3. Kapitel
Maurice P.o.V.
Die letzten Gläser nahm ich aus dem Seifenwasser und stellte sie auf die Ablaufplatte. Das Handtuch welches über meiner Schulter hing, nahm ich in Händen und begann die restlichen Gläser abzutrocknen. Tim, mein neuer Chef räumte hinten im Lager, ab und an hörte ich Flaschen klirren. Als die Sauberen Gläser zurück in den Schrank gewandert waren, nahm ich stumm den Besen aus der Ecke und begann unter den Tischen zu kehren.
"Du bist fleißig. Entschuldige das ich dich hab länger da bleiben" Ohne von meiner Arbeit aufzusehen, erwiederte ich: "Nicht der Rede wert, gern wieder." Tim hatte während des Abends zu spüren bekommen wie Schweigsam seine neue Aushilfe war. Doch verwunderlicherweise störte es ihn nicht. Vielleicht konnte ich es sogar erwirken noch länger hier zu arbeiten. Auch die Punkte in meinen neuen befristeten Arbeitsvertrag sahen sehr positiv für mich aus. Sehr Mitarbeiterfreundlich wie ich fand. "Wenn du fertig mit aufkehren bist, kannst du Heim." Ich verzog mein Gesicht als er es nicht sah.
Heim. Was war das schon? Ein Wort wie jedes andere. Ohne jegliche Bedeutung, für mich. Hinten im Aufenthaltsraum zog ich mich fix um und verschwand mit einem knappen Gruß. Viel zu schnell trugen mich meine Füße zu dem Haus welches wie die anderen in dieser Gegend auch, zwischen wunderschönen alten Bäumen stand. Es erinnerte eher an eine Ferienhütte mitten im Wald. So leise wie möglich strich ich meine Schuhe auf dem Abtreter ab und unbemerkt in den ersten Stock zu kommen.
"Na wenn wir da nicht das unverschämte Kind hätten!", erklang es abfällig und sofort sanken meine Schultern noch etwas weiter. "Hat sich wieder draußen rumgetrieben. Würde mich nicht wundern wenn sie einen wie dich auf den Strich stellen. Obwohl.. wer würde dich schon freiwillig anfassen." ...Heute waren die Beleidigungen schlimmer als sonst. Mara und Thomas müssen sich wohl wieder in die Haare bekommen haben. Schön das ich es wieder ausbaden darf.. "Ich rede mit dir Schwuchtel!"
Auch wenn alle anderen Beleidungen wie Wasser an mir Abperlten, traf diese doch genau ins Herz. Ich hatte meiner Pflegefamilie nie erzählt das ich Schwul bin. Trotzdem benutzten sie dieses Synonym mit der Absicht mich verletzen zu wollen. Wie konnte ein Mensch nur so sein..? Mit gebrochener Miene, tat ich wie mir befohlen und sah auf. Die Leere meiner Augen schien Thomas zu amüsieren. "Richtig so, glücklich sein ist nur für richtige Menschen bestimmt! Und jetzt geh mir aus den Augen! Was zum Essen brauchst du dir heut für das späte Kommen auch nicht nehmen!"
Mir blieb keine andere wahl, also verschwand ich eilig in mein kleines Dachzimmer. Kaum mit Möbeln ausgestattet, besaß ich nur ein Bett, einen Schreibtisch der zeitgleich auch mein Kleiderschrank ist und ein Bücherregal welches recht leer war. Eines Tages waren meine Pflegeeltern mal auf die grandiose Idee gekommen all meine 'alten' Bücher in die Papiertonne zu hauen oder auf dem Flohmarkt zu verscherbeln. Erfahren hatte ich es erst nachdem ich nach einer Nachhilfestunde die ich gab, spät nachhause kam. Doch lange blieb ich in diesem beengenden Raum nicht, das Fenster welches einen Spalt breit offen war, öffnete ich nun ganz und schwang mich hinüber. Mit den Händen hielt ich mich an der Fensterbank fest, von da waren es nur noch mehr als ein Meter und ich sprang.
Sanft landete ich und verschwand so schnell wie möglich in den angrenzenden Wald. Ich rannte. Ich spürte das ich rannte, nahm es aber doch anders war. Als ob ich ein lesender Beobachter eines Protagonisten wäre. Teilnahmslos und stumm. So fühlte ich mich.
Die Tränen rannen mir bereits den größten Teil meines Weges über meine Wangen. Purer Schmerz und Selbstverachtung brodelte in mir auf und ließ sich kaum niederkämpfen, doch versuchte ich es trotzdem! Nein... ich wollte meinen Pflegeeltern damit nicht recht geben! Ich war nicht schwach, oder wertlos, oder überflüssig. Ich war ein Mensch wieder jeder andere der ein Recht auf Schutz, Geborgenheit... ja, und auch Liebe hatte! ...Wieso erhielt ich es dann nicht? Was machte mich anders? Was hatte ich falsch gemacht um dieses Schicksal zu verdienen?
...Ich hasste das Wort Schicksal.. Als ob es vorherbestimmt war das ich so litt... Mein trüber Blick wanderte umher. Ich hatte keine Kraft mehr in den Beinen um weiter zulaufen, die Nacht war herein gebrochen und ich war mir sicher nicht mehr zurück zufinden. Dafür ging es hier bereits zu steil Berg auf und die Wildnis umgab mich erbarmungslos. Leise Schluchzer zeugten von meiner Verzweiflung und langsam sank ich zu Boden. Die Arme um meine angewinkelten Beine geschlungen. Müdigkeit drang in meine Glieder und zusammen mit der angenehmen Temperatur, fiel ich in einen tiefen Schlaf...
Bewegungen... Ein Körper...
Grüner Wald zog an mir vorbei...
Hände welche mich hielten...
Worte welche mir ins Ohr geflüstert wurden... mich daran hinderten aufzuwachen und nachzufragen warum mein Untergrund sich so warm und weich anfühlte...
Wärme...
Sie Sonne kitzelte meine Nase und brachte mich zum niesen. So kehrte ich aus der Traum- in die Reale Welt zurück. Verwundert rieb ich mir noch einmal die Augen, ich saß am Waldesrand, vor mir erhob sich die Rückwand meines neuen Zuhauses. Tau hatte sich auf das tiefgrüne Gras gelegt und glitzerte in dem Licht des Morgens. Wäre das nicht verwunderlich genug, waren meine Klamotten und ich trocken und... mir war noch so warm...
Written by -Notizbuch-
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"Liebe mich!" - #Paldado
WerewolfWer = germanisch: "Mann" Wolf = Lat.: "Canis lupus" ist das größte Raubtier aus der Familie der Hunde (Canidae). Wölfe leben in der Regel in Familienverbänden, umgangssprachlich Rudel genannt. Welche Bedeutung hat das Leben? Das welches man ihm...