> Part 31

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"Komm schon, versuch es wenigstens", forderte Justin mich am Nachmittag auf, als ich mit einem riesigen, orangenen Ball unschlüssig vor dem Baskettballkorb stand. Er war nach der Schule vorbei gekommen und schlug vor, dass wir Baskettballspielen gehen konnten, da das Wetter so schön war. Zwar war ich echt überrascht, aber ich freute mich, dass er an mich dachte und vorbeikam.

Ich hob die Arme, versuchte mit den Ball direkt auf den Korb zu zielen und warf dann so gerade wie möglich hoch. Und wie nicht anders zu erwarten, ging es knapp daneben.

"Siehst du, ich kann das nicht", jammerte ich und sammelte den Ball wieder ein.

"Red' keinen Mist, mit ein bisschen Übung wird aus dir noch ein Baskettballprofi. Wirst schon sehen", meinte Justin grinsend.

"Im nächsten Leben vielleicht."

"Ich zeig's dir nochmal, okay?" Justin stellte sich hintermir, legte die Hände auf meine Arme und richtete meine Hände, die den Ball umklammerten, auf den Korb.

"So und jetzt musst ganz lässig ausholen - nicht verkrampfen, dann geht's daneben - und geradewegs in den Korb zielen." Er ließ mich los und ich versuchte erneut mein Glück - vergeblich.

"Ich versuch's nochmal", sagte ich, bevor er was sagen konnte.

"Ist dir nicht zu heiß? Ich meine die Sonne scheint direkt auf uns und du hast einen dicken Pulli an."

Mir wurde tatsächlich ein wenig heiß. "Geht schon irgendwie", sagte ich und nahm den Ball, zielte so locker wie möglich auf den Korb und warf den Ball von mir weg. Und endlich - nach tausenden Versuchen - landete er, wenn auch nur knapp, im Korb.

Strahelnd drehte ich mich zu Justin um. "Der Baskettballprofi hat das erste Mal getroffen", sagte ich stolz.

"Bin stolz auf dich", erwiderte Justin lachend. "Willst du's nochmal versuchen?"

Ich nickte, griff nach dem Ball und versuchte die selben Bewegungen zumachen wie gerade. Der Ball landete wieder im Korb.

"Wenn du's drei mal hintereinander schaffst, lad ich dich auf ein Eis ein", meinte er und deutete auffordernd zum Korb.

"Das is' nicht nötig, ehrlich", wollte ich erwidern, aber er winkte nur ab.

"Ladies und Gentlemans: Hier ist die beste Baskettballspielerin der Welt! Ein anerkannter Profi! Sie wird uns jetzt mit ihrem Talent beehren! Also sehet und staunet!", rief Justin überlaut, als wären wir nicht die Einzigen auf dem Basketballfeld.

"Machst du dich gerade über mich lustig?", fragte ich gespielt beleidigt, musste dann aber doch lachen.

"Ich meine das vollkommen ernst", gab er ernst zurück, ohne eine Miene zu verziehen.

"Natürlich." Wieder zielte ich mit den Ball auf den Korb und er ging tatsächlich rein, genauso wie der Zweite. Nur der Dritte ging daneben.

"Leute, Leute, dass ich das noch miterleben darf! Aria Benson hat ihr Ziel verfehlt. Das muss eine bittere Überraschung für Sie sein, oder, Aria? Das hat die Welt ja noch nie gesehen!", rief Justin.

"Ich muss sagen, ich weiß auch nicht, wie mir das passieren konnte. Ich bin enttäuscht über mich selber, das kann ich Ihnen versichern", antwortete ich, in der selben sarkastischen Stimme wie Justin.

"Tja, vielleicht hilft ja ein Eis über die Niederlage hinweg", meinte er schließlich, hob den Ball auf und wandt sich zum Ausgangstor hin. "Kommst du?"

"Ich hab nur zweimal getroffen, du sagtest ich müsse es dreimal schaffen", sagte ich.

"Naja, vielleicht war dreimal ein wenig viel verlangt", überlegte er und ich versetzte ihm einen Schlag auf den Rücken.

"Idiot", lachte ich und folgte ihm.

***

"Tja, und dann ist sie abgehauen", beendete Justin seine Erzählung. Wir saßen draußen an der Eisdiele, er ein Schokoladeneis und ich ein Erdbeerbecher vor mir auf dem runden Tisch und er hatte mir gerade erzählt, wie 'seine' Blondine die Flucht vor ihm ergriffen hatte.

"Okay, nur damit ich das richtig verstehe: Ihr hattet ein Date. Und alles lief gut, aber dann hast du's versaut, indem du ihr vorgeschwärmt hast, wie toll deine Ex war?", fragte ich fassungslos.

"Das meinte ich doch nicht so! Aber wenn sie so empfindlich ist und dann sofort abhaut." Er schob sich nachdenklich einen Löffel Eis in den Mund.

"Das hat nichts mit Empfindlichkeit zu tun. Kein Mädchen hört es gerne, wenn ihr Date von seiner Ex schwärmt. Sie hat sich bestimmt irgendwie ... wie ein Lückenbüßer oder eine Ablenkung gefühlt", versuchte ich ihm zu erklären.

"Naja, meine Ex war schon ziemlich heiß und so, aber es ist vorbei. Riley ist mein neues Kapitel", meinte er.

"Dein neues Kapitel?", fragte ich amüsiert. "Bei welchem bist du denn?"

"Ach, irgendwann hab aufgehört darauf zu achten, so spannend ist das Buch", erwiderte er und schaute mich an. "Hast du 'ne Ahnung, was ich jetzt machen könnte? Ich mein, um mich zu entschuldigen. Bei Riley."

Riley hieß übrigens die Blondine. "Hm", überlegte ich. "Kauf ihr Schmuck oder so. Ich finde, sie sieht aus, als würde sie sich über Schmuck freuen."

Justin runzelte die Stirn. "Ich glaube, dass ist irgendwie zu heftig. Worüber würdest du dich denn freuen?"

Wieder überlegte ich. Wenn ich nicht die Aria wäre, in die sich kein Junge verlieben kann und es jemanden gäbe, der mir was schenken würde - was würde ich mir dann wünschen?

"Ich glaube, ich würde mir wünschen, dass er mir sagt, was ich ihm bedeute. Dass er mir seine Gefühle zeigt. Oder so", sagte ich und schob mir eine Erdbeere in den Mund.

"Klingt so, als hätte das noch keiner getan", es war mehr eine Frage, als eine Festellung.

Ich lächelte müde. "Nicht wirklich, nein."

Er muss gemerkt haben, dass ich irgendwie traurig wurde, denn er lächelte mich an und sagte dann: "Gut, dann sag ich es dir jetzt: Du bist für mich echt eine Freundin geworden. Wir kennen uns erst seit paar Tagen, aber ich hab das Gefühl, dass zwischen uns eine tolle Freundschaft entstehen könnte. Und du bist mir schon jetzt total wichtig und das hab ich dir jetzt gesagt, weil du es dir gewünscht hast und du nicht mehr traurig sein sollst." Justin lachte verlegen, wahrscheinlich fiel es ihm schwer so emotional zu werden, aber damit hat er mich echt total glücklich gemacht - auch wenn ich es überhaupt nicht erwartet hätte, dass er uns so sieht und er nicht will, dass ich traurig bin.

"Weißt du was? Das 'Idiot' von vorhin nehme ich zurück", sagte ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte sagen sollen.

"Ich sehe das mal als ein Danke", grinste er.

"So war es auch gemeint", erwiderte ich. Ich löffelte den Rest Eis aus, welches schon fast geschmolzen war, und als ich zufällig zur Tür blickte, ließ ich vor Schreck fast meinen Löffel fallen.

Damian stand da mit ein paar Jungs, die ich nicht kannte und schaute in genau dem Augenblick zu uns, als ich ihn bemerkte. Ich konnte keinerlei Emotionen aus seinem Gesicht entnehmen, als er erst mich anschaute und sein Blick dann zu Justin wanderte, bevor er sich wieder zu seinen Freunden drehte.

"Habt ihr immer noch Streit?", fragte Justin, der meinen Blick gefolgt war.

"Ehrlich gesagt: ich weiß es nicht."

Our Little SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt