Kapitel 14 - Die Belagerung

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Tschuldigung, dass ich so lange weg war. :(

Hoffe dass ihr meine Geschichte trotzdem noch lest? Bitte...

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Ich erinnerte mich noch gut an den Tag unser ersten Begegnung. Eine Grausamkeit wie sie kaum schlimmer hätte sein können.

Der Himmel war blau, keine einzige Wolke zu sehen, und die Sonne schien, brutzelte uns und sog auch noch das letzte Schlückchen Wasser aus unseren Körpern.

Es war eine Qual auf der Straße zu sein, aber ich musste nach etwas essbarem suchen. Vielleicht in einem der Häuser, die leer standen, deren Bewohner niedergemetzelt, verdurstet oder verhungert waren.

Seit der Belagerung vor drei Monaten hatten wir keine neuen Lebensmittel mehr erhalten und die Menschen hungerten auf den Straßen, verreckten in den Gassen und erstickten an ihrem eigenen Erbrochenem.

Das Wasser in den Brunnen war ziemlich leer, das meiste vertrocknet, so gut wie nichts blieb mehr für uns übrig. Die Reichen lebten bodenständiger als sonst, aber dennoch viel besser als wir normalen Leute es uns jemals hätten vorstellen können. Und daher war es auch kein Wunder, dass es zu Aufständen in den Straßen kam, vor ihren Häusern, ihren Residenzen.

Wir hatten schon vorher Tag für Tag um unser Überleben kämpfen müssen, für uns war das nichts neues mehr.

Aber die Reichen, die die im Überfluss lebten, speißten und tranken, die hatten Probleme damit, hungrig ins Bett zu gehen und noch hungriger wieder aufzuwachen.

Natürlich dachten sie nicht einmal daran, dass es uns noch viel schlechter ging, dass wir jede unserer Bewegungen abschätzen mussten, denn Bewegung war Energie und Energie war Essen. Das wir leider nicht hatten.

Mein kleiner, tollpatschiger 6-jähriger Körper stolperte müde weiter, immer weiter, denn ich brauchte endlich etwas zu essen, wir brauchten es!

Ich war müde, sehr müde, wollte mich so gerne ausruhen, gleichzeitig aber so weit rennen, bis ich dieser glühenden Hitze entkam, diese unerträglich neutrale Sonne hinter mir ließ.

Wie konnte sie uns das nur antun? Warum tat Gott oder irgendjemand nichts dagegen? Merkte sie denn nicht unsere Verzweiflung, unser Leiden, unsere Qual?

Aber statt uns zu helfen hatte sie sich dem Bösen verschrieben, der dunklen Armee, half ihr uns auszutrocknen, machte uns schwach, unvorsichtig.

Es kam mir vor als wollte sie meinen Rücken verbrennen, ihn brandmarken, und dann einfach verbrannt in den Straßen liegen lassen.

Die meisten liefen wie ich durch die Straßen, Schlafwandelnde, halb Tote, die sich nur noch durch ihren Hunger und den brennenden, unglaublich trockenen Schmerz in ihren Kehlen auf den Beinen halten konnten.

Ich hatte mal von so etwas ähnlichem gehört. Zombies, so hatte mein Onkel sie genannt. Sie hatten immerzu hunger, schleiften sich durch die Gegend und aßen begierig und gewissenlos. Genauso wie wir.

Damals waren es bessere Zeiten gewesen, wir hatten noch Essen in unserem Haus gehabt und meiner Mutter ging es weniger schlecht.

Wenn nun jemand etwas zu Essen fand versteckte er es, wollte nicht dass Andere etwas davon mitbekamen, aß es heimlich und für sich. Es waren schon Leute für weniger umgebracht worden.

Jeder dachte nur an sich, die anderen könnten ja warten, man selber war wichtiger, einzigartiger, die Besonderheit, die Ausnahme.

Die Wahrheit aber war, dass wir alle gleich waren, gleich selbstsüchtig, gleich verzweifelt, gleich hungrig.

Die, die es nicht waren, die Selbstlosen, waren schon längst gestorben, denn sie behielten nicht mehr genug für sich, hatten zu viel weggegeben und bekamen selber nichts.

Nur wer sich zuerst um sich selbst kümmert kann überleben.

Man konnte die dunkle Armee hören, vor den Toren der Stadt, das Gemurmel dunkler Männerstimmen war ein ständiger Begleiter.

Wir wussten nicht, woher sie kamen, ihr einigstes Ziel schien die Zerstörung aller wichtigen und bedeutsamen Städte zu sein. Ihr Rüstungen waren schwarz wie die Nacht, wie ein riesiger Schwarm der Zerstörung, wie eine dunkle Gewitterwolke, undurchdringlich, unaufhaltsam.

Daher der Name.

Und wir hatten Angst, alle, die Alten, die Jungen, die Schwachen und die, die eigentlich stark hätten sein müssen.

Meine schmächtigen Schultern hingen herab, ich fühlte mich als würden sie fast auf den Boden schleifen, wenn ich mich nur noch ein winziges Stückchen weiter nach vorne beugen. In meinem Kopf war alles wie betäubt und trotzdem nahm ich mit einer unerträglichen Klarheit alles um mich herum wahr, als wäre es nicht mein Körper, als wäre ich nur ein unsichtbarer, unbeteiligter Zuschauer.

Ich war knapp zwei dreckige, verseuchte Straßen von unserem Haus entfernt, hier hatte ich alle Bewohner bei ihren Namen gekannt, konnte über jeden etwas sagen.

Jetzt jedoch waren die meisten von ihnen fort, in den Krieg gezogen, verreckt, weggeschmissen von unserem König wie ein benutztes Handtuch. Erniedrigend.

Und bei den meisten war keiner da, der sich an sie erinnern konnte, keiner der sich um ihre toten, nun mehr unnützen Körper kümmerte. Sie wurden einfach vergessen, gingen unter, denn es waren so viele. Sie wurden nicht mehr als Individuen angesehen, sondern nur als große, graue, verschwommene Masse ohne klare Gesichtszüge.

Die Sonne warf harte Schatten auf den Boden. Zwei Häuser vor mir, in einem Hauseingang, entdeckte ich eine Pfütze. Für diese Tageszeit war sie unnatürlich dunkel und tief. Das Wasser ist noch nicht verdunstet, dachte ich unbeteiligt. Aber ich wunderte mich nicht, dann war es eben so, ein glücklicher Zufall eben, nichts weiter, nichts besonderes. Ich war zu kraftlos, um über irgendetwas nachzudenken.

Ich ging näher, wollte durch die offene Tür ins Hausinnere sehen. Es war Lou Pearsons Haus, ihr Mann war vor etwa drei Monaten gefallen, sie lebte ganz alleine, kämpfte sich ohne jegliche Hilfe durch den Hunger. Ich hatte sie schon immer gemocht, ihre ruhige, mütterliche Art, die ich so bei meiner Mutter vermisst hatte. Bei ihr hatte ich immer die Liebe gefunden, die mir zu Hause verwehrt worden ist.

Früher gab sie mir immer Zuschüsse oder Essen, wenn es bei uns nicht so gut lief, aber nun hatte sie selber mit dem Hunger zu kämpfen.

Nur wer sich zuerst um sich selbst kümmert, kann überleben.

Doch dieses Mal umfing mich nicht der Geruch nach Stroh, alten Teppichen und kalten Backsteinen. Es roch anders, unvertraut, und ich hätte da schon merken müssen, dass da etwas nicht stimmte, aber ich war so kraftlos, so müde.

Ich schaute weiter um die Ecke, es sah aus als hätte jemand, vielleicht Lou?, einen ganzen Eimer von diesem komischen, rostigen Wasser verschüttet. Wieso macht sie so etwas?, schoss es mir anklagend durch den Kopf. Hat sie denn so im Überfluss gelebt? Wieso hatte sie dann nicht mir und meiner Mutter geholfen, wieso hatte sie uns allein...

Ich blieb geschockt stehen. Die Flüssigkeit, die ich vorhin noch für Wasser gehalten hatte, war Blut. Und in diesem Blut lag Lou Pearcon, alleine, den Kopf abgetrennt, ein kleines Messer in ihrer nun steifen, toten Hand.

Sie waren da.

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Okay, tut mir leid wenn dieses Kapitel vielleicht etwas langweilig war und sich hingezogen hat. Und auch, dass ich nichts mehr veröffentlicht seit... so genau weiß ich das selbst nicht mehr, jedenfalls einer sehr langen Zeit.

Ich bin selber nicht so ganz mit dem Kapitel zufrieden, weiß aber leider auch nicht, was mich stört... :(

Rückmeldungen vielleicht? Ein paar Votes zur Aufmunterung? Wie auch immer, danke, dass ihr mich noch nicht aufgegeben habt :)

Bis denne, AnnKathrinMller :**

Die Stadt des HassesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt