"Auf dem Buchcover ein Augenpaar, in dem mühelos der Blick der Mona Lisa erkennbar ist, auch ohne das Lächeln. Fesselnd vom ersten Blick bis zum letzten Wort." ~ Mirror ONLINE
"Anklicken, lesen, staunen: Diese Geschichte von Mut und Tapferkeit forde...
Vor Beginn dieses Kapitels sei eines vorweggenommen: Vielen Menschen ist nicht bekannt, wie sich die Tiergesellschaft verhält, wenn sie sich unbeobachtet fühlt. Aufgrund dessen kann dieser Abschnitt des Buches etwas verwirren. Es ist daher zu empfehlen, zunächst Fachliteratur wie "Die Abenteuer von Marlene und Timmy der Ziege" (Kathrin Balzer), "Wenn die Ziege schwimmen lernt" (Nele Most, Pieter Kunstreich) oder auch "Zick die Ziege" (Axel Scheffler) zurate zu ziehen, in denen deutlich wird, dass Ziegen ziemlich harte Ficker sind. Alternativ könnte man natürlich auch Goat Simulator spielen.
Es begann vor sieben Jahren an einem Ostersonntag, als ich noch ein kleiner, unschuldiger und unbefleckter Günther war. In einer Familie mit sechs Kindern hat man es bekanntermaßen nicht immer leicht, doch mich traf es am schlimmsten: ich habe fünf jüngere Geschwister. Mein jüngster Bruder wollte an jenem Ostersonntag unbedingt die Ostereier verstecken und nach einigem Gemecker erlaubte es ihm unsere Mutter. Er solle nur darauf Acht geben, dass die anderen Zicklein es nicht sähen.
Also rief der freche Gerhard seinen genauso dreisten Zwillingsbruder Gustaf zum Eierbemalen. Die beiden hatten sich schon immer einen Spaß daraus gemacht, mich zu ärgern, aber nun übertrieben sie es. Sie fesselten und knebelten mich im Schlaf an meinen Hufen, zerrten mich in einen Busch und begannen, meine Eier zu bemalen. Ich musste die halbe Nacht dort verbringen und als wäre das noch nicht schlimm genug, wurde ich von Giselas schrillem Schrei geweckt: "Hey, Gina, Gustaf, Gerhard, Gertraud, kommt mal her, ich habe die Eier gefunden!" Sie sah mich an, meckerte boshaft, kramte ihr Taschenmesser aus ihrem Ziegenbeutel und schnitt mir die Eier ab. So zumindest habe ich es in Erinnerung, denn von dem Schmerz wurde ich ohnmächtig.
Das nächste Mal erwachte ich zur Mittagszeit. Man hatte mir etwas vom Osterbraten übrig gelassen, der köstlich schmeckte. Ich setzte mich unter Schmerzen zu den anderen an den Tisch. Meine Mutter war eine ausgezeichnete Köchin. Sie machte Pasteten aus allem, sogar ihre Kohlrabi-Zwiebelpastete schmeckte mir, obwohl ich Zwiebeln eigentlich nicht mochte.
Wie immer bei einem Familienessen, ging es auch heute gesprächig und laut zu, doch dass einzige, was mich interessierte, war der Verbleib meiner Hoden. Mit dieser Frage unterbrach ich also auf rüde Art das Tischgespräch. Meine Geschwister kicherten und ich fuhr sie gerade an, was es denn da zu Lachen gäbe, als meine Mutter stumm auf den Braten deutete. Ich verschluckte mich und wollte erbrechen, aber das Fleisch, mein Fleisch, schmeckte zu gut, um es wieder hochwürgen zu können. Wie man es mit rohen Eiern eben so tat, hatten sie sie zubereitet.
Von nun an wurde zu jedem festlichen Anlass im Ziegendorf ein Bock kastriert. Bis Weihnachten hatte sich herumgesprochen, das meine Mutter eine Spezialität zubereitete. Jeder wollte das Festessen mit uns teilen, und wir Goats wären nicht wir Goats, wenn wir uns das nicht zunutze machen würden. Meine Eltern eröffneten ein Restaurant und tischten die Abfälle menschenstädtischer Tierärzte auf, zu denen viele Besitzer ihre Tiere brachten, um sie kastrieren zu lassen.
Das einzige Problem war, dass viele eine Abneigung dagegen verspürten, Ziegenhoden zu essen, da es ja auch ihre eigenen sein konnten. Also begann meine Familie, nachts Eier von Menschenkindern zu stehlen. Die dummen Besitzer suchten ewig nach dem pedophilen Kinderschänder, der seine Opfer kastrierte, doch fanden ihn - logischerweise- nie.
Die Hoden zu besorgen war ein wahnwitziges Unterfangen, aber irgendwann hatten sie den Dreh raus und das neue Geschäftskonzept kam gut an. Sie boten frisch gekochte Eier an, mit selbst wählbarer Soße. Die klassische Senf-und-Ketchup-Variante war sehr beliebt, jedoch standen auch Cock-tail-soße und Knoblauchsoße zur Auswahl. Es gab Eierkuchen, Brateier und Königseier-Klopse, Filets, Pastete, Schnitzel und Eiergrütze, ja sogar Wurst.
Mutter kochte, meine Schwestern servierten, ich durfte natürlich nur die Teller abwaschen, mein Vater managte und meine Brüder sorgten für die Internetpräsenz des Ladens. Innerhalb weniger Tage schafften sie es, dass auf Goatube ein Clip von mir Viral ging, wie ich einen Huf ins heiße Öl der Fritteuse tunkte. Es tat verdammt weh. Ihr fragt euch, warum man so etwas Bescheuertes tut? Klicks.
Gerade die Kinder konnten nicht genug bekommen von diesem neuen Junkfood-Trend und sie verlangten nach immer mehr Variationen. Gierig, wie meine Eltern waren, suchten sie nach billigeren Varianten, die Leckerei zu produzieren und nach Methoden, das Produkt zu promoten. Als der Tag des Ziegenjahrmarkts kam, ließen sie sich auch diese Gelegenheit nicht entgehen. Mit zahlreichen Spielen machten sie auf sich aufmerksam, doch "Catch'n'yummy" war das Highlight des Festes. Bei diesem Spiel bei befanden sich mehrere Menschenkinder gefesselt in einem Maislabyrinth.
Die Regeln? Wer es schaffte, hineinzugehen, sich nicht vom leckeren Mais ablenken zu lassen, mit Eiern wieder herauszukommen und diese in weniger als 10 Minuten zuzubereiten, gewann einen kostenlosen Eiersalat im Goatimbiss. Am Ende des Tages wurde der Champion gekürt.
Max Wilson, ein alter Bock mit schwarzem Fell und Erzfeind meines Vaters, gewann den Hauptpreis: ein Jahresticket für kostenlose alkoholfreie Getränke (wie zum Beispiel Colei, Fantei, Spreite und Eiersaft. Mein Dad war gar nicht glücklich über die Entscheidung der Jury (meine Mutter und Gisela), da er von nun an regelmäßig freundlich zum alten Max sein musste. Dennoch hatte er den Preis verdient. Sein Eiercurry schmeckte so gut, dass sie es in die Speisekarte aufnehmen wollten.
Weil unser Imbiss so gut bei den Ziegen ankam, beschlossen wir unser Geschäft auf den Menschenmarkt auszudehnen. Ein Eiergroßhandel sollte entstehen, doch sieben Ziegen allein gelingt dies natürlich nicht. Wir brauchten Hilfe, das stand fest, doch ich war nicht damit einverstanden, als sich meine Eltern an die Argentinier wandten. Eine bessere Lösung wollte mir jedoch nicht einfallen.
Die einzigen Tiere die Erfahrung damit hatten, Produkte weltweit in Menschenläden einzuschleusen, waren unsere entfernten argentinischen Verwandten. Im Business nannte man sie nur "La Familia Grande". Diese organisierte Rindfleischmafia war es auch, die meiner Familie illegale Plätze in einem Fleischwarentransportflugzeug nach Südamerika organisierten. Sie ließen mich zurück, weil sie sich für mich schämten. Mein Vater machte mir damals klar, dass ich das Eierimperium nicht erben würde. Er wollte es meinen beiden jüngeren Brüdern vermachen, da diese noch die Möglichkeit hatten, es an ihre Kinder weiterzugeben.
Wo sich meine Eltern und Geschwister heute aufhalten, kann ich nicht sagen. Vermutlich in Brasilien: die Menschen dort sollen riesige Eier haben und sind vermutlich eine leichte Beute, da sie lieber mit Ziegen und Schafen das Bett teilten, als mit einer ihrer Frauen... hab ich zumindest gehört.
Später verließ ich das Dorf, da ich dort von jedem entweder ausgelacht oder mitleidig angesehen wurde. Ich galoppierte weit in den Norden, ernährte mich von Gras und Wasser (*würg*) und einige Jahre später traf ich auf die erste Person in meinem Leben, die mich je geliebt hatte.
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