12 Enttäuschungen

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Ich saß mit Tate im Garten in einem Torbogenfenster. Während ich wieder einmal meinen Frust bei ihm abließ, rauchte ich eine Zigarette, um mich zu beruhigen. Ich erzählte ihm davon, dass meine Mutter mir vorenthalten hatte, dass sie ein Kind erwartete und es mich verletzte, dass ich es als letzte erfahren hatte. Außerdem erzählte ich ihm, dass meine Mom von hier weg wollte. Ja, sie hatte durch den Vorfall mit dem Einbruch totale Angst und wollte in ein anderes Haus, dabei waren wir gerade erst hier eingezogen und somit waren die Umzugskartons endlich ausgeräumt. Außerdem wollte ich hier gar nicht mehr weg. Ich weiß, am Anfang wollte ich hier nicht hin, aber mit der Zeit ist das Haus doch immer interessanter geworden und ich wollte hier einfach nicht mehr weg.
Heute Mittag hatte ein Touristen-Bus vor unserem Haus gehalten und es den Touristen als das "Mörderhaus" vorgestellt. Und ich meine...wer wohnt denn bitte schön in einem Mörderhaus? Ich fühlte mich von diesem Haus irgendwie angezogen. Es war nicht normal und ich liebe unnormales!

Auf einmal hörte ich die Hintertür quietschen. Erschrocken drehte ich mich um und sah meinen Dad. Schnell drückte ich die Zigarette aus und Tate versteckte sich. Mein Vater wollte ja nicht, dass wir uns trafen und wenn er mich direkt nach dem Einbruch mit Tate sehen würde, wäre sein Vertrauen mir gegenüber wieder dahin. Und dabei hatte ich ihm gerade erst verziehen.

Als er an mir vorbei ging sah er zu mir auf und blieb stehen, als er die Zigarette sah. Sein Blick brannte förmlich auf mir und ich starrte einfach nur geradeaus, bereit eine Abfuhr zu kassieren.
"Keine Sorge! Ich mach deswegen kein Fass auf.", meinte er ruhig. Ich sah ihn erstaunt an.
"Wieso nicht?", fragte ich leicht misstrauisch. Wollte er sich etwa einschleimen? Damit ich nicht mehr sauer bin, weil er mir nicht geglaubt hat?
"Nach allem, was ihr durchgemacht habt...", antwortete er. Also wollte er sich doch einschleimen... Oder machte er sich wirklich Sorgen?
"Ganz ehrlich, Dad. Es geht mir gut!", meinte ich nur. Ich zuckte mit den Schultern. "Ist eine Story, für einen College Aufsatz.", meinte ich. Er setzte ein ruhiges Lächeln auf.
"Okay, aber ...wenn du mit irgendwen reden willst...", reimte er sich einen zusammen.
"Dad!", sagte ich nur und verdrehte leicht die Augen. Ich bräuchte keinen Psychiater, und dann nicht auch noch meinen Vater...
"Nicht mit mir natürlich!", meinte er, als hätte er meine Gedanken erraten. "Wir würden dir jemanden suchen.", schob er dann noch hinterher. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, also brachte ich nur ein "Okay, danke!" hervor. Als er mich immer noch erwartungsvoll ansah sagte ich noch "Ich denk' darüber nach.". Er nickte und musterte mich. Ich sah weg. Das war doch nicht sein Ernst, dass er mich zum Psychiater schicken wollte, oder? Ich meine... Ich hab ihm doch gesagt, dass alles ok sei, warum wollte er mich zum Psychiater schicken? Weil ich Depressionen habe, oder was? Ich wollte mit niemandem über meine Probleme reden. Tate reichte völlig aus. Er war auch der Einzige, der mir zuhörte, im Gegensatz zu anderen und ich würde meine Probleme bestimmt nicht jemandem anvertrauen, den ich nicht kannte, nur weil er ein Psychiater war!
Ich war ein wenig verletzt, dass mein Vater meinte, ich solle zu einem Psychiater gehen... Er schien es zu merken, denn er klopfte mir auf's Bein und ging dann ohne ein Wort. Ich starrte einfach in die Leere.
Tate löste sich aus dem Gebüsch und kam wieder zu mir, als er sah, dass mein Vater sich entfernte. Er zuckte kurz mit den Mundwinkeln nach unten, nach dem Motto "Vielleicht hätte ich das nicht mithören sollen, sorry" und setzte sich wieder zu mir. Ich hielt die Tränen zurück. Ich wollte jetzt nicht hier rumheulen. Das kann ich mir für mein Zimmer aufheben. Ich starrte weiter in die Leere. Würde ich Tate ansehen, würde er die Tränen in meinen Augen sehen und dann könnte ich sie einfach nicht mehr zurückhalten. Das war mir schon so oft passiert und deshalb schaute ich nie jemanden an, wenn ich den Tränen nahe war. Also sah ich eine Weile abwesend in die Gegend und als ich mir sicher war, keine Tränen mehr in den Augen zu haben sah ich endlich zu ihm.
"Er ist ein toller Dad!", meinte Tate dann. "Er kümmert sich richtig um dich!", schob er noch hinterher und sah mich an, als befürchtete er, ich müsste wirklich gleich heulen.
Ich starrte ihn einfach nur ausdruckslos an. Hatte er nicht mitbekommen, wie es mir gerade ging? Hatte er nicht gehört, dass mein Vater dachte, dass ich Depressionen habe und mich deshalb zu einem Psychiater schicken wollte?
Ich war echt kurz davor ihn für diesen Kommentar zu treten. Gerade die Tränen losgeworden, schon kommen die nächsten.
"Da hast du großes Glück!", beendete er, und sah mich freundlich an. Das reichte! Ich beugte mich vor und nahm eine Zigarette. Konnte er mal aufhören von meinem Dad zu schwärmen? Kann ja sein, dass sein Vater seine Familie verlassen hat, aber mein Vater war auch kein Vorbild! Damit meine ich nicht mal, dass er fremdgegangen ist, sondern dass er mir nicht glaubte und mich als depressiv abstempelte.
Ich nahm die Zigarette zwischen meine Lippen und wartete, dass Tate sie anzündete. Er grinste dabei, doch meine Stimmung ließ sich nicht wirklich aufheitern. Meine Eltern hatten Geheimnisse vor mir, wahrscheinlich, weil sie glaubten, ich sei depressiv. Und das enttäuschte mich einfach total und drückte schwer auf mein Herz.

PAUSIERT American Horror Story -Murder House-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt