Liebe

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Diese Geschichte ist für eine Person, die etwas völlig unerwartetes getan hat, über das viele Menschen nachdenken.

Nachdenken tue ich am liebsten am See.

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Liebe und Vertrauen

oder

Ein merkwürdiges Paar

Sie hat die Beine leicht angewinkelt und die Arme über die Knie gelegt.

Gedankenverloren schaut sie auf den See.

Eine leichte Gänsehaut überzieht ihre Arme, es ist mittlerweile kühl geworden.

Die Sonne ist fast hinter dem Horizont verschwunden, es ist nur noch ein schmaler, oranger Streifen zu sehen. Der Himmel ist komplett orange gefärbt, ein wunderschönes Naturschauspiel.

Er betrachtet sie und alles andere verblasst neben ihrer Schönheit. Er kann nicht fassen, dass er derjenige ist, mit dem sie Zeit verbringt. Dass er derjenige ist, dem sie sich anvertraut. Dass er derjenige ist, den sie küsst.

Er kennt sie besser als die meisten. Er weiß, wie sie für ihn empfindet.

Und er liebt sie mehr, als alles andere. Nie hat er jemanden oder etwas so sehr geliebt, wie er sie liebt. Nie wird er jemals wieder jemanden oder etwas so sehr lieben, wie er sie liebt. Er liebt sie mehr als sein Leben und das weiß er. Er würde alles für sie tun und das weiß sie.

Er sagt es ihr andauernd und sie glaubt ihm. Sie spürt, wie er sie ansieht. Sie weiß, dass er sie kennt. Es gibt sehr wenige Menschen, die sie wirklich kennen.

Und er liebt sie. Sie fragt sich Wieso? Sie glaubt nicht, dass sie liebenswert ist. Doch er liebt sie.

Gedankenverloren schaut sie auf den See.

Sie liebt diesen See, er beruhigt sie. Hier kann sie sich fallen lassen und in Ruhe nachdenken.

Sie spürt auch jetzt seinen Blick. Sie weiß nicht, was er denkt. Sie kennt ihn nicht. Doch schon, sie kennt ihn kaum. Viel zu sehr ist er damit beschäftigt, sie glücklich zu machen. Er kennt sie, weiß, wie sie sich verhält und was sie beschäftigt, doch sie kann ihn nicht einschätzen.

Er berührt sie an der Schulter. Sie zuckt zusammen und er zieht die Hand wieder weg.

Sie ärgert sich. Sie weiß doch, dass sie ihm vertrauen kann. Wann hört das endlich auf?

Er ärgert sich. Er weiß doch, wie sie sich immer erschreckt. Er will, dass sie ihm vertraut. Wann hört das endlich auf?

Beide wissen, warum sie sich immer noch so erschreckt. Beide wollen, dass es aufhört.

Sie hebt den Kopf, ihr Blick ist jetzt klar, nicht mehr, als sei sie, wie so oft, in ihrer eigenen Welt.

„Ich liebe dich nicht" Es ist eine Aussage, sie klingt neutral, weder fordernd, noch kalt.

Sie will ihn nicht verletzten und sie will ihn nicht verlieren, doch was gesagt werden muss, muss gesagt werden.

Und es ist wahr. Sie liebt, dass er alles für sie tut. Dass er dafür sorgt, dass sie sich wie die Schönste der Welt fühlt. Sie liebt, dass er sie liebt. Aber ihn liebt sie nicht.

Sie denkt, dass sie kalt und herzlos ist. Es tut ihr leid, aber es ist wahr.

So ist sie. Sie kann ihn nicht lieben. Und das bereitet ihr ein schlechtes Gewissen, doch sie kann nichts daran ändern. Sie fühlt sich schlecht, weil sie denkt, dass sie egoistisch ist.

Er sieht sie an, sein Blick bleibt neutral, er zeigt nicht ob er wütend, traurig oder verletzt ist.

„Ich weiß", ist alles, was er sagt.

Wieder schweigen sie.

Sie ist verwirrt. Damit hat sie nicht gerechnet. Es tut ihr leid.

Er hat die Wahrheit gesagt, schließlich kennt er sie. Er weiß, dass sie ihn nicht so lieben kann, wie er sie liebt.

Er weiß, dass das nicht daran liebt, dass sie kalt, herzlos oder egoistisch ist. Sie hat ihre Gründe. Und die einzigen Menschen, die diese kennen, sind die, die s miterlebt haben und er.

Denn ihm hat sie selbst das anvertraut. Was völlig untypisch für sie ist.

„Ich werde dich nie so lieben, wie du mich", setzt sie wieder an. Sie will eine Erklärung.

Er seufzt innerlich. Er weiß, dass sie sich wundert.

„Bist du gern bei mir?"

Sie wundert sich, antwortet jedoch mit: „Ja."

„Magst du mich?"

Wieder: „Ja."

„Vertraust du mir?"

Ihr Zögern ist fast nicht zu bemerken, doch ihm fällt es auf.

„Ja", meint sie schließlich.

„Das reicht mir", entgegnet er. Einfach so, ohne weitere Erklärung.

Warum?, will sie fragen, doch sie lässt es. Sie spürt, dass er das nicht näher erläutern möchte.

Und wieder versinken die beiden in Schweigen und hängen ihren eigenen Gedanken nach.

Ein merkwürdiges Paar.

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