Aufrecht saß er in seinem Stuhl, drehte die Traube in seinen Fingern während er das Spiel des Lichts auf der grünlichen Haut betrachtete.
Er wartete, wartete auf die Nachricht, dass sie da war.
Die Sonne war noch nicht gänzlich aufgegangen, sie hatte noch Zeit.
Wahrscheinlich würde es noch etwas dauern, sie war eine Skaa.
Unter allen Umständen würde sie versuchen die Nebel zu meiden.
Die Traube in seinen Fingern schimmerte leicht, während er sie hob und aß.
Obst war selten, bloß der Adel konnte sich dieses leisten.
Unwillkürlich kam in ihm die Frage auf, ob seine Tochter jemals den süß sauren Geschmack einer Traube genossen hatte, ob sie jemals in den Genuss von Früchten gekommen war.
Er bezweifelte es und ein kleiner Teil in ihm, vielleicht der durch und durch Väterliche Teil, wollte dies ändern.
Doch der Rest seines Selbst genoss es.
Sie sollte etwas so leckeres nicht genießen dürfen.
Nicht als Halbblut, nicht als Abschaum.
Und abermals kam ihm die Frage in den Sinn, ob sie überhaupt von ihrer Herkunft wusste.
Wusste sie, dass sie seine Tochter war?
Langsam erhob er sich, als ein Klopfen an Der Tür ertönte.
"Herein."
Eine Wache betrat den Saal und verbeugte sich, ehe sie die erhofften Worte sprach.
"Das Mädchen ist angekommen Oberster Herrscher! Sie erwartet euch in ihren Gemächern."
"In Ordnung. Ihr könnt gehen."
Die Wache verbeugte sich ein weiteres Mal, ehe sie verschwand.
Er hingegen sah noch einmal aus dem Fenster, wo gerade die letzten Nebelschwaden den Sonnenstrahlen wichen.
Sie war durch den Nebel gelaufen, ungewöhnlich für eine Skaa.
Seine Schritte trugen ihn durch den Palast, hinunter in die kühleren Räume, bis zu den kleinen Räume welche als Schmiede dienen sollten.
Ohne zu klopfen öffnete er die Tür und sah in einen leeren Schlafsaal.
Auf dem kleinen Bett lag ein Stoffbeutel und über dem kleinen Stuhl lag ein grauer Mantel.
Seine Neugierde entfachte sich und verlangte, nachzusehen ob dies ein Nebelgeborenen Unhang war.
Bevor er diesem Verlangen jedoch hätte nachgehen können, erklang ein lautes Scheppern von Metall auf Metall aus dem Nebenraum.
Der Raum, in dem sie Schmieden würde.
Langsam verließ er den Raum in dem er sich befand und schloss die Tür, ehe er den anderen Raum betrat.
Da stand sie, den Hammer zum Schlag gehoben.
Ihr zierlicher Körper war in einfache Skaa-Arbeiter Kleidung gehüllt, welche zu weit für die kleine Person war.
Die Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden und einzelne Schweißtropfen rannen über das fein geschnittene Gesicht.
Ihr Arm fiel nach unten und mit einem lauten Scheppern traf der Hammer auf das Metallstück, welches wohl ein Schild werden sollte.
Leise räusperte er sich, woraufhin sie sofort aufsah.
Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn erblickte.
Mit dem rechten Ärmel wischte sie sich einmal über das Gesicht.
"Entschuldigt Oberster Herrscher, ich hatte euch nicht so bald erwartet. Würdet ihr euch bitte noch einen Moment gedulden?"
Ihre Stimme zittere leicht und auch wenn ihm der Gedanke zu warten missfiel nickte er und verließ den Arbeitsraum.
Sein Weg führte in ihr kleines Zimmer, wo er sich auf einen der Stühle um den kleinen Tisch herum setzte.
Ihm war bewusst, dass er noch einige Minuten warten müsste, weshalb er einmal über den Stoff des Mantels fuhr.
Er war aus groben Material gefertigt, ein einfaches Stück Stoff.
Es war nicht das, was er erwartet hatte.
Natürlich nicht, immerhin war sie nicht dumm.
Selbst wenn sie einen Umhang besaß würde sie ihn nicht so offen hinlegen.
Sie würde ihn verstecken, wahrscheinlich war er nicht einmal in Krediksheim.
Sie war vielleicht seine Tochter.
Er hatte nichts andere erwartet, dennoch hatte eine Teil von ihm wohl darauf gehofft, die suche hätte endlich ein Ende.
Ein Zischen ertönte und nur wenig später öffnete sich die Tür.
"Danke dass ihr gewartet habt..."
Sie strich sich einmal über die Haare und verbeugte sich dann.
Wie er befohlen hatte waren sie diesmal frei von Asche und Schmutz, weshalb das Grau und silbrigweiß erst richtig hervorstach.
Er erhob sich und sah ihr im die Augen, welche aussahen als seien die Nebel selbst in Ihnen gefangen.
"Ich hoffe ihr habt euch bisher eingelebt. Hat man euch schon alles erklärt?"
Sie nickte, den Blick nach unten Gewand und biss leicht auf ihre Unterlippe.
Während er sie betrachtete, fielen ihm immer mehr kleine Details auf.
So hatten ihre Augen die gleiche Form wie die ihrer Mutter, ihre Lippen waren ebenso voll.
Doch die Wangenknochen waren hoch, so wie seine eigenen es waren und sie hatte kleine Grübchen.
Natürlich konnte er dies nicht als Beweis sehen, doch es waren Indizien.
Kleine Hinweise auf ihre Eltern.
"Nun, ihr sollt bis Einbruch der Dunkelheit arbeiten, danach werdet ihr wohl schlafen gehen aber ihr habt dann freie Zeit. Und denkt bitte daran, dass ihr nur einmal in der Woche das Gelände verlassen dürft."
Sie nickte wieder, sah auf ihre Finger und presste die Lippen zusammen.
Um ihren Hals war ein Stoffband geschlungen und er erblickte einen kleinen Schlüssel Anhänger.
Genau konnte er diesen allerdings nicht erkennen, er war aus Metall.
Und vielleicht, nur vielleicht, war dies der Schlüssel, mit welchem sie sich verraten würde.
Denn, so kam es ihm in den Sinn, ihre Mutter hatte ihr extra einen Schlüssel mitgegeben für den Fall, dass sie das Kind irgendwann wiedersehen könnte.
"Kann ich sonst... irgendetwas für euch tun Oberster Herrscher?"
Leicht lächelnd schüttelte er den Kopf und erhob sich.
Instinktiv zuckte sie zusammen, was zwei Emotionen in ihr wach rief.
Zum einen schadensfreude, doch ein kleiner Teil in ihm wollte sie in den Arm nehmen und beruhigend auf sie einreden.
Verärgert verdrängte er diesen Gedanken und begab sich zur Tür.
"Nein Miva. Arbeite fleißig und dir wird hier nichts passieren. Und halte dich von den Rebellen fern."
Sie nickte brav und langsam verließ er den Raum, schritt den Gang entlang bis in seine eigenen Gemächer und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür.
Nun war es soweit, der Moment auf den er immer gewartet hatte.
Nun hatte er seine Tochter möglicherweise in seinen Fängen und nichts und niemand würde sie retten können.
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nameless
FanfictionDas große Reich, wie man es nannte, war groß, mächtig, unzerstörbar. Zumindest dachte man dies, bis schließlich die Zeit kam, in der sie Untergehen sollte. Die anderen Welten wanden sich ab, während die große Welt verschwand, welche sie all die Jahr...