06 Infantata

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Am nächsten Tag befolgte ich Tates Plan. Ich ging gleich morgens zu Leah. Ich traf sie an ihrem Spind. "Pass auf!" Ich stieß sie an der Schulter an. "Ich will, dass du aufhörst mich zu nerven." Leah starrte mich verwirrt an. "Ich hab was du willst. Drogen. Komm morgen bei mir vorbei und bekomm ne gratis Probe. Ich hab den besten Stoff der Stadt." Erwartungsvoll sah ich Leah an. Würde sie mir den Schwachsinn abkaufen? Ich fand die Idee jetzt noch blöder, als vorher schon... Zu meiner Überraschung nickte Leah und lächelte zufrieden. Sie hatte mir die Nummer ernsthaft abgekauft?!

Am nächsten Abend kam Leah wirklich. Meine Eltern waren außer Haus, was mein Glück war. Ich konnte ihnen ja nicht sagen, dass die Schulschlampe, wegen der ich jeden Tag mit Platzwunden nach Hause kam zu mir kam, um sich Drogen zu holen. Tate und ich hatten alles abgesprochen. Wenn alles so verlief, wie geplant, dann würde ich ab heute Abend nie wieder wegen einer Zigarette von Leah angegriffen werden.

Ich schaltete das Licht im Kellereingang an. "Was is' n da unten?", fragte Leah misstrauisch. Jetzt kam meine Schauspiel- und Improvisationskunst. Hoffentlich glaubte sie mir...
"Mein Geheimversteck. Meine Eltern durchsuchen jede Woche mein Zimmer.", antwortete ich lässig. "Wenn du mich verarschen willst...", begann sie zu drohen. Ich lachte auf. "Ist doch nur ein Keller." Wir gingen die Treppe hinunter. Leah voran, die Hand an der Wand entlangtastend. Trotz des Lichtes war es ziemlich dunkel. Ich faselte irgendwas, woher ich die Drogen hätte, um Leah die Angst zu nehmen, die sie deutlich hatte, dabei waren wir nur im Keller unseres Hauses... Sie schien dann wohl doch nicht so krass drauf zu sein, wie sie immer tat...
"Und wo ist es?", fragte sie, als wir am Ende der Treppe angelangt waren. "Da vorne um die Ecke.", sagte ich, während ich sie beobachtete. Sie hatte echt Schiss hier unten zu sein. Und das fand ich gut! Sie sollte diesen Abend nie vergessen! Sie hatte es nicht anders verdient.

Sie ging weiter, in einen dunklen Gang. Sie tastete sich links und rechts an dem schmalen Gang entlang. Ich folgte ihr, geladen mit purer Vor- und Schadenfreude. Ich führte sie mit Anweisungen durch unseren Keller. "Was für ein Drecksloch!", gab sie von sich und man konnte das beben in ihrer Stimme nur allzu gut hören. Kurz bekam sie die Fassung wieder. "Ich will meine verdammtes Drogen!", drängte sie.
"Dann geh weiter.", meinte ich und platzte fast vor Schadenfreude.
Leah ging in einen stockfinsteren Raum.
Nun begann das Spiel endlich... Ich blieb am Lichtschalter stehen und wartete, bis sie in der Mitte des Raumes angelangt war. Dann schaltete ich das Licht an. Leah zuckte heftig zusammen,denn neben ihr saß Tate. Im Schaukelstuhl.
"Das ist also die Kokshure.", sagte er, wippte ein wenig mit dem Schaukelstuhl und sah Leah ahnend an.
"Und wer bist du?", fuhr sie Tate an. Man merkte ihr an, dass sie sich nicht mehr wohl in ihrer Haut fühlte. Und das gefiel mir. Sie versuchte locker zu bleiben, war aber total verängstigt.
"Das Licht aus!", gab Tate mir seinen Befehl, mit einer düsteren, monotonen Stimme. Ich folgte und schaltete das Licht wieder aus. Leah schreckte auf.
Plötzlich, ohne, dass ich etwas machte begann das Licht zu flackern. In unregelmäßigen Abständen flimmerte es auf und man konnte nur für den Bruchteil einer Sekunde etwas erkennen. Wie hatte Tate das gemacht? Ich sah zu ihm. Was kam jetzt? Auf einmal begann er wie ein Irrer zu lachen. Es war kein frohes, schönes Lachen, nein. Es war ein schrilles, bösartiges Lachen, das sogar mir Gänsehaut machte. Auch sein Gesicht, dass ab und zu im Licht zu erkennen war, war extrem verzerrt und er machte den Eindruck eines Verrückten auf mich. Rastete er jetzt völlig aus?
"Was geht hier vor?", fragte Leah ängstlich. Sie fragte immer lauter, bis sie schrie. Tate zappelte auf seinem Stuhl umher. Es sah so aus, als würde etwas von seinem Körper Besitz ergreifen und er versuchte sich mit aller Kraft auf dem Stuhl zu halten. Meine Augen taten von dem flackernden Licht schon weh. Irgendwie war das ganze echt eine Spur zu unheimlich. Ich erkannte Tate nicht wieder. Plötzlich sah ich im flackernden Licht statt Tate etwas Seltsames auf dem Stuhl sitzen. Eine Art Puppe. Mit kahlem Kopf, dunklen Augen und einem blutverschmiertem Mund, aus dem unangeordnete Klauen herausragten, wie bei einem Hai. Im nächsten Moment saß wieder Tate auf dem Stuhl und schien sich immer noch gegen etwas zu wehren. "TÖTE SIE! TÖTE SIE! TÖTE SIEEEE!", schrie er mit einer immer rauer werdenden und gar nicht zu ihm passenden Stimme. Plötzlich stand er auf und packte Leah, wie ich im flackernden Licht erkennen konnte. Er packte sie im Nacken und drückte sie zu Boden. Er saß auf ihrem Rücken, während er mit beiden Händen ihren Kopf auf den Boden schlug. Leah schrie erbärmlich in Todesangst. Sie schrie Tate an, er solle von ihr runter gehen und sie schrie mich an, dass ich ihr helfen solle. Doch ich war wie gelähmt. Was passierte hier? Was war mit Tate passiert?
Als das Licht erneut aufflackerte sah ich statt Tate dieses Monster auf Leah sitzen und sie würgen. Das war zu viel für mich. Ich begann zu schreien. Tate sollte aufhören! Was war das denn für ein kranker Scheiß?
"Aufhören!", schrie ich verzweifelt, doch da wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr die Kontrolle hatte.
Im nächsten Moment packte mich eine Hand im Nacken und schob mich auf Leah und das Monster zu.

Ich schrie wie eine Irre, kroch sofort wieder zurück, als die Hand in meinem Nacken weg war und sah wieder Tate auf Leah sitzen und sie würgen. Ich schnappte nach Luft. Was zur Hölle ging hier ab? Plötzlich war direkt vor meinem Gesicht die Puppe!

Ich schrie mir die Seele aus dem Leib, als es näher kam und eine Klaue nach mir ausstreckte

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Ich schrie mir die Seele aus dem Leib, als es näher kam und eine Klaue nach mir ausstreckte. Die Finger waren direkt vor meinem Gesicht! In der Hoffnung, dass die Schreie helfen würden versuchte ich noch lauter zu werden. Plötzlich gingen es wieder auf Leah los, doch dann wurde es still. Man hörte nur das Licht flackern. Plötzlich stand Tate mitten im Raum, im flackernden Licht. Er hatte diese Puppe, wofür ich es hielt in der Hand und sein Gesicht sah aus, wie ein aufgemalter Totenschädel. Was passierte jetzt?
Wie gelähmt hockte ich da, da hörte ich von Leah ein leises "Mami". Dann ging das Ding wieder auf sie los und Leah schrie erneut. Ich zitterte am ganzen Körper, dennoch rappelte ich mich auf und tastete nach dem Lichtschalter. Sofort ging das Licht an und ich sah zu Leah. Sie lag auf dem Rücken, um sich tretend und schlagend. Auf ihrer linken Wange waren drei riesige Wunden, als hätten die Pranken eines Bären sie erwischt.

Als sie merkte, dass das Licht an war rappelte sie sich so schnell wie möglich auf. Sie wimmerte laut und histerisch und schrie vor Schmerzen. Tate saß währenddessen in seinem Schaukelstuhl, als wäre nichts gewesen.
Kein Monster, keine Schminke, keine verrückte Lache. Leah presste die Hand auf ihre Wange und rannte an mir vorbei. Ich sah sie erschrocken an. Das auf ihrer Wange... das war kein Kratzer. Das waren drei große Wunden! Ich rannte ihr hinterher. "LEAH, WARTE!", schrie ich ihr hinterher, doch sie hatte die Beine in die Hand genommen und war weg, ehe ich sie zurückhalten konnte. Ich war kurz davor in Tränen auszubrechen.
Was war das für eine Scheiß-Aktion gewesen?! Ich drehte mich um. Tate stand im Türrahmen. "Ich würde sagen, sie lässt dich ab jetzt in Ruhe.", meinte er seelenruhig.
"WAS WAR DAS?", schrie ich ihn histerisch an.
"Was meinst du?", fragte er verwirrt.
"Sie muss gegen die Wand gelaufen sein."
"Nein, ich hab da was gesehen.", erwiderte ich.
"Was redest du da, Violet?", fragte er und kam auf mich zu. "Das ist Unsinn! Das war cool, wir haben es dieser Schlampe gezeigt!"
Er sah mich an, als würde er nicht verstehen, warum ich so reagierte. Ich wich vor ihm zurück.
Was war mit dem Kerl nur falsch? Warum log er mich an? Ehe ich an die Wand stieß bekam ich die Fassung wieder.
"Los verschwinde!", schrie ich ihn an. "Ich will dich nie wieder sehen!" Er kam noch näher, doch ich stieß ihn zurück. Damit hatte er nicht gerechnet, denn er stolperte ein paar Schritte zurück. Er sah zu Boden. Wusste er überhaupt, was gerade passiert war? Alter, der Kerl war ein Psycho, wie konnte ich mich darauf einlassen? Ich warf ihm einen letzten tränenverschleierten Blick zu, dann stolperte ich die Treppe hoch. Ich rannte wie noch nie in meinem Leben. Wer weiß, was er sonst noch auf Lager hatte. Ich begann zu schluchzen. Der Schock steckte mir in den Gliedern. Ich hörte ihn aus dem Keller schreien.
"ICH DACHTE DU HÄTTEST VOR GAR NICHTS ANGST!"
Ich hörte, wie verletzt er war. Dennoch rannte ich bis nach oben in mein Zimmer. Ich schlug die Tür hinter mir zu und kroch in mein Bett. Zitternd zog ich mir die Decke über den Kopf. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf.
Die Sache war völlig eskaliert! Tate sollte Leah Angst einjagen und nicht mir! Was, wenn Leah es ihren Eltern erzählte? Wie sollte ich Dad dann erklären, dass ich Leah mit Tate zusammen Angst einjagen wollte?
Mein Vater hatte recht gehabt. Ich hätte mich von Tate fern halten sollen!
Er ist ein verdammter Psychopat!

PAUSIERT American Horror Story -Murder House-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt