Kapitel 19 - Strategie

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Wenn das mal keine Überraschung ist, dann weiß ich auch nicht weiter. Aber war ja auch nicht anders zu erwarten. Kaum habe ich zwei Verräter und einen ihrer Boten bei der Übergabe geheimer Informationen entdeckt, tauch auch schon die ganze Armee auf. Kommt mir fast so vor, als wollten sie mich für den misslungenen Austausch zur Verantwortung ziehen. Was natürlich kompletter Schwachsinn ist, aber auch mein erster, anspruchsvollerer Gedanke.

Aber natürlich kann das ganze nichts weiter als reiner Zufall sein, denn woher hätte der Feind wissen sollen, dass wir nach Iskasa reisen und zwar genau auf dieser Strecke? Kurz denke ich, dass, wenn sie es geschafft haben schon zwei unserer Mitglieder umzudrehen, die es vielleicht auch mit anderen versucht und unsere gesamte Armee infiltriert haben, aber der Gedanke allein ist so absurd, dass ich ihn gleich von mir schiebe. oder es zumindest versuche.

Es hätte bestimmt Jahre gedauert!

Der Feind hatte genügend Zeit zur Vorbereitung.

Und wieso haben wir dann vor ca zwei Wochen gesiegt?

Man muss immer das Gesamtbild im Auge behalten. Was macht es schon eine Schlacht zu verlieren, wenn man dadurch einen ganzen Krieg gewinnen kann?

Dieser Gedanke setzte sich in meinem Kopf fest, denn es passte so perfekt zu dem, was ich über den Feind wusste und ihm zutrauen würde. War es wirklich die richtige Entscheidung, Tausende von Soldaten sterben zu lassen um Millionen von Bürgern zu schützen, zu versklaven?

Ich schüttelte mich, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Was war heute bloß los mit mir?

Normalerweise interessierten mich solche ethischen Fragen nur wenig, da ich wusste dass ich keine Antwort darauf finden würde. Es waren Fangfragen, gemacht um einen jahrelang zu beschäftigen, ein netter Zeitvertreib eben, aber nichts, womit sich ein Soldat befassen sollte.

Genau so unsinnig wie die Frage mit dem Huhn und dem Ei, bei deren Beantwortung ich und Kane uns immer Stunden lang stritten, sobald das Thema darauf gelenkt wurde. Ich persönlich war ja für das Ei, weil es sozusagen den Anfang des Lebens symbolisierte und das Huhn ja auch irgendwo her gekommen sein musste. Es kann ja nicht einfach da gewesen sein.

Oberst Kane argumentierte dann immer dagegen, dass das Ei schließlich auch einen Ursprung haben, also von einem Huhn stammen musste, wogegen ich dann immer behauptete, dass es dann auch einen Hahn geben musste und Kane bemerkte, dass aus meinem Ei auch entweder nur eine Henne oder nur ein Hahn kommen konnte und es so dann nicht weiter ginge, und so weiter.

Aber wieder zurück zum Thema, die Armee die vor uns lag, schien gar nichts Gutes zu bedeuten. Ich trieb meine Stute Jane an, damit ich nach vorn zu Oberbefehlshaber Kane und seiner Gefolgschaft aufschließen konnte. Ich müsste unbedingt wissen, womit ich in den nächsten Stunden zu rechnen hatte.

Einer Schlacht? Verhandlungen? Tatenlosigkeit, in deren Folge wir nachts Wache stehen mussten und kein Auge zu machen konnten? Oder vielleicht ein friedvolles Ausweichmanöver beider Armeen?

Ich persönlich hoffte ja auf letzteres, vermutete aber eher das Erste.

"...nahezu unmöglich es nicht zu tun.", hörte ich noch den letzten Satz von Kane's treuestem und eindeutig klügsten Berater.

"Nichts da! Ich werde nicht klein beigeben, nur weil ein paar Frischlinge schwächeln! Am besten schlagen wir in der Morgendämmerung zu. Dann können die Männer sich jetzt ausruhen und sind schon vor Tagesanbruch wieder fit. Ach, Storm." Er sah mich mit seinen unnachgiebigen, dunklen Augen an. "Was hältst du von meinem Vorschlag?" "Nun, um ehrlich zu sein bin ich mir nicht sicher, ob bei dieser Helligkeit und Hitze auch viele schlafen können. Die Sonne steht noch sehr hoch, und obwohl die Männer eindeutig sehr erschöpft sind..." Ich überlegte kurz, wie ich es am besten Vormulieren sollte, ohne einen strengen Blick einzuheimsen, weil ich Kanes Idee nicht so toll fand. "Tja, sie sind, würde ich sagen, nicht wirklich in der Stimmung für einen Kampf."

Die Stadt des HassesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt