》Kapitel 6《 🦇

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Kapitel 6

Gestern Abend habe ich noch meinen Gedanken nachgehangen und bin dann schlafen gegangen.

Nun stehe ich vor meinem Ganzkörperspiegel und flechte mir zwei französische Zöpfe an die Kopfhaut.
Frühstück ließ ich heute ausfallen, ich hatte keinen Appetit.

Manchmal ließ ich Musik laufen, wenn ich mich fertig machte.

So auch heute.

Cassie und ich dachten uns manchmal Choreografien zu unseren Lieblingsliedern aus. Gerade lief Starships von Nicki Minaj an.

Ich war fertig mit meinen beiden Zöpfen, also fing ich an zu tanzen. Das machte mir richtig viel Spaß und ich vergaß alles um mich herum.

Ich fühlte mich frei.

Trotzalledem tanzte ich nicht vor anderen. Ich hasste es vor anderen als Cassie zu tanzen.

Dabei konnte ichs' vergleichsweise gut.

Ich tanzte am liebsten zu Elektromusik.

Ich kann meinen Körper nahezu perfekt kontrollieren.

Wenn ein Beat kommt zusammen zucken, erzittern oder erbeben. Sich roboterartig bewegen.

Das beherrschte ich.

Es ist... wie eine Gabe.

Also, so eine Körperbeherrschung zu besitzen.

Hilfreich ist dafür natürlich auch, dass ich sehr gelenkig bin. Als ich sechs war, habe ich mal voltigiert. Ich war genau 14 Jahre alt, als ich aufhörte.

Wegen ihm.

In acht Wochen, am 16. Dezember, war es genau drei Jahre her.

Zwei Tage vor meinem Geburtstag.

Ich spannte mich an und sah in den Spiegel.

Ich sah ein Mädchen mit leerem Blick.

Mit glanzlosen Augen.

Mit Kontaklinse.

Mit Narben an den Armen.

Ich zog meine Pulloverärmel weiter runter und packte dann meine Schultasche.

Heute hatten wir im Block Kunst, dann AWT und zum Schluss Mathe.

Ich schulterte meine Tasche und ging runter.

Zog meine Jacke an.

Zog meine Schuhe an.

Band meinen Schal um.

Setzte meine Mütze auf.

Ich betrachtete mich im Spiegel und musste durch den Schal unwillkürlich an ihn denken.

Ich blinzelte die Tränen weg.

"Jamie! Beweg deinen Arsch hierher! Ich habe keine Lust den Bus zu verpassen und zu spät zu kommen", murrte ich.

Naja, eigentlich wollte ich den Bus nur nicht verpassen, da ich wissen wollte wer mich anstarrt.
Aber das brauchte er ja nicht zu wissen.

"Ja-ha. Ich komme schon", sagte er gespielt genervt und kam auf einem Bein angehüpft, nur um sich den anderen Schuh anzuziehen.

Ich lachte als er hinfiel.

"Selbst Schuld, Jamie", grinste ich.

Er fluchte nur und zog sich den Schuh ordentlich an. Dann noch seine Jacke und seine Schultasche mitsamt den von mir abgeschriebenen Mathe Hausaufgaben.

Ich seufzte leise und ging mit ihm zusammen zum Bus.
Währenddessen stöpselte ich mir meine Kopfhörer rein und spielte Lindsey Stirling ab.

Dort angekommen warteten wir bis dieser kam und stiegen ein.

Ich war eine der Letzten als ich einstieg.

Kaum dass ich den Bus betrat, spürte ich wieder diesen Blick auf mir.

Ich ignoriere ihn.

Ich setzte mich an meinen Stammplatz in den ersten Reihen.
Morgens saß ich immer vorne, nachmittags hinten.

Keine Ahnung warum, aber es ist so.

Ich hörte gerade "Lost Girls" von (Oh Wunder) Lindsey Stirling.

Ich sah nach draußen in den Wald.

Der Blick blieb auf mich gerichtet.

Mit der Zeit wuchs die Neugierde, wer mich anstarrte, immer mehr.

Dann war die Neugierde größer als der Rat von Tilda.

Ich drehte mich um.

Suchte mit den Augen nach dem Jemand, welcher mich anstarrte.

Ich fand seine Augen.

Er drehte sich nicht einmal verlegen weg.

Ich sah direkt in diese.

Ich erstarrte.

Vampirflüstern [ abgeschlossen ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt