Kapitel 12

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Ich zog meine Winterjacke zu und stampfte mit eingezogenem Kopf nach draußen

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Ich zog meine Winterjacke zu und stampfte mit eingezogenem Kopf nach draußen. Die Schulklasse wartete schon. Mit großen Augen sahen sie uns an. Ein kleiner Junge hob seine Hand und fragte: „Warum haben sie eine Gelbe Jacke an und sie eine Rote?" „Weil ich der Gruppenführer bin und sie nicht", antwortete Jacob geduldig. Ich verdrehte die Augen. Wir beide wussten, dass ich eigentlich Gruppenführerin wäre, wäre ich nicht nach Hamburg verschwunden.

Die Lehrerin ging auf uns zu und drückte uns noch mal die Hand. „Ich danke ihnen sehr. Ich wüsste nicht was ich gemacht hätte, hätten wir kein Ersatzprogramm gefunden", sagte sie und ich musterte ihre Blauen Krücken. „Machen wir doch gerne", meinte Jacob und schulterte seinen Rucksack. „Auf Wiedersehen", sagte ich und ging voraus. Die Kinder folgten mir.

Jacob unterhielt sich mit einigen. Jacob liebte Kinder. Ich wusste nicht was er an ihnen so toll fand. Selbst als ich noch eine Jugendliche war, mochte ich kleine Kinder nicht. Die waren immer so laut und voller Energie. Da kam ich mir mit frischen 16 Jahren richtig Alt und Schwach vor.

Am Fuße des Berges angekommen teilten wir die Gruppe auf. Wir hatten nur die Hälfte bekommen. Die Andere Hälfe der Klasse hatte irgendein anderes Ersatzprogramm bekommen. Jacob würde sich mit einer Hälfte abseilen, während ich die einfachere Höhle nahm und ihnen dort alles erklärte.

Mit der Gondel ging es hoch. Wir gingen noch einige Hundert Meter nebeneinander her, als sich auch schon unsere Wege trennten. Wir gingen Parallel nebeneinander her. Die Höhlen waren ungefähr auf gleicher Höhe, was es um einiges Leichter machte Sichtkontakt herzustellen.

Der Himmel war Blau und keine einzige Wolke bedeckte den Himmel. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, und ich legte noch mal einen Zahn zu, ohne auch nur an die Kinder zu denken, die schon nach wenigen Metern zurück fielen. Ich drosselte mein Tempo wieder und wartete auf sie.

Nach einer geschlagenen halben Stunde waren wir an dem Höhleneingang angekommen. Mein Blick schweifte nach Links. Keine Zweihundert Meter weiter hatte Jacob schon damit begonnen die Kinder in die Felsspalte hinab zu seilen. Ich verdrehte die Augen. Warum hatte ich die langsamere Gruppe bekommen?

Ich war gerade dabei den Kindern zu erklären, wie sie sich in der Höhle zu verhalten, als ein plötzlicher Aufschrei mich inne halten ließ. Mein Blick wand sich nach Links. Jacob lag am Boden. Und das ziemlich verrenkt. Seit wann machte er bitte Gymnastikübungen auf dem Berg? Ein spöttisches Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen.

Ich nahm mein Funkgerät in die Hand und sagte: „Alles klar bei dir?" „Nein, mein Knöchel", sagte er undeutlich. Ich stellte mir gerade sein Gesicht vor. Zähne zusammen gebissen und die Augen zu kleinen Schlitzen verengt. Er musste ja richtige Schmerzen haben, wenn man ihn so schlecht durch das Funkgerät verstand. Ich grinste schadenfroh.

„Sollen wir rüber kommen?", fragte ich ihn wie eine Mutter und verdrehte vor den Kindern die Augen. Diese fingen nur zu lachen an. „Wäre vielleicht nicht schlecht wenn du die Kinder aus der Spalte heraus holen könntest", meinte er. „Okay, ich komme", sagte ich und steckte das Funkgerät wieder weg.

Ich ging in die Knie um mit den Kindern auf einer Augenhöhe zu sein und sagte: „Wir gehen jetzt da rüber. Passt mir auf, dass ihr schön Zick-Zack geht. Das geht erstens viel leichter und zweitens löst man so viel schwerer eine Lawine aus, verstanden?"

Die Kinder nickten und ich drehte mich um. Im Zick-Zack ging es los. Knappe dreihundert Meter auf die andere Seite des Berges. Nicht selten strauchelte ich mit den schweren Schneeschuhen über irgendwelche Steine. Bei jedem Schritt den ich tat wurde mir bewusster auf welche Scheiße ich mich da eingelassen hatte. Jeden Moment könnte eine Lawine runter gehen, und wir befanden uns mitten in dem Risikofaktor. Na Toll.

Schwer Atmend kamen wir bei Jacob an. „Du bist so scheiße", fluchte ich schwer Atmend und ging vor ihm in die Knie. Den Rucksack hatte ich abgenommen und unvorsichtig auf den Boden geworfen. Vier Kinder standen um mich herum und sahen mir gebannt zu, wie ich sein Bein stabilisiert hatte und in einen dicken Verband gesteckt hatte.

Schnell drehte ich mich um und packte den Rucksack, doch meine Umdrehung war zu schnell und ich schubste den Rucksack nach unten in die Schlucht. „Achtung!", rief ich panisch aus und blickte über den Rand. Der gesamte Inhalt war überall verstreut, jedoch waren die drei Kinder unten weit genug weg gewesen um nichts davon abzubekommen.

Ein plötzlicher Knall ließ mich aufsehen.

Eine weiße Wand raste mit rasanter Geschwindigkeit auf uns zu.

Auf uns kam gerade eine Lawine zu.

Ich riss meine Augen auf. „Einhacken! Sofort!", rief ich panisch hängte mein Seil bei zwei Kindern gleichzeitig ein und ließ sie die Spalte hinunter.

Jacob überwand seinen Schock und packte sich die anderen zwei Kinder. „Aushacken! Aushacken!", brüllte ich und zog den Karabiner wieder hoch. Innerhalb von zwei Sekunden hatte ich mich mit Jacob eingehackt. Panisch sah ich ihn an. Er nickte und vorsichtig ging ich die Spalte hinunter.

Die Lawine kam immer näher.

Keine zehn Meter waren wir hinunter gekommen, da krachte der Schnee über uns zusammen. Ein Ruck und wir hingen fest.

Langsam sah ich hinauf. Die Massen hatten eine Decke über uns gebildet. Nur einzelne Flocken rieselten auf uns hinunter. Ich sah Jacob panisch an. Ich schluckte schwer. Es waren noch gut fünfundzwanzig Meter hinunter.

Ich wusste was er dachte und schüttelte Panisch den Kopf. „Nein, bitte nicht", krächzte ich. „Wir müssen. Das Seil könnte jeder Zeit reißen, und dann haben wir keine Kontrolle", meinte er und kramte in seinen Taschen. „Jacob, bitte nicht. Bitte nicht, ich bitte dich", flüsterte ich panisch. Ich hatte Tränen in den Augen.

„Tut mir leid, wenn du das jetzt noch mal durch stehen musst. Es tut mir so unendlich leid", sagte er mit zusammen gebissenen Zähnen und klappte das Schweizer Taschenmesser aus. „Tu mir das nicht an", murmelte ich.

„Achtung da Unten! Wir werden da jetzt gleich runter fliegen!", brüllte Jacob. Verschreckt gingen die Kinder einige Schritte zurück. „Jacob. Ich bitte dich. Du weißt nicht wie das ist. Du hast das nie durchgemacht. Mach das nicht. Tu mir das nicht noch mal an", bettelte ich.

Moritz Schreie hallten in meinem Gehirn.

Das Grüne Seil färbte sich Neonorange, mein Zitternder Atem und die weißen Atemstöße blitzten vor meinem Auge auf.

„Jacob", stoß ich aus, doch er hatte schon durch geschnitten.

Im Freien Fall flogen wir zusammen gen Boden.

Den Bergen so nahWo Geschichten leben. Entdecke jetzt