Ayla
In Eile stolpere ich die Treppe runter, schnappe meine schwarze Sweatshirtjacke und fange an mir die Chucks zu schnüren. "Wo willst du hin?" fragt meine Mom verwundert, als sie verschlafen aus dem Schlafzimmer tapst. "Es ist 8 Uhr morgens an einem Sonntag. Willst du 'ne Leiche vergraben?" Ich werfe ihr ein schiefes Grinsen zu, welches sie erwidert. "Ich treffe mich mit Jason, nichts Besonderes."
"Aha, 'nichts Besonderes'. Ihr trefft euch oft in letzter Zeit. Muss ich ihn umbringen?" Sie zieht die dunklen Augenbrauen nach oben und beäugt mich. "Nein, wir sind nur Freunde. Ehrlich." antworte ich wahrheitsgetreu. "Na gut. Komm nicht zu spät nachhause." Während sie an mir vorbeiläuft, fährt sie mir durch die Haare. "Ja, bis dann."In der Ferne sehe ich Jason vor der Holzbank stehen, auf der ich letztens noch mit Eloise saß. Das blonde Mädchen sitzt ihm gegenüber und kritzelt in ihren Block. Bei ihrem Anblick macht mein Herz einem Hüpfer. Ohne weiter nachzudenken renne ich los und falle Jason in die Arme. "Hey, da bist du ja." Lächelnd schaut er zu mir herunter. Ich strecke ihm die Zunge raus und wende mich dann zu Eloise, die ihren Blick immer noch nicht von ihrem Block genommen hat. "Hey." sage ich und stupse sie an der Schulter. "Hey." kommt es monoton von ihr zurück. Ich setze mich neben sie und erhoffe mir eine Reaktion, doch ich werde enttäuscht. Das Schreiben findet sie wohl spannender als mich. Nicht dass ich eifersüchtig auf ihren Schreibblock wäre, aber ein bisschen Aufmerksamkeit könnte er mir schon abgeben. "Wieso hast du so lange gebraucht?" will Jason wissen. Er selbst hat auch einen Block dabei, nur dieser ist noch weiß und leer. "Meine Mom hat mich aufgehalten. Sie denkt, da läuft etwas zwischen uns." Jason fängt an zu lachen. "Dich hält doch keiner aus." neckt er mich. "Was willst du zeichnen?" lenke ich vom Thema ab und deute auf seinen Block. "Weiß noch nicht. Ich warte darauf, was Eloise schreibt und dann zeichne ich es."
"Ich zeig es dir heute aber nicht." Eloise zieht eine Packung Zigaretten samt Feuerzeug aus ihrer Jeansjacke und zündet sich eine an. Jason sieht sie verwundert an. "Wieso? Du zeigst es mir doch sonst auch immer." Er wirkt ganz schön beleidigt. "Weil ich dir nicht alles zeigen muss. Wozu gibt es Geheimnisse?"
"Um sie deinem gutaussehenden und coolen besten Freund zu erzählen." erwidert Jason, worauf Eloise und ich in schallendes Gelächter ausbrechen. "Vielleicht zeigt sie es dir, wenn du weniger selbstverliebt bist." füge ich hinzu. "Genau, hör auf die Kleine." Eloise zieht an ihrer Zigarette und pustet den Rauch in Jasons Gesicht. "Niemals." hustet er und hält sich die Hände vor dem Mund. "Scheiß Raucherin." Darauf reagiert Eloise nicht. Scheint ihr egal zu sein. "Darf ich es lesen?" frage ich mit betonter und lieber Stimme. Sie sieht mich breit lächelnd an, sodass ich die Ironie in ihren Augen schon fast schmecken kann. "Nein, darfst du nicht." Enttäuscht ziehe ich einen Schmollmund und verschränke die Arme. "Gut, dann zeige ich dir auch nicht, was ich dir mitgebracht habe." Neugierig sieht sie mich an. Darauf fällt sie also rein. "Was denn?"
"Ach nichts, ist ein Geheimnis. Dazu sind Geheimnisse doch da, nicht wahr?" Ich unterdrücke mir ein Grinsen und vermeide ihren Blickkontakt. Plötzlich hebt sie mich hoch und dreht mich, sodass meine Nase fast den Boden berührt. Ich spüre, wie mir das Blut in den Kopf fließt, während ich mich lachend an ihr Bein klammere. "Dann hol ich es mir eben." Sie wühlt in der Tasche meiner Jacke, wo sie nichts findet. Dann schiebt sie ihre Hand in die Taschen meiner Jeans. Ich fiepse, als sie mir an den Hintern fasst und den Zettel aus der Tasche hervor holt, den ich heute morgen noch schnell geschrieben habe. "Kannst du 'nen Handstand?" fragt sie mich auf einmal. Ich schüttele den Kopf. "Streck die Arme aus."
"Ich kann das wirklich nicht." Trotzdem setze ich meine Hände auf den Boden und stütze mich ab. Das erinnert mich an das misslungene erste Training beim Tanzen ... Da konnte ich es auch nicht ... "Spann deinen Körper an." Wie von ihr befohlen spanne ich jeden Muskel meines Körpers an. Langsam wird mir schwindelig. Ich spüre wie sie ihre Hände vorsichtig von meinen Knöcheln nimmt. Für ein paar Sekunden stehe ich, doch dann kippe ich wieder um. Eloise fängt mich auf und stellt mich wieder auf die Beine. Zitternd halte ich mich an ihr fest. "Na, geht doch." meint sie grinsend und steckt meinen Zettel ein. "Ja." antworte ich lächelnd und aus der Puste. Ich hab doch schon lange keinen Sport mehr gemacht. Es fühlt sich ungewohnt an. Seufzend lasse ich mich auf die Bank fallen. "Alles okay?" Jason betrachtet mich besorgt. Ich nicke. "Es geht schon." sage ich, obwohl mir kotzübel geworden ist. Eloise beachtet mich gar nicht mehr. Sie zieht ab und zu an ihrer Zigarette, stößt den Rauch in die Luft und schreibt weiter. Ich sehe, wie Jason nach Worten langt, doch ich halte ihm die Hand vor dem Mund. 'Sag ihr bloß nichts von der Operation!' schreibe ich mit seinem Bleistift auf den Block und halte es ihm hin, sodass Eloise es nicht sehen kann. Er wirft mir einen skeptischen Blick zu, aber akzeptiert es.
"Ach so, ich wollte euch beide noch fragen, ob ihr Lust habt heute Abend mit mir zu Mieze zu gehen und dort zu pennen." Jason schaut uns erwartungsvoll an. Nach dem Wahrheit oder Pflicht will ich dieses Mädchen eigentlich nicht nochmal sehen. Eloise stöhnt. "Nicht wirklich." Sie rollt mit den Augen. "Und du, Ayla?"
"Eh, meinetwegen ..." Ich kann diesem Jungen nichts abschlagen. Dafür sind seine großen, braunen Augen viel zu nett und liebevoll. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie Eloise mich böse anschaut. Hätte ich lieber doch nein sagen sollen oder warum sieht sie mich so an? "Ich komm doch mit." raunt sie leicht genervt. Im Inneren freue ich mich. Dann kann ich den ganzen Tag und vielleicht auch die ganze Nacht bei ihr verbringen. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. "Was gibt's da zu grinsen?" will sie wissen. "Nichts." lache ich.
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To the moon and back
Romance[Dies ist der zweite Teil von Too Young for you!] Ladys Leben war einfacher geworden, dachte sie zumindest. Nachdem sie die Oberstufe hinter sich hatte und sich dazu entschloss Psychologie zu studieren, gestand ihr Rose einen sehnlichen Wunsch. Sie...