Kapitel 10 - Erster Feindkontakt

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Während die Kentauren damit beschäftigt waren die benötigten Fackeln zusammenzutragen, war Liyan auf der Suche nach dem Eingang zu dem unterirdischen Geheimgang. Er war angelegt worden, um Nahrungsmittel und sonstige Güter, der während der Zeit des Krieges von der Bevölkerung gebraucht wurden, unbemerkt von den Feindesaugen zu transportieren.

Im Kindesalter hatte er noch nicht viele Möglichkeiten gehabt, etwas zu kennzeichnen. Daher hatte er lediglich dafür gesorgt, dass auf einem der Eingangsfelsen nie wieder Moos wachsen würde, gut versteckt zwischen den grün und grau schimmernden Steinen, auf das beständig Wasser mit grosser Kraft herabprallte.

Auch wenn es schon eine Weile her war, da er das Zeichen hinterlassen hatte, fand er es bereits beim ersten Anlauf und er liess sich zufrieden auf besagtem Felsen nieder. Das einlullende Geräusch des Wasserfalls hinter ihm in den Ohren gab er sich einen Moment seinen Tagträumen hin. Nur ein paar Wochen zuvor hätte er sich nicht in seinen kühnsten Träumen ein Szenario wie jenes, in dem er jetzt steckte, ausdenken können. Was wohl noch alles auf ihrem Weg auf sie lauern würde?

«Elor Liyan! Sie haben entschieden, wir könnten die Zeremonie sofort abhalten.» Trotz des beständigen Rauschens hatte er keine Mühe die klare Stimme der hellhäutigen Elfe auszumachen.

Der Fürstensohn wollte gerade nicken, als Qais mit unglaublicher Lautstärke durch das Gebüsch auf sie zupreschte.

«Die Finte hat nicht funktioniert! Sie haben uns entdeckt!» Stirnrunzelnd suchte Liyan schnell den Waldrand ab, konnte aber den fehlenden Xumbur nicht ausmachen. Der blonde Kentaur, für einmal nicht grossspurig und aggressiv, bemerkte seinen Blick und antwortete, während er schnaufend zum Stehen kam.

«Er konnte den direkten Weg nicht nehmen, sonst hätten sie uns sofort entdeckt. Sie halten auf den Wasserfall zu. Wir müssen sofort von hier verschwinden!»

«Nehmt alles mit, wir dürfen keine Spuren hinterlassen. Dama Szouma, Ihr kennt den Eingang, geht vor, ich werde unsere restlichen Spuren verschwinden lassen und auf Xumbur warten. Los!»

Einen kurzen Augenblick sah er Protest in den eisblauen Augen, bevor es durch Verständnis ersetzt wurde und ein entschlossen Kopfnicken folgte.

«Ich werde Euch schneller wieder einholen, als Ihr auch nur drei Verwünschungen des Kentauren wiederholen könnt!» Seine Knie wurde seltsam weich, als sie sich umwandte, um hinter den Greifenkindern durch das Wasser zu waten, die beiden Elfenpferde fest am Zügel hinter sich herziehend. Sie drehte sich nicht einmal mehr um, als der Wasservorhang sie verschluckte.

Die Spuren längst beseitigt sass der Elf in der Baumkrone einer Eiche und musterte sorgenvoll die Umgebung. Mittlerweile konnte er bereits graue Rauchschwaden ausmachen, die schwankend in seine Richtung krochen.

Aber noch beängstigender war das Klirren der Rüstungsteile und das dumpfe Stampfen der bewaffneten Truppe.      

Plötzlich zerriss ein viel zu nah klingender Hornstoss die angespannte Atmosphäre und Liyan brauchte einen Moment und zu verstehen, was passiert war. Die Kolonne beschleunigte und grausige Geräusche, die er als Kriegsschreie ausmachte, drangen an sein Ohr. Doch statt weiter auf den See vor dem Wasserfall zuzuhalten, wälzten sie sich hügelaufwärts durch das Unterholz. Angestrengt versuchte er sich einen Überblick in der Dämmerung zu verschaffen, die langsam über ihnen hereinbrach.

Der Elf hätte zu gerne die Verfolgung aufgenommen, um herauszufinden, was den Kentauren umtrieb, doch die Sorge um seine Gefährten, die dadurch verraten werden könnten, liess ihn auf seinem Aussichtsplatz verharren.

Und noch etwas hielt ihn auf seinem luftigen Platz gefangen. Nie zuvor hatte er wirklich um sein Leben fürchten müssen. Oder um das Anderer. Und vor allem fühlte er sich auch verantwortlich für seine Gefährten und deren Sicherheit, was ihm beinahe lächerlich erschien, wenn er sich mit den starken Kentauren verglich.

Zum ersten Mal verstand er seinen Vater ein wenig besser, der mit all seiner Kraft erfolgreich ein ganzes Volk beschütze und die unzähligen Schlachten vielleicht mehr als nur ein Akt der Gewaltsverherrlichung sein mochten.

Mit Schaudern bemerkte er, wie ein Lebewesen sich immer näher in seine Richtung bewegte und schliesslich durch das Unterholz brach und am Ufer zum Stillstand kam. Xumbur erschrak, da der Waldelf ohne einen Laut vor im vom einem Aussichtsplatz herunterglitt. «Was ist geschehen?»

Ungeduldig mit den Vorderhufen scharrend brachte Xumbur eine schnaufende Antwort hervor. «Ich habe ein besonders hässliches Exemplar getötet, ein Reh mit seinem Blut bespritzt und es fortgejagt, damit es sie auf eine andere Fährte lockt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie herausführen, dass wir sie ordentlich an der Nase herumgeführt haben.»

Liyan nickte und bedeutete dem Kentaur ins kalte Seewasser zu steigen. «Wir dürfen keine Zeit verlieren, die Gefahr ist noch nicht vorüber.»

Ein Keuchen entfuhr Xumbur als er Liyan dabei beobachtete, wie er die Erde berührte und einige Worte murmelte, die Augen geschlossen gehalten. Die Natur antwortete ihm, indem sie in kleinen Böen die Spuren im Sand verwehte, Gras an plattgetrampelten Stellen spross und sogar an den Büschen durch den groben Kentaur abgebrochene Ästchen von frischen Zweigen überdeckt wurden.

Als Liyan den Wasserfall durchschritt, musste er sich nicht einmal umdrehen, um den Missmut des Pferdemenschen zu sehen. Sogleich glitt seine Hand in das lederne Beutelchen, das immer an seinem Gürtel baumelte und entnahm ihm einen handflächengrossen, ovalen Stein. Sobald seine Finger über die glatte Fläche strichen, begann er sachte zu leuchten und tauchte den Höhleneingang in warmes Licht.

«Du Schlange, wenn du doch zaubern kannst, wieso mussten wir uns in Lebensgefahr begeben und Fackeln sammeln, heh?» Drohend machte Xumbur einen Schritt auf Liyan zu, der ihm nur mit einem gleichmütigen Blick begegnete. Wütend schüttelte er den nassen Pferdeleib, um das Wasser aus dem dichten Fell heraus zu bekommen.

«Weil der Stein meine Lebensenergie, die ich bis jetzt gesammelt und in ihn eingespeichert habe, verbraucht. Das ist mein Seelenstein.» Ohne ein weiteres Wort ging der Elf an ihm vorbei und schickte sich an, dem vor ihnen liegenden Gang zu folgen.

Schnaufend folgte ihm der Kentaur, missmutig darüber, dass Liyan scheinbar keinen einzigen Tropfen abbekommen hatte, trotzdem sie gerade einen Wasserfall durchwatet hatten.

Derweil hatte Szouma mit den verbliebenen Gefährten ein Lager in einer geräumigen Höhle errichtet. Stundenlang waren sie einem stetig abwärts führenden Gang gefolgt und hatten irgendwann nebst dem Hufscharren und den kreischenden Kratzen der Greifenkrallen auf ein glucksendes Geräusch in der Ferne ausgemacht. Schliesslich mündete der Gang in einer hallenähnlichen, künstlich angelegten Höhle, die von einem unterirdischen Fluss geteilt wurde.

Voll von Sorge und des Schlafens nicht zuneigt, fand sich die Elfe als erste Wache wieder und beobachtete die schlafenden Greifenkinder, die sich zusammengerollt hatten, während die Fackel rotflackernde Wellen an die Steinwände malte. Das Herz wurde ihr schwer, als sie durch das unruhige Rauschen an die Schlachtgeräusche vor ewigen Zeiten erinnerte wurde und Bilder grausig zugerichteter Körper und rot getränkter Erde aus den hintersten Ecken ihres Gedächtnisses wieder ans Licht holte.

Blutige Wandschatten und mörderische Gurgelgeräusche liessen sie wach blieben und auf die Rückkehr der Beiden zurückgelassenen hoffen. Wenn sie doch nur nichts Waghalsiges angestellt hatten und bald hier auftauchten.

Ja, ich liebe Schachtelsätze üüüüber alles. So richtig was passiert ist noch immer nicht, aber die Stimmung wird düsterer, hrhr... Dann lasse ich mal schon werweissen, ob ihnen die Flucht gelungen ist, oder ob sie doch demnächst einem Kampf bevorstehen x)

Viel Spass beim Lesen und bis bald, eure JaneSeri<3

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 15, 2017 ⏰

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