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"Eine Mission? Was meinen sie damit? Werden sie uns alle jetzt zu James Bond Agenten ausbilden oder was? Ihr Ernst?" Zustimmendes Gemurmel setzte ein.

"Ich lebe nur noch, weil ich unbedingt James Bond sein wollte? Ja klar."

"Werden wir jetzt auch die Welt retten gehen?"

"Unbedingt, du Spasti."

Doch Ms Serbon setze sich über den Lärm hinweg. Sie breitete die Arme aus und es schien, als würder ihr ganzer, eigentlich recht zierlicher Körper, anschwellen. "Eine göttliche Fügung, meine lieben Freunde! Es ist die Gnade unseres Herrn! Er gab euch eine Chance, eine Chance eure Sünden zu bereuen!" Mittlerweile war es wieder ziemlich still. Die meisten Adepten starrten die wahnsinnige Frau schräg an. Ihr Gesicht strahlte in kindlicher Erregung. Als hätte ihr jemand einen Muffin in die Hand gedrückt.

Dr Smith schien die merksame Stimmung zu bemerken und räusperte sich lautstark. "Nunja, es göttliche Fügung zu nennen wäre minimal übertrieben. Eher...unglücklicher Zufall. Ich übernehme, Emily." Ms Serbons Körper schien wieder merklich zu schrumpfen und sie setzte sich wie ein geprügelter Hund auf einen Stuhl hinter Dr Smith. Sein Blick schweifte einmal wie ein Paar Scheinwerfer durch den Raum und fixierten für einen Moment Kates Augen. Ihr lief eine Gänsehaut über den Rücken. Sie mochte seine Augen nicht.

"Wie sie bereits wissen, seid ihr alle tot. Ihre Bekannten und Verwandten waren auf ihrer Beerdigung und haben bittere Tränen vergossen. Die Wenigsten von ihnen haben ihre 20er Jahre erreicht. Es ist..." Dr Smith atmete tief durch, als würde er jetzt etwas sagen müssen, was ihm von tiefsten Herzen widerstrebte. "Es ist eine Ungerechtigkeit. Eine Ungerechtigkeit von vielen auf dieser Welt, aber ihr wurdet bereits einmal ungerecht behandelt. Und musstet schon einmal schon bald darauf die irdische Welt verlassen." Kate fühlte sich nicht gut. Ein unwohliges Gefühl machte sich in ihrem Kopf breit. Neben ihr hob Helena zitternd die Hand. Auch sie sah ungewöhlich blass aus. "Es ist eine Ungerechtigkeit? Aber jeder stirbt doch früher oder später. Wer hat entschieden, das unser Tod ungerecht ist? Auf der Welt sterben täglich bestimmt tausende von Menschen." Kate fiel ein merkwürdiges Geräusch auf. Ein beständiges Klacken. Sie sah sich um und sah, wie Ms Serbon mit ihren rot lackierten Krallen auf ihre Stuhllehne trommelte. Dr Smith lockerte seine Krawatte und seufzte. "Gute Frage, Ms Thompson. Wir wissen es nicht genau. Momentan forschen wir no-" "Es ist der Barmherzige! Es ist unser Schöpfer! James, wage es nicht diese Tatsache zu verschweigen!" Emilys plötzliches Geschrei sorgte nur dafür, dass das Unwohlsein in Kates Kopf zunahm. Als hätte man eine schwere Decke aus Dunkelheit über sie ausgebreitet. "Wir forschen noch zu diesem Thema. Aber es hat euch auch nicht weiter zu interessieren. Das Einzige, was ihr wissen müsst, ist, das ihr alle eine Reinkarnation einer längst vergangen Persönlichkeit seid", teilte Dr Smith mit.

Explosionsartig setzten grausame Schmerzen in Kates Kopf ein. Sie presste die Augen zusammen und unterdrückte ein geqüaltes Stöhnen. Der Schmerz bohrte sich heimtückisch in Form von spitzen Nadeln durch ihre Schläfen in ihr Gehirn. Unterschwellig nahm sie einen schmerzerstickten Schrei wahr. Helena liefen die Tränen über das Gesicht und ihr Mund stand weit offen, mitten im Schrei erstarrt. In ihren trat der Ausdruck von purer Panik. Als wenn ihr eine grausige Spinne in den Mund gekrabbelt wäre. Nur tausend Mal schlimmer. Dann kippte Kate vom Stuhl.

Die Kirchenuhr läutete vier Mal. Entweder es war vier Uhr morgens oder nachmittgs. Kate wusste es nicht. Ihr Gefühl von Zeit war komplett einmal um 180 gedreht worden und anschließend kräftig geschüttelt worden. "Warum schläft sie so lange? Sie sollte doch schon lange wach sein! Was ist da los?" Dr Smith war schon zweimal da gewesen und hatte irgendeine arme Frau zur Schnecke gemacht. Doch Kate dachte nicht daran, ihre Augen zu öffnen. Ihre unmenschlichen Schmerzen waren in keinster Weise unerwartet. Allerdings nur für die Tutoren. Sie hatten gewusst, dass, wie Kate es bis jetzt mitgekriegt hatte, die Hälfte der Klasse umkippen würde. Sie würde jetzt nicht aufwachen, Fragen stellen und keine Antworten bekommen. Kate hatte entschlossen, das sie andere Seiten aufziehen musste. Kate hatte vor, die Tutoren zu belauschen. Die Frau antwortete eingeschüchter: "Naja...sie will einfach nicht aufwachen...i-ich weiß auch nicht wieso. Körperlich ist sie in bester Verfassung...eigentlich." Kate hörte Dr Smith fluchen. "Diese Dame ist die verdammte Anomalie in Person. Wenn sie nicht bald aufwacht, ist es zu spät. Dann können wir sie doch gleich zu den anderen missglückten Nullern in die Tonne schleifen." Das war Kates Stichwort, doch lieber aufzuwachen. Sie setzte sich auf und schenkte Dr Smith ein schiefes Lächeln. Seine Nasenflügel blähten sich und er starrte auf einen Punkt knapp über Kates Nasenspitze. Dann wirbelte er schnaubend herum und das Letzte, was sie von ihm sah, war ein wehender weißer Umhang. Die Frau neben Kate schmunzelte amüsiert und löcherte sie über ihre Verfassung. Währendessen ließ Kate ihre Augen schweifen und analysierte den Raum. Nichts weiter, als ein geräumiger Krankensaal mit großen Betten in denen verwirrte Adepten saßen. "Hey! Katie! Hier drüben", zischte jemand. Sie wandte den Kopf und sah Helena an. Sie sah nicht so gesund aus. Leicht ergraute Haut, dunkele Augenringe und eine schlappe Körperhaltung. Und trotzdem lächelte sie. "Wie geht's, Katie? Zum Glück siehst du nicht so erschlagen aus wie ich. Dr Smiths Offenbarung hat mich wortwörtlich umgehauen", witzelte sie und lachte leise. Kate und Helena unterhielten sich weiterhin flüsternd, um die angenheme Ruhe im Raum nicht zu stören.

Gute zehn Minuten später stieß eine pompöse Gastalt die Tür auf. Die muskulösen Beine steckten in einer schwarzen Hose, der muskulöse Oberkörper in einem dunkelgrünen Strickpulli und die zweifellos muskulösen Füße steckten in schwarzen Lederstiefeln. Die Arme waren vor der Brust verschränkt. Die dunkle Haut war vernarbt. Dass das eine Frau war, erkannte sie erst, als Kate in ein kräftig geschminktes Gesicht sah. Upsi, dachte sie sich. Die Frau begann mit einer harschen Stimme zu reden. "Ihr seid, wie es mir scheint, die neuen Adepten. Willkommen im Institut, ihr erbärmlichen Würmer."


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