Sommernächte

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Diese Geschichte ist für den Sommer, die Zeit im der ich am glücklichsten bin.

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Sommernächte

„Hey!", begrüßt mich Kira, als ich die Tür öffne, „kommst du?"

„Einen Moment", antworte ich, nachdem ich sie umarmt habe und angele mir meine Lieblings-Strickjacke von der Garderobe.

„Los geht's!"

Wir gehen zur Hauptstraße. Im Sommer, abends, wenn es dunkel wird und kaum noch Verkehr ist, treffen sich hier die Kinder der Nachbarschaft. Wenn die drückende Hitze der angenehmen Abendluft Platz machte, von irgendwo der Duft eines Grills herüberweht und es ruhig wird, dann wird dieser Ort lebendig. Das halbe Neubaugebiet ist da, jeden Abend. Es ist der Ideale Ort, um sich zu treffen und auszutauschen.

Kira und ich waren den ganzen Tag am Badesee. Wir sind nur nach Hause gegangen, um zu duschen und uns umzuziehen. Da sie nur eine Straße weiter wohnt, treffen wir uns in den Sommerferien wie alle anderen Nachbarskinder und -jugendlichen fast jeden Abend hier.

Es war merkwürdig, trotz der vielen Gespräche und Menschen hier, ist das ganze zu dieser Uhrzeit von einer ruhigen Atmosphäre umgeben. Die kleinen Kinder spielen, aber die meisten sitzten nur auf dem Boden oder Bordstein und unterhalten sich.

Von fünf bis neunzehn ist jedes Alter vertreten, die Eltern wissen, dass ihre Kinder in Sicherheit sind. In den Ferien ist zu dieser Zeit kein Verkehr, die Straßenlaternen gewährleisteten genug Licht, dass nichts Schlimmes passieren kann und im Notfall sind immer genug ältere da, die helfen können.

Entspannt setze ich mich auf den Grünstreifen der Wiese, der nicht mit eingezäunt ist und unterhalte mich locker mit Kira.

Ich liebe diese Abende. Es ist ruhig und entspannend, aber man ist nicht allein und es wird nicht langweilig. Ein frisches Lüftchen fährt über das Gesicht und kühlt die Haut, die vom stundenlangen Sonnenbad immer noch leicht glüht. Die Luft ist mit tausenden Gerüchen angereichert, es riecht nach Grill und Pizza und Sommer und Wasser und Freude.

Ich bin ein Sommermensch. Nie bin ich so glücklich, wie in diesen Momenten.

Ein Geräusch nähert sich und schon kommen die Scheinwerfer der Autos in Sicht. Von rechts kommt eine ganze Kolonne, sehr ungewöhnlich.

Alle räumen die Straße und wollen warten, bis die Autos vorbei sind. Da kommt auch von links ein Laster. Ich sehe Amelie auf der meiner Straßenseite sitzen, der Laster kommt direkt auf sie zu, sie sieht ihn nicht, konzentriert sich auf die Autos. Amelie wohnt nur drei Häuser weiter, sie ist sechs. Sie ist ein aufgewecktes Mädchen, manchmal etwas zu aufgeweckt, aber meistens einfach süß.

Ohne es zu merken bin ich aufgesprungen und nach vorne auf die Straße gestürzt, wild winkend.

Der Laster quietscht, der Fahrer versucht zu bremsen, aber er war zu schnell. Jemand hat Amelie weggezogen, vielleicht ist sie auch selber gelaufen, egal. Der LKW legt sich schräg, der Fahrer hat wohl das Lenkrad zur Seite gerissen.

Am Rand nehme ich war, wie eines der Autos aus der anderen Richtung ausweichen muss und eine Straßenlaterne rammt.

Der LKW dreht sich immer mehr, doch er wird kaum langsamer.

Wie durch ein Wunder scheint es, als würde er trotzdem noch vor mir zum Stehen kommen, jetzt komplett schräg, da kippt er.

Kippt direkt auf mich zu. Keine Chance zu entkommen. Ich hatte wohl bisher zu viel Glück in meinem Leben.

Wie in Zeitlupe kippt das riesige Gefährt auf mich zu.

Ich nehme nichts anderes mehr wahr, sehe nur hoch zu der Last, die mich jede Sekunde zerquetschen wird.

Sie kommt näher und näher.

Dann rast sie auf mich zu, überwindet die wenigen Zentimeter, die uns noch getrennt haben

Und Schwärze umfängt mich.

Ich spüre keinen Schmerz, höre keine Schreie.

Um mich ist es friedlich

Ich habe mich noch nie so geborgen gefühlt.

Ich bin glücklich

Diese Sommernächte waren immer so friedlich gewesen. Perfekt, ruhig und doch lebendig. Alle haben sie geliebt, diese Sommernächte.

Bis zu diesem Tag. Der Tag, an dem sie starb. Alle kamen zur Beerdigung. Ihre Eltern weinten, Kira weinte, ihre Freunde weinten, Amelies Eltern weitnen.

Sie hatte sie geliebt, diese Sommernächte, denn dann war sie glücklich. Nichts war so ruhig, friedlich und lebendig zugleich, wie diese Sommernächte.

Doch wer hätte sie noch mal so erleben können, nach dem, was passiert ist? An der selben Stelle, zur selben Zeit, war die Atmosphäre anders. Kein Frieden, keine Ruhe, nur Anspannung.

Etwas Bedrohliches liegt abends auf dem Ort, an dem das weiße Kreuz am Straßenrand steht.

Deshalb sind diese Sommernächte tot.

Tot wie sie.

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Ich hab ja lange nicht mehr upgedatet, weil mein Computer immer noch keinen Internetzugang hat, bzw. sich weigert, mich online zu lassen, deshalb muss ich jetzt bei Freunden schnorren. Tut mir echt leid, Leute, aber deshalb kommen heute gleich zwei.

Das hab ich geträumt. Genau so, nur das ich das tote Mädchen war. Letzten Donnerstag.

Bitte, bitte sagt mir eure Meinung!

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