttert und halb ohnmächtig ob seiner Dummheit mitansehen, wie eine grün fluoreszierende Wolke gefolgt von einem Knall sich über ihren Köpfen ausbreitete.

Gleichzeitig hatten die Greife scheinbar beschlossen, den Moment zu nutzen, um die Flucht zu ergreifen, was jedoch der blonde Kentaur zu verhindern wusste indem er einen Fackelkreis um sie entzündete. Quais, der zweite Kentaur war in derselben Zeit bereits bei dem Elf angekommen und schlug ihm mit einer schweren Keule zu Boden.

Bevor der Elf sein Bewusstsein verlor, galt sein letzter Gedanke der Eiselfe und einer leisen Hoffnung, dass diese die Leuchtkugel nicht bemerkt hatte und nicht an diesen Ort komme würde.

Das Erste was Liyan spürte, als er langsam zu sich kam, waren lähmende Kopfschmerzen, gefolgt von einem starken Übelkeitsgefühl. Ein qualvolles Stöhnen entwich seinen Lippen, bevor er spürte wie ihm ein kühler, nasser Stoffstreifen auf die Stirn gelegt wurde. Erst jetzt bemerkte er, dass er schwankend transportiert wurde, was das Übelkeitsgefühl noch  .

«Shh, es wird alles gut! Bewegt Euch nicht, Elor Liyan. Ich werde Euch alles erklären, aber jetzt müsst Ihr stark sein und das noch ein wenig aushalten. Bitte!» Flehen lag in der Stimme der Elfe und er zwang sich, seine Augen zu öffnen.

Und bereute es im darauffolgenden Moment, da er sich zur Seite drehen wollte, um sich seines Mageninhaltes zu entledigen. Denn damit löste er das Seil, welches ihn auf dem Rücken des Greifen hielt. Wenigstens konnte er somit seine Kleider verschonen, dachte er bei sich, als er sich auf seinen Knien und über ein Gebüsch krümmend wiederfand.

«Ihr habt Glück, dass wir uns auf der Flucht befinden, sonst würde ich Euch jetzt gehörig auslachen. Rauf mit dir, wir müssen weiter.» Damit packte ihn der Kentaur und beförderte ihn wieder auf den Greif, der abwartend neben ihm stehen geblieben war und belustigt schnaubte.

«Dieses eine Mal, Elf. Das wird nicht zur Gewohnheit werden, ich bin KEIN Lastenpferd!» Damit setzte sich der Greif wieder schaukelnd in Bewegung und die Gruppe setzte ihren Weg fort.

Liyan verstand die Welt nicht mehr. Nachdem sich nun nichts mehr in seinem Magen befand, war seine Übelkeit wie weggeblasen, doch der Schmerz hinter seiner Stirn benebelte seine Sinne und verlangsamte selbst seine Denkfähigkeit, liess ihn wie in dichtem Nebel nichts klar erkennen und in Unwissenheit umherstraucheln.

Irgendwann wurden seine Gedanken so träge, dass er sie nicht mehr aufhalten konnte in eine dunkle Schwere abzudriften. Diesmal jedoch empfing ihn jedoch ein unruhiger Schlaf statt eine kräftezehrende Ohnmacht.

Lang, lang ist's her und trotzdem hoffe ich, dass euch dieses Kapitel gefallen hat. Gleich zwei neue Wesen! Vor was sie wohl auf der Flucht sind? Und sicher könnt ihr euch schon denken, dass sich die Elfe gut mit den anderen Wesen versteht. Zum Glück für dem armen Liyan ;P

Bis bald, gehabt euch Wohl meine Lieben!

     

         

     

@II

Das Schicksal der CandadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt