8 ~ TONIGHT LOOKS LIKE A COLD ONE

346 21 2
                                    

Nach langem Überlegen wählte Shizuo Chiaki's Nummer erneut. Es piepte einmal, dann ertönte eine monotone Frauenstimme: "Kein Anschluss unter dieser Nummer." Noch ein leises Piepen und der Anruf wurde unerwidert beendet.

"Was zur Hölle?", zischte Shizuo misstrauisch. Die ganze Sache mit Chiaki kam ihm immer merkwürdiger vor. Irgendetwas musste ihr zugestoßen sein, doch wie fand er heraus was, und wie konnte er ihr helfen?

Er ließ von dem Klingelschild ab und bemerkte erst jetzt die sich ein paar Meter von ihm entfernte, hinter einem Zigarettenautomaten versteckende Person, welche Anstalten machte weg zu humpeln, als Shizuo sie erblickte.

Das auffällig orangefarbene T-Shirt seines Beobachters kam ihn bekannt vor, fast als hätte er es heute schon einmal gesehen, doch er konnte sich nicht genau erinnern wann und wo.

Sich daran erinnern zu versuchend blieb Shizuo einige Meter vor dem Automaten stehen und nahm nur noch ein leises Zischen war, bevor der Mann im orangen Oberteil verschwand.

Die einzigen Worte, welche der Blonde jedoch verstand waren 'Schwester umgebracht' und 'Rache' und obwohl es für ihn keinen Sinn ergab machte er sich Gedanken darüber, als er sich auf den Weg zu seiner Wohnung machte.


Mit einem kräftigen Schwung flog die Dachtür des Hochhauses auf.

Der helle Vollmond warf kaltes Licht auf das Gesicht der Person, welche nun aus der Tür trat und die Augen schloss, als ihm der kalte Nachtwind entgegen wehte, an seiner Kleidung riss und ihm in die Haut stach.

Ein lauter Knall, der ins Schloss fallenden Tür ließ ihn schlagartig wieder die Augen öffnen.

Zögerlich näherte er sich dem Rand des Gebäudes, sich ausmalend sich hinab in die Tiefe zu stürzen, das Geräusch des dumpfen Aufpralls in den Ohren, ebenso die Schreie der wenigen Menschen, welche so spät noch durch die Straßen dieses wenig belebten Stadtviertels zogen, um endlich nach Hause und in ihr Bett zu kommen.

Dann fragte er sich, warum er diese Option überhaupt in Erwägung zog, was er mit dieser Aktion erreichen wollen würde, was es ihm bringen würde.

Sein Herz füllte sich mit Einsamkeit und zum ersten Mal seit Jahren ließ er es zu, dass auch diese mörderische Sehnsucht in sein Bewusstsein drang, ließ ihr freien Lauf.

Es schnürte ihm die Kehle zu, seine Brust bebte und drohte jeden Moment zu explodieren.

Dieses ekelhafte Gefühl, welches man kurz vor der ersten Träne verspürt breitete sich in seinem Hals aus und kämpfte sich immer weiter nach oben, bis es sich nicht mehr unterdrücken ließ und die Tränen einfach so aus ihm heraus brachen.

Kraftlos stürzte er sich auf seine Knie, vergrub seine vor Schock aufgerissenen Augen in seinen Händen, in dem Versuch so endlich die Tränen stoppen zu können, und schrie. So laut und so lange, bis seine Stimmbänder nicht mehr konnten, zog sich an den Haaren, schlug auf den Boden.

Und dann wurde ihm klar, warum er das tat.

"Genau so sehr wie du ihn liebst, liebt auch er dich!"

Ihre Worte verbissen sich in sein Herz, zerfleischten es und all dieser Schmerz, welcher sich über all diese Jahre angestaut hatte strömte nun durch seinen ganzen Körper und für ein paar Sekunden war er tatsächlich kurz davor einfach zu springen.

Doch irgendetwas hielt ihn zurück, irgendetwas fesselte ihn so sehr an dieses Welt, dass er einfach noch nicht gehen konnte, doch immer noch wollte er sich nicht eingestehen was.

Er wartete.

Letztlich wusste er nicht wie lang, es hätten Stunden, aber auch nur Minuten sein können, er wartete darauf, dass ihm die Tränen aus gingen.

The TruthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt