Kapitel 7

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~Derek~

Ich hatte gerade Tarik und Kelly beim kämpfen zugeschaut, als ich von Lydia und Zack heftige Kampfgeräusche vermahn, die sich nicht mehr nur nach Training anhören. Als ich mich zu ihnen drehte sag ich gerade noch wie Zack sich auf den Boden schmiss, wodurch die in seinem Fell verbissene Lydia durch die Luft geschleudert wurde. Ihr Körper prallte auf dem Boden auf, doch sie stand sofort wieder auf. Ich sah ihre Wut darüber von dem kleinen dünnen Wolf so penetriert zu werden. Kurz hielten beide inne, und kommunizierten miteinander. Dann, ganz plötzlich, stürzte sich Zack auf sie. Das knallen von aufeinander prallende Körper veranlasste nun auch die anderen mit dem Kämpfen inne zu halten und sich zu Lydia und Zack zu drehen. Lydia war von Anfang an gegen Zack und ich würde meine Mutter darauf verwetten, dass sie Zack provoziert hatte. Trotzdem verstieß er gegen die Regel, als er seine Zähne in der jaulenden Lydia vergrub, die vor ihm zu Boden sank. Er knurrte böse und ich war gezwungen einzugreifen. Mein Knurren donnerte über die Lichtung.

~Das ist nicht nach den Regeln Zack, hör auf. ~ keifte ich in Richtung der Streithähne. Die Anderen zogen sofort die Köpfe ein und auch Zack schien Schwierigkeiten zu haben, sich nicht zu unterwerfen. Ein Knurren verließ seine Kehle, während er sich duckte.

~Ich scheiß auf eure Regeln.~ fauchte er dann und rannte davon. Seine Bewegungen waren stockend und wackelig, sodass ich erst Angst hatte er sei verletzt. Lydia räkelte sich auf dem Boden und kam langsam wieder auf die Beine. Sie schüttelte ihr Fell, welches von Dreck und Blut überzogen war und ich konnte deutlich ihre Angst riechen, obwohl sie es zu verbergen versuchte.

~Ich hab ja gesagt, dass es ein Fehler war ihn ins Rudel aufzunehmen. Er ist aggressiv.~ beschwerte sich Lydia.

~Du hast ihn provoziert, stimmt's?~ meine Stimme klang ruhig, aber bedrohlich. Sie druckste herum, nickte dann langsam. Schuldbewusst schaute sie zur Seite. Ich seufzte, leckte ihr dann kurz über das Fell, um ihr zu zeigen, dass ich ihr verzieh. Irgendwo hatte sie ja recht, er war verdammt schnell auf hundertachtzig. Ich verstand nur noch nicht, welchen Auslöser seine Ausbrüche hatten. Ich wandte mich Lydia zu, die sich vor mich gesetzt hatte.

~Wann hat er angegriffen?~

~Wie?~ fragte sie verwirrt. ~Was hast du gesagt, bevor er dich angegriffen hat?~

Sie überlegte einen Augenblick, schaute dabei zur Seite.

~Ich weiß nicht mehr genau... Ich glaub irgendwas nicht so nettes über Cäcilia.~

Beschämt sah sie zur Seite, aber ich glaubte ihr nicht ganz, das sie wirklich ein schlechtes Gewissen hatte. Doch nun wusste ich, was das Problem, beziehungsweise der Auslöser war. Cäcilia, oder vielmehr der Beschützerinstinkt den er ihr gegenüber aufweist. Und gerade das machte ihn so unfassbar gefährlich. Er würde vor nichts und niemanden zurückschrecken, um sie zu beschützen. Nicht einmal vor mir, seinem Mate. Ich wies die Anderen an weiter zu trainieren und machte mich auf den Weg, um Zack zu suchen. Hoffentlich war er einfach zum Rudelhaus gelaufen, denn sonst wüsste ich nicht, wo ich suchen sollte. Sein Geruch sagte mir allerdings, dass er tatsächlich zum Rudelhaus gelaufen war. Ich folgte seinem Geruch bis vor sein Zimmer. Einen Moment hielt ich inne, dann klopfte ich zaghaft gegen die Tür. Keine Antwort, ich drückte langsam die Klinke herunter und öffnete die Tür.
Er stand einfach nur da, ohne T-Shirt betrachtete sich in dem Spiegel. Ich trat leise an ihn heran, schaute ebenfalls in den Spiegel. Mich erschreckte was ich dort zu sehen bekam. Einen Jungen, einen kaputte Jungen. Ich drehte ihn ganz langsam zu mir. Aus leblosen Augen starrte er mich einfach an, fast als schaue er durch mich durch. Langsam, aus Angst er könne jeden Moment wieder fliehen, bewegte ich meine Hand langsam auf seinen Bauch zu. Abschaum, stand dort in seine Haut geritzt. Ich schluckte hart, nahm dann seinen Arm auf dem sich ebenfalls Narben befanden. SHAME. Darum herum befinden sich Einfach nur Striche. Sie waren schon blass, als wäre es lange her, dass die Haut von Metall geteilt worden war. Später hätte ich nicht sagen können, wer von uns beiden gezittert hatte. Ich traute mich nicht zu sprechen, hatte auch Angst vor dem, was er sagen könnte. Doch irgendwann begann er von selbst zu erzählen. „Ich bin anders. Ich kann Dinge die andere nicht können. Sie haben es nie verstanden. Haben nicht verstanden, warum ich so war, warum ich anders aussah als sie. Immer haben sie über mich gelacht, mich verachtet. Sie haben angefangen. Sie haben mir das angetan, die Kinder, die nichts anderes in ihren Reihen haben wollten. Sie haben mich angekettet, mich hungern lassen solange bis es nicht mehr heilen könnte.", er zeigte auf seinen Bauch, „Damit ich mich immer daran erinnere, was für eine Abscheulichkeit ich bin." Er zitterte beim Sprechen. Ich wollte etwas sagen, aber er ließ mich nicht. „Sie haben mich gequält, mir Sachen eingeredet die nicht stimmten. Ich habe ihnen geglaubt. Irgendwann war es leicht ihnen einfach zu glauben." seine Hand fuhr unaufhaltsam über seinen Arm. „Oh ja... ich habe ihnen geglaubt." Der Arm war er selber. Diese Menschen hatten ihn so kaputt gemacht, das er sich selber weh getan hatte. Wie können Leute so grausam sein, wie konnte jemand so herzlos gegenüber anderen sein. Ich umarmte ihn, spürte wie er sich der Umarmung hingab, sich fallen ließ, mich ihn endlich auffangen ließ.
„Deswegen hast du sie mitgenommen, deshalb passt du so auf Cäcilia auf."
„Ich will sie beschützen, vor dem was mir angetan wurde, weißt du? Sie hat es nicht verdient, niemand hat so etwas verdient." Ich konnte es nicht genau sagen, aber ich glaube er weinte. Es tat weh, ihn so verdammt traurig zu sehen. Ich wollte gerade nur noch irgendjemanden zerfleischen. Wut baute sich in meinem Inneren auf. Doch er legte beruhigend die Hand auf mein Herz. „Es ist okay, bitte sei nicht wütend. Du kannst es nicht mehr ändern, wirklich. Ich habe genug Wut für uns beide gespürt, ich will nicht, dass du das jetzt auch noch tust."
Ich nickte, konnte aber nicht verhindern, dass etwas von ihr übrig blieb. Irgendwann zog er sich das Shirt wieder über, wir verließen den Raum. Er lief nah bei mir, als hätte er endlich begriffen, dass ich ihm nichts Böses wollte, dass ich für ihn da war.

The Lone Wolf [BoyxBoy] (slow Updates) #wattys2017 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt