》Kapitel 26《

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Ich flocht mir wieder zu holländische Zöpfe und zog einen enganliegenden, schwarzen, schlichten Pullover an. Dazu trug ich eine Highwaisted-Jeans. Ich tuschte mir sogar meine Wimpern etwas.

Pünktlich um 14 Uhr, gerade band ich den Schal von ihm um, klingelte es an der Tür. Ich schnappte mir meine schwarze Umhängetasche und öffnete Jonathan. Ich umarmte ihn und war doch ziemlich verwundert, als ich nicht eine muskulöse Brust spürte, sondern ein Paar Brüste spürte.

Verwirrt sah ich zu der Person hoch und nahm etwas Abstand. "Wer bist du?", fragte ich sie, obwohl ich die Antwort schon längst kannte. Es war Cadence. Eine der beliebtesten Schülerinnen der Schule. Aber was machte sie hier?

"Ich denke, dass weißt du ganz genau. Also, würdest du mich bitte entschuldigen? Ich würde gerne zu deinem Bruder", gab sie zuckersüß von sich und schob mich unsanft zur Seite.

Ich stöhnte empört auf und sah ihr nach (nicht, weil sie gut aussah, sondern nur um meiner Empörtheit weiteren Eindruck zu schenken.).

Ich hörte wie ein Auto über die vielen kleinen Kieselsteinen in die Einfahrt fuhr.

Lächelnd drehte ich mich zu dem Auto, schloss die Tür hinter mir und setzte mich ins Auto.

"Guten Tag, Beauty", Jonathan grinste mich an. Meine Tasche stellte ich zwischen meinen Beinen in den Fußraum ab (mittlerweile hatte ich es aufgegeben, ihm diesen Spitznamen auszureden).

Ich erwiderte sein Grinsen (in seiner Gegenwart war ich irgendwie viel glücklicher.) und breitete meine Arme zu einer Umarmung aus.

Er kam mir näher, doch anstatt die gewünschte Umarmung zu bekommen, küsste er mich federleicht auf die Wange.

Ich wendete meinen Kopf verlegen ab.

"Guten Tag, Sir", erwiderte ich etwas später.

Er fuhr los in Richtung Stadt.

Die ganze Fahrt über schwiegen wir. Aber es war nicht eine der peinlichen Schweigeminuten, es war eine angenehme Stille. Ich lächelte.

Als wir angekommen waren, gingen wir nah beieinander zum Café und setzten uns in eine ruhige Couchecke.

Ich bestellte mir einen Früchtetee. Heiße Schokolade trank ich nur in Polen, denn dort schmeckte sie wie flüssige Schokolade. Hier, in Deutschland, schmeckte sie nach Wasser. Jonathan hingegen nahm einen Kaffee.

Er betrachtete mich, während wir auf unsere Bestellung warteten.

"Estelle?", fragte er, und wollte weitererzählen, doch wurde von der Kellnerin unterbrochen, welche gerade den Kaffee und den Tee auf den Tisch stellte. Wir bedankten uns.

"Ja?", antwortete ich Jonathan dann und sah ihn an.

"Ich habe dich in letzter Zeit beobachtet... Warum lachen deine Augen nicht auch, wenn du lachst?"

Ich sah weg. Wieso sprach er mich darauf an?

"Ich mag dich. Wirklich. Ich mag dich sehr. Ich mache mir Sorgen um dich. Möchtest du darüber sprechen?"
Jonathan sah mich an.

Kaum merkbar schüttelte ich mit meinem Kopf.

"Gut. Falls doch, ich bin immer für dich da. Egal ob morgens um drei oder nachmittags um fünf. Versprochen."

Ich nickte, sah ihn immer noch nicht an.

"Versprichst du mir was?"

Ich sah ihn an.

"Lügst du mich bitte niemals an?"

Ich starrte Jonathan an und dachte nach. "Versprochen", sagte ich und sah sofort wieder zur Seite.

"Wie geht es dir?"

Ich sagte nichts.

Jonathan packte sanft mein Kinn und drehte meinen Kopf zu sich, als würde er sicher gehen wollen, dass ich ihm auch zuhöre.

Nun sah er meine Tränen. Wie sie in meinen Augen glänzten. Er sah wie schwach ich eigentlich war. Wie kaputt.

"Estelle. Warum tust du dir das an? Bitte verliere nicht dich selbst. Jeder verliert mal Tränen. Glaube an dich. Sei ehrlich zu dir selbst. Schau in den Spiegel. Was siehst du? Manchmal ist es schwer, seinem Herz zu folgen. Man selbst zu sein. Nicht immer perfekt sein zu wollen. Man muss nicht immer funktionieren. Es ist okey nicht okey zu sein."

Er sah forschend in meine Augen. Sein Blick war so... sanft. So verletzlich. Als würde er jeden Schmerz, den ich spüre, auch spüren. Als wären wir verbunden.

Ich schlug seine Hand weg. "Geh. Lass mich in Ruhe. Lass mich allein. Das alles geht dich einen scheiß Dreck an", ich stand auf und sah ihn mit Tränen in den Augen an. Das ging mir zu weit. Ich wollte nie wieder jemanden so nah an mich ranlassen.

"Verschwinde aus meinem Leben."

Er sah mich an. Ich sah in seinen Augen, wie verletzt er war.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten, um nicht zu weinen, und stürmte aus dem Café.

Vampirflüstern [ abgeschlossen ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt