Die Beerdigung

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„Will abschließend noch jemand etwas über Abby und Jake Griffin sagen?", fragte der Pfarrer gegen Ende der Beerdigung.
Wollte ich das denn? Natürlich wollte ich das. Ich wollte allen erzählen, wie großartig die beiden gewesen waren. Aber ich konnte es nicht. Meine Wangen waren tränenüberströmt und mein Mund gab keinen Laut von sich. Doch irgendwie war ich es ihnen schuldig, dass ich etwas sagte.
Da legte mir plötzlich jemand den Arm um die Schulter. Als ich mich umdrehte, sah ich dass es Bellamy war. „Clarke, wenn du es nicht schaffst, etwas zu sagen, musst du das auch nicht", raunte er mir zu.
Naja da stimmte ich ihm nicht unbedingt zu. Meine Eltern hatten es verdient, dass ich etwas über sie sagte. Nur damit dass ich es nicht schaffte, etwas zu sagen, hatte er leider recht.
Und da meldete sich auch schon Aurora zu Wort. Auch ihr Gesicht war voller Tränen, aber sie schien trotzdem einigermaßen gefasst zu sein. „Abby und Jake Griffin waren unsere Nachbarn. Aber sie waren nicht nur unsere Nachbarn, sie waren auch unsere Freunde. Sie waren oft bei uns oder wir bei ihnen. Das waren wirklich immer sehr schöne Stunden." Sie schluchzt leise. „Wir haben immer so viel miteinander geredet und zusammen gelacht. Das einzige Problem war wohl, dass sich unsere Kinder nicht vertragen haben." Ihre Mundwinkel zuckten ein wenig. „Aber jetzt, da es wichtigeres gibt als diese ewigen Streitereien, scheint sich dieses Problem in Luft aufgelöst zu haben. Ich meine Clarke, Bellamy, seht euch doch nur mal an, wie ihr jetzt da steht. Noch vor ein paar Wochen hätte es wohl niemand für möglich gehalten, dass ihr euch mal einigermaßen vertragen würdet. Dabei war es genau das, was wir immer wollten. Abby und Jake wären wirklich stolz auf euch, wenn sie euch jetzt so sehen würden." Nun blickte sie halb weinend und halb lächelnd zu mir. „Aber ich denke, ich sollte wohl jetzt aufhören zu reden. Clarke, du willst doch bestimmt auch noch was sagen."
Natürlich wollte ich, obwohl ich genau wusste, dass ich es nicht konnte. Am liebsten hätte ich es gelassen, aber ich konnte ja jetzt schlecht nein sagen. Also nahm ich das Mikrofon, das mir Aurora reichte und ging nach vorne. Ich sah alle Leute der Reihe nach an. Irgendwo in der Menge entdeckte ich Raven und Harper. Raven warf mir einen aufmunternden Blick zu und Harper hatte Tränen in den Augen. Außer den beiden waren noch jede Menge Freunde meiner Eltern da, aber die meisten von ihnen kannte ich gar nicht. Was sollte ich nur vor all diesen Leuten sagen?
Aber dann sah ich Bellamy an und sein Blick schien mir zu sagen: Clarke, schau nur mich an. Rede einfach nur mit mir. Und genau das tat ich. Ich stellte mir vor, dass nur Bellamy hier war und ich nur ihm das alles erzählen würde. „Meine Eltern waren großartige Menschen", begann ich mit zittriger Stimme. „Ich habe sie wirklich geliebt. Das schlimme ist nur, dass ich mir jetzt im Nachhinein denke, dass ich ihnen das nie genug gezeigt hab. Und ich glaube, ich habe auch erst jetzt, da sie nicht mehr da sind, richtig begriffen, wie wichtig sie mir eigentlich waren. Früher war es immer selbstverständlich, dass sie da waren. Nie hätte ich daran gedacht, dass sie das irgendwann vielleicht nicht mehr sind. Und alles was passiert ist, ist wirklich schrecklich, aber trotz allem muss ich sagen, dass ich wirklich glücklich bin, dass es Leute gibt, die mich einfach so bei sich aufgenommen haben. Dafür danke ich euch, Aurora, Marcus, Octavia. Aber auch ganz besonders dir, Bellamy. Ich bin wirklich froh, euch alle bei mir zu haben." Nun sahen mich alle erwartungsvoll an, aber ich wusste eigentlich nichts mehr, was ich noch sagen könnte. „Danke für eure Aufmerksamkeit." Dann ging ich schnell zurück zu Bellamy.
„Das war wirklich eine großartige Rede, Clarke", flüsterte er mir ins Ohr. „Aber du hättest mir nicht danken müssen. Nachdem wie ich dich die letzten Jahre behandelt habe, ist es schließlich das mindeste, was ich tun kann, dich bei uns wohnen zu lassen."
„Das meine ich doch gar nicht", raune ich. „Ich wollte dir dafür danken, dass du mir so geholfen hast. Und dafür dass du nicht sauer warst, als ich dir gesagt hab, dass ich keine Beziehung will."
„Ach so das", erwiderte Bellamy und kratzte sich verlegen am Kopf. Ich konnte regelrecht spüren, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss.
Schnell legte ich ihm die Hand auf die Schulter. „Das sollte dir nicht peinlich sein." Und ohne nachzudenken drückte ich plötzlich meine Lippen auf seine Wange.
Überrascht sah er mich an. „Clarke, was...was war das denn?"
Doch ehe ich etwas erwidern konnte, stand Aurora vor uns. „Clarke, ich bin wirklich stolz, dass du so eine tolle Rede gehalten hast." Lächelnd drückte sie meinen Arm. „Kommst du gleich mit ins Restaurant oder willst du lieber noch ein wenig hierbleiben?"
„W-wenn es ok ist, würde ich lieber noch ein bisschen hierbleiben", antwortete ich.
Aurora nickte. „Ok. Dann komm einfach nach, wenn du soweit bist." Dann ging sie zurück zu Marcus und Octavia.
„Soll ich auch gehen?", fragte Bellamy. „Ich meine, du wärst doch bestimmt lieber noch ein bisschen alleine, oder?"
Da schob ich meine Hand in seine. „Also eigentlich könnte ich ein bisschen Gesellschaft ganz gut gebrauchen. Natürlich nur wenn du hierbleiben willst."
Lächelnd nickte er. „Natürlich. Ich leiste dir doch gerne Gesellschaft."
Da nahm ich auch noch seine andere Hand und sah ihm tief in die Augen. „Ich habe darüber nachgedacht, was du gestern gesagt hast."
„Clarke, ich...", begann Bellamy.
„Lass mich ausreden", unterbrach ich ihn sofort. „Ich habe mir dann die Frage gestellt, was man macht, wenn es zwar der falsche Zeitpunkt aber der richtige Junge ist."
Seine Augen weiteten sich. „Heißt das, dass...?"
„Bellamy, ich liebe dich", gestand ich. „Das hast du mir gestern klar gemacht. Nur ist jetzt wohl für sowas der ungünstigste Zeitpunkt, den es gibt. Aber dann hab ich mir gedacht, eigentlich ist der Zeitpunkt doch egal." Und dann küsste ich ihn auf den Mund.
Zuerst erwiderte er den Kuss, doch dann löste er sich von mir. „Willst du damit sagen, dass du mit mir zusammen sein willst?"
„Nur wenn du das auch willst", antwortete ich.
„Natürlich will ich", erwiderte er und strahlte übers ganze Gesicht. Und dann nahm er mein Gesicht in seine Hände und küsste mich so leidenschaftlich, wie es noch nie jemand getan hatte.

Bellarke - Another Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt