25. Kapitel

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Thomas POV:
Ich drückte das Kissen noch fester gegen meine Ohren um das Geschrei von unten nicht zu hören. Aber es half nichts. Ich hörte jedes einzelne Wort, dass mein Vater meiner Mum entgegenschleuderte, konnte förmlich spüren, was diese Worte mit ihr anrichteten. Ich hörte sie schluchzen, verzweifelt versuchen ihn zu beruhigen. Aber er war ein Monster. Jeden Abend kam er nach Hause und jeden Morgen danach war meine Mum so fertig, dass ich kurz davor war, einfach zur Polizei zu gehen. Plötzlich von einem auf den anderen Moment war es still unten. Ich legte das Kissen zurück und lauschte. Ich stand auf und schlich zur Tür, hielt mein Ohr nah an die Tür gepresst. Und dann kamen dumpfe Schläge von unten. Meine Mum wimmerte. Er hatte doch nicht... Ich wollte die Tür aufreißen, nach unten stürmen, diesen Teufelskreis endlich beenden, aber die Tür war von außen verschlossen. Wie jeden Abend. Wie jeden Abend hatte das Monster alias mein Vater zuerst mein Zimmer von außen verschlossen, damit er nachher in Ruhe mit meiner Mum "sprechen" konnte. Warum ließ ich das überhaupt zu? Ich ließ mich mit dem Rücken zur Tür langsam zu Boden gleiten. Leise fing ich an zu weinen, ich spürte, dass meine Mum Schmerzen hatte und ich konnte absolut nichts dagegen tun. Plötzliche Wut stieg in mir auf. Wut auf meinen Vater, auf alle, die uns nicht halfen. Auf Mums Schwester, die uns hier sitzen hat lassen. Auf meine blöde Zimmertür, die sich nur von außen abschließen ließ. Und auf mich, dass ich zu feige war, meiner eigenen Mutter zu helfen. Ich rappelte mich auf und hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Tür. "MACH AUF!! LASS SIE IN RUHE! MACH SOFORT DIE TÜR AUF!", brüllte ich. In mir brodelte es. Pures Adrenalin stieg in mir hoch. Mit voller Wucht schmiss ich mich gegen die alte Holztür. Es war mir egal, ob unsere Nachbarn oder das Monster unten mich hörten. Ich wollte einfach hier raus. Mit einem gewaltigen Brüllen warf ich mich heftiger denn je gegen die Tür. Mit einem Knarzen, das sich so schmerzhaft anhörte, als würde das Leben aus der Tür weichen, riss die Tür aus ihren Angeln und fiel krachend auf den Fußboden außerhalb des Zimmers. Schwer atmend starrte ich auf das, was ich angerichtet hatte. Verwundert von den plötzlichen Kräften blickte ich auf meine nackten Arme und Schultern. Ich war durchtrainiert, doch trotzdem hätte ich das nicht erwartet. Und dann erst spürte ich den Schmerz in meiner Brust. Ein aus der Tür herausstehender Nagel hatte einen tiefen Kratzer über meiner rechten Brustwarze hinterlassen. Ich biss die Zähne fest zusammen. Blaue Flecken zierten meinen Oberkörper. Ich zuckte zusammen, als unten irgendetwas zu Bruch ging. Trotz des Schmerzes eilte ich die Treppe herunter und fand meine Mutter in der Küche. Scherben waren über den Boden verteilt und Mum saß dazwischen, wie ein Häufchen Elend und starrte auf den Boden. Sie zitterte immer noch vom Weinen. "Wo ist...", fragte ich heiser, doch meine Stimme versagte. "Weg.", flüsterte meine Mum leise. Dann hob sie den Kopf und in ihren rot verquollenen Augen war nichts als Leere. Ihre Wange war mit einem roten Handabdruck versehen und ihre linke Schläfe war lila. "Mum." Meine Stimme war erstickt und ich spürte den großen Kloß in meinem Hals. Sie so zu sehen, so fertig, brach mir das Herz. "Es muss sich was ändern. Morgen gehen wir zur Polizei. Bitte!", ich redete eindringlich auf sie ein. Sie schüttelte den Kopf, starrte durch mich hindurch. Ihr Blick wurde mit einem Mal unheimlich, schwarz. "Wir... wir gehen weg... Wir zünden einfach das Haus an, dann... dann... dann findet er uns nicht mehr.", sie redete eher mit sich selbst, als mit mir. Langsam stand sie auf und kramte im Schrank. "Es ist doch eh alles...alles ist unwichtig...es zählt nur... das einzige was zählt, ist...ich meine, was sollen wir hier noch?", sie fegte mit einer Handbewegung das benutzte Geschirr von der Theke. Mit lautem Scheppern fiel es auf den Küchenboden, die Gläser und Teller zerbrachen und ich wich einen Schritt zurück. Entsetzt beobachtete ich das Geschehen. "Mum, hör auf!" Plötzlich lachte sie, aber es klang nicht echt. Sie sprach weiter, als wäre ihr ein Licht aufgegangen:"Das alles hier...das ist nicht wichtig....wir brauchen das nicht, wir müssen nur...das einzige, was wir brauchen ist....ich meine...das ist alles nur materiell...das ist unwichtig...hahah!" "Mum du machst mir Angst!", schrie ich und packte sie. Doch ihre Augen weiteten sich vor Angst. "NEIN, lass mich los...wir müssen...ich muss...mein Sohn...er ist noch oben....ich muss das Haus anbrennen... ich muss ihn holen!" Sie war komplett verwirrt. "MUM, ich bin hier, bitte HÖR AUF, HÖR AUF, HÖR AUF! MUM!", meine Stimme wurde immer lauter ich schüttelte sie. Die Tränen flossen wie Wasserfälle an meinem Gesicht herunter. Sie atmete unregelmäßig, der Blick durch mich hindurch. Und dann griff ich einfach nach einem Glas, füllte es mit kaltem Wasser und schüttete es in ihr Gesicht. Sie atmete heftig, ich sah, wie die Kälte in ihren Körper drang und sie wieder zu mir zurück holte. Ihre Hände krallten sich in meine Unterarme und meine Narben begannen zu schmerzen. Ich suchte nach etwas Vertrautem in ihren Augen. Mein Körper bebte. "Mum?", fragte ich vorsichtig. "Thomas!", hauchte sie. "Oh Tommy, was...oh gott...was war das?" Sie weinte heftig. "Ich hatte...ich meine...ich hatte keine Kontrolle mehr...ich bin verrückt geworden!" Entsetzt von sich selbst schlug sie die Hände zusammen. "Oh Tommy, es tut mir leid!" Sie fiel in meine Arme und wir sanken eng umschlungen auf den Fußboden. "Mum, ich liebe dich, alles ist gut, Mum.", schluchzte ich und wir hielten uns ganz fest. Wir saßen eine Ewigkeit so zusammen auf dem Boden und weinten. Mein Oberkörper brannte, sie strich mit ihrem Finger über meinen Kratzer. "Wir müssen...wir brauchen Hilfe Thomas. Es geht nicht mehr so weiter.", sagte sie und Vernunft lag in ihrer Stimme, die Vernunft, die sie vor wenigen Minuten noch nicht hatte. "Ich weiß...", antwortete ich. Und dann rief ich einen Krankenwagen.

Maries POV:
Teresa war so nett und ging nach Schulschluss mit mir Eis essen. "Das ist das beste Eis in der ganzen Stadt", meinte sie. Den ganzen Weg zur Eisdiele erzählte sie mir ungefähr ihr ganzes Leben. Ich hatte das Gefühl, sie hatte schon lange niemanden zum Reden gehabt und ich fühlte mich geehrt, dass ich diejenige war, der sie alles erzählte. Außerdem schaffte sie es, dass nie eine peinliche Stille entstand. "Was nimmst du?", fragte sie mich, als wir vor der Eisdiele angekommen waren. Anstatt, dass sie auf meine Antwort wartete entschied sie für mich:" Du nimmst Himbeere, weil das macht der Sohn des Besitzers immer selber, das schmeckt so gut!" Sie schloss die Augen und lächelte selig vor sich hin. Teresa achtete immer sehr auf ihre Grammatik. 'Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod', pflegte sie immer zu sagen. Von ihr konnte ich bestimmt einiges lernen, denn Grammatik und  Zeichensetzung waren nicht meine Stärken. "Zweimal eine Kugel Himbeereis in der Waffel, bitte!", bestellte Teresa neben mir. Mir war nicht entgangen, dass sie den jungen Mann hinter der Theke anschmachtete. Ich betrachtete ihn genauer. Er war mindestens ein Kopf größer als ich und seine blond-braunen, mittellangen Haare hingen ihm halb im Gesicht. Auf der linken Wange hatte er ein kleines Muttermal. "Hier bitteschön, das macht 2, 50 €." Er lächelte Teresa an und seine Augen blitzten. War da etwa mehr als nur Freundlichkeit? Sie wurde rot und stöberte hektisch in ihrer Geldtasche. Wohl ein bisschen zu hektisch, denn ihr fiel die Tasche aus der Hand und die Geldmünzen rollten über den Bürgersteig. "Oh nein.", flüsterte sie und wurde rot. Schnell bückte ich mich, um die Münzen aufzusammeln, da bekam ich Hilfe von einem Jungen, der hinter uns in der Schlange stand. Ich schaute auf und unsere Blicke trafen sich. Seine Augen waren wunderschön, kastanienbraun. Er drückte mir die Münzen in die Hand und murmelte etwas, was ich nicht verstehen konnte. Dann lächelte er und streikte mir die Hand hin um mich vom Boden zu ziehen. Ich griff danach und stand auf, auch wenn ich es locker alleine geschafft hätte, aber seine Hand war so einladend und ich war einen Moment geflasht von seinem Blick. "Danke.", sagte ich freundlich, nachdem ich mich wieder gefangen hatte. Schnell bezahlte ich mit Teresas Geld und zog sie schnell weg von dieser peinlichen Situation. "Oh mein Gott, hast du gesehen, wie heiß er ist? Das ist der Sohn!" Es war offenbar, dass Teresa ihn nicht zum ersten Mal gesehen hat. "Der Verkäufer?", fragte ich leicht neben der Spur. Das Gesicht des anderen Jungen ging mir nicht mehr aus dem Kopf. "Ja! Wer denn sonst?!" Teresa war ganz aus dem Häuschen. "Er würde nie so eine wie mich haben wollen...", seufzte sie plötzlich traurig. "Da wär ich mir mal nicht so sicher.", antwortete ich und schleckte genüsslich an meinem Eis," bei dem Blick, mit dem er dich angeschaut hat..." "Meinst du?", fragte sie hoffnungsvoll. "Ich wirke vielleicht nicht so, aber ich habe ein sehr gutes Menschenkenntnis." "Das hätte ich auch gerne..." "Das kann man trainieren. Es ist wie ein Studium, man studiert Menschen.", beruhigte ich sie. Wir spazierten weiter und kamen gerade an einer U-Bahn Haltestelle vorbei, da schweifte mein Blick zu der Anzeigetafel: Dienstag, 28.09, 14:53 Uhr Ich dachte scharf nach. Irgendwas war heute, mir fiel nur nicht ein was.... Moment mal. "Scheiße!", rief ich und Teresa sprang geschockt zur Seite. "Wa ist los?" Ich schlug mir mit der Hand auf die Stirn. "Ich hab heute meine erste Reitstunde und die fängt schon in 30 Minuten an!" "Scheiße!", amte sie mich nach, sah aber echt bestürzt aus. "Ich kann meinen Bruder anrufen, der hat ein eigenes Auto, dann fahren wir bei dir vorbei und du holst schnell deine Sachen, er ist sicher in 5 Minuten da." Sie zückte ihr Handy und rief sofort bei Cajo an. Ich war dankbar, dass sie bei jedem Problem sofort die Lösung suchte.

"Vielen Dank fürs Mitnehmen! Wir sehen uns morgen!", rief ich dem Geschwisterpaar zu. Cajo hupte bevor er das Auto wendete und wieder vom Parkplatz verschwand. Ich dachte auf die Uhr: 15:20 . Ich war sogar noch zu früh. Der Hof war leer, bis auf eine Gruppe Kinder, die vermutlich einen Klassenausflug gemacht hatten, was ich an ihren Rucksäcken schließen konnte. Zügig machte ich mich auf den Weg zum Stall. Vor dem Stall saß eine zusammemgekauerte Gestallt. Als ich näher kam, erkannte ich sie. Sie hob den Kopf und was zum Vorschein kam, ließ mich schärfer Luft einziehen.

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Hey Leute, tut mir leid, dass das so lange gedauert hat, ich musste wieder ein bisschen kreativer werden...;) Ich hoffe es gefällt euch und diesmal weiß ich, dass das nächste Kapitel bald kommt!!! VERDPROCHEN!! ❤️
Falls ihr irgendwelche Wünsche oder Gedanken habt, wie das Buch weitergehen könnte, ich habe ein offenes Ohr dafür! ☺️

~Juli💠~

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 30, 2017 ⏰

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Adoptiert von1D - oder - Warum ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt