Sonnenstrahlen durchbrachen das Glas und durchfluteten den Raum. Warmer Sommerwind wehte den süßlichen Geruch von Lavendelblüten durch das offene Fenster hindurch und Vogelgezwitscher ertönte von draußen. Elena Miller öffnete blinzelnd die Augen und schlug ihre Decke zurück. Sie richtete sich auf, sprang gut gelaunt aus dem Bett und atmete die frische, nach lang ersehntem Sommer riechende Luft ein. Endlich Ferien, dachte die 14- Jährige und auf ihren Lippen bildete sich ein Lächeln. Ein Vogel landete auf einem der Kirschbäume im Garten und stimmte sein Morgenlied an. Elena schloss die Flügel ihres Fensters und schlüpfte ins Bad, um sich frisch zu machen. Während sie sich eine kurze, helle Hose und ein luftiges, türkisfarbenes Top anzog warf sie einen Blick in den großen, silbern gerahmten Spiegel der vor ihr an der Wand hing. Ihr sah ein mittelgroßes, schlankes Mädchen entgegen, mit blonden Haaren, die ihr in Wellen über den Rücken fielen. Die hellen, grünen Augen, sowie die recht kleine Nase hatte sie von ihrer Mutter geerbt.
Nachdem sie sich noch etwas frisch gemacht hatte, lief sie die Treppe in den ersten Stock herab und kam in die Küche. Elena und ihre Mutter bewohnten gemeinsam ein gemütliches, zweistöckiges Haus mit Garten in der Lilienstraße am Rande der Stadt. „Mum?", rief sie aus. „Guten Morgen, Schatz!", ertönte die Antwort und kurz darauf tauchte Claire Miller in der Küche auf. Ihre Mutter trug eine hellbraune Lederjacke und aus ihrer lose zusammengebundenen Hochsteckfrisur hatten sich einige von ihren karamellfarbenen, schulterlangen Haaren gelöst, die jetzt ihr zierliches, herzförmiges Gesicht umrahmten.
Claire arbeitete als Immobilienmarklerin, war sehr viel unterwegs und kam oft erst spät nach Hause. Doch das machte Elena nichts aus, sie war es als Einzelkind gewöhnt, ab und an allein zu sein. In der Schulzeit waren oft Freunde bei ihr zu Besuch, so war ihr selten langweilig. „Ich muss heute eventuell länger als geplant arbeiten, weil mein Kollege krank geworden ist.", erklärte sie, während sie sich ein Brot machte. Elena horchte auf. „Du meinst Lucas? Der, der dich um ein Date gebeten hatte, genau dann, als du diese Grippe hattest?" Claire verrollte die Augen, denn sie wusste ganz genau, dass Elena ihre Mutter schon länger mit dem jungen Mann verkuppeln wollte. Lucas war nett und witzig, und ihr sehr sympathisch gewesen, als er einmal bei ihnen zu Abend gegessen hatte. Ihre Mutter war schon lange allein, und Elena sagte ihr immer wieder, dass sie aus Rücksicht zu ihr nicht darauf verzichten sollte, jemand Neues kennen zu lernen. Doch Claire kannte die Diskussionen, die sie schon länger führten, und winkte wie so oft nur lächelnd ab. „Ja, genau der. Also bis am Abend, Schatz." Claire drückte Elena einen Kuss auf die Stirn und ging zur Tür. „Tschüss!", rief Elena ihr nach, bis die Tür mit einem Klicken ins Schloss fiel. Das Mädchen holte sich aus dem Kühlschrank Traubensaft, machte sich einen Toast und ging damit hoch in ihr Zimmer. Obwohl sie ihre Mutter damit aufzog, war Elena froh über ihr ruhiges Leben zu zweit. Ihren Vater hatte sie nie kennen gelernt, da er Claire verlassen hatte, als sie mit Elena schwanger war und kurz darauf nach Kanada gezogen war. Anfangs fragte sie Claire noch über ihn aus, doch da es ihrer Mutter unangenehm war und sie immer weiter auswich, beließ sie es nach einer Zeit. Elena war das ehrlich gesagt auch herzlich egal, denn sie kam super mit der Situation zurecht. Klar gab es hin und wieder Mutter-Tochter-Streitereien wegen Meinungsverschiedenheiten, doch im Grunde hatte sie ein gutes Verhältnis zu Claire.
Nachdem sie fertig gefrühstückt hatte, räumte sie das Geschirr in die Küche und versorgte den Abwasch. Als das erledigt war, überlegte sie, was sie heute tun könnte. Es war die erste Ferienwoche des Sommers und zwei herrlich freie Monate lagen vor ihr. Ihre Freunde aus der Schule waren fast alle verreist. Da ihre Mutter die meiste Zeit, wo sie Ferien hatte, im Büro arbeiten musste und Papierkram sortierte, blieb Elena meistens hier in Österreich. Vor einem Jahr hatte ihre Mutter sie mit einer Reise nach Venedig, inklusive einem Wanderritt durch Italien, überrascht, damit mal beide vom Alltag loskamen. Doch nun, da Claire für jemanden einspringen musste, konnten sie nicht auf die Schnelle wegfahren, also musste Elena sich zu Hause beschäftigen.
DU LIEST GERADE
Die Prophezeiung von Avalon - Die Auserwählte
FantasyEin Land, bedroht von den Schatten. Eine mysteriöse Prophezeiung, die alles verändern wird. Ein Mädchen, das von der Göttin auserwählt wurde, um Avalon zu retten. Anfangs ahnt Elena noch nicht, was mit ihr geschieht, als sie sich plötzlich in einer...