Mein Leben war absolut im Eimer. Und ich hatte es mir selbst zu verdanken. Einen Einser Durchschnitt im Abi und doch war ich so dumm wie keine andere.
Ich wies jeden seiner Anrufe ab, und heulte nur noch mehr dabei. Ich mied öffentliche Plätze, weil dort die Gefahr größer war, ihn zu treffen.
Ohnehin ging ich nicht mehr raus.
Er hatte doch eine Freundin!
Was hätte ich tun sollen?Jetzt konnte mir nur noch Leslie helfen...
Sie kam sofort, am letzten Tag ihres Urlaubs und reiste zu mir ins Hotel.
Gemeinsam kauerten wir vorm Fernseher und sie redete mir gut zu."Hey Süße..." flüsterte sie.
"Alles wird gut..."Ich antwortete ihr nicht, sondern schob mir noch ein Stückchen Schokolade in den Mund und ließ es auf der Zunge schmelzen.
"Hörst du mir überhaupt zu? Hey Ann? Es wird alles gut werden, ich verspreche es dir..." Sie legte mir einen Arm um die Schultern und doch spürte ich, dass sie sich fragte, warum ich meine Chance nicht ergriffen hatte.
Es war so: Schon damals hatte ich niemals Glück. Wenn es perfekt erschien, hatte es meist einen Haken. Wie bei meinem ersten Freund, dem ich bei den Hausaufgaben half und er sie dann hinter meinem Rücken verkaufte. Bis das aufflog, hielten die Lehrer mich für eine Abschreiberin.
Oder damals im Kindergarten. Auch schon da hatte ich kaum Anschluss gefunden. Meine einzige, wahre Freundin war umgezogen, als wir uns soeben gefunden hatten.Das Leben meinte es nicht gut mit mir. Warum sollte es jetzt anders sein?
"Leslie?" fragte ich, um meine trüben Gedanken loszuwerden.
"Ja Ann? Schieß los, du weißt, dass du mir alles erzählen kannst. Immer und zu jeder Zeit. Und über jedes Thema." sah sie mich treu an und zauberte mir ein leichtes Lächeln ins Gesicht.
"Wenn du ..." setzte ich an.
"Wenn du jemanden kennenlernen würdest...""Ja?" sie zog eine Braue hoch und flocht mein Haar.
"...nehmen wir an über ein Call-Center..." Ich wurde leiser, Unsicherheit packte mich.
"Ich hab Dave aber nicht kennen gelernt, das warst du doch."
Sie strich über meine Locken und sah mich aus ihren freundlichen Augen an. Sie war heute nicht so stark geschminkt, sondern trug ein dezentes Make-Up. Ich fand sie so viel schöner, aber sie sagte immer, dass es ihr anders besser gefiele."Das tut jetzt nichts zur Sache, stell es dir einfach vor." hastete ich weiter voran.
"Okay.." meinte sie, gespannt auf das, was ich sagen würde.
"Wenn du Nächte lang mit ihm quatschen würdest... ohne ihn wirklich zu kennen, er dir dann aber so sehr ans Herz wächst wie kein anderer zuvor...hättest du Angst, dass es nicht real sei?"
Sie schien zu überlegen. Dann antwortete sie wahrheitsgemäß: "Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich schon. Es wäre einfach wie ein Traum."
"Genau!" lächelte ich, fühlte mich verstanden.
"Und doch gibt es ihn? Und er wirkt genau so perfekt wie er sich angehört hat, oder?" hakte Leslie nach, sie wollte genau wissen, was im Café passiert war. Bis jetzt hatte ich nur Bröckchen davon erzählt.
"Stopp, stopp. Ich war noch nicht fertig", seufzte ich.
"Was wäre, wenn er... dann auch noch all deinen Vorstellenungen gerecht kommt. Wenn er dir immer geholfen hat, selbstlos, treu, liebenswert .. und gleichzeitig so sexy ist wie tausend Models auf einem Haufen?""Deine Vergleiche waren auch schon mal besser, Ann", kicherte sie. Sie steckte mir schließlich die Haare hoch und betrachtete mich.
"Also gut, er ist also sehr sexy",grinste sie. Ihr war es sichtlich nicht unangenehm, nein sie amüsierte sich.
"Und was dann?""Naja, du hast einfach Angst, dass du ihm nicht gefällst oder er dich fallen lässt, sobald er dich direkt wahrnimmt." Ich sah zu Boden und unterdrückte neue Tränen.
"Das glaube ich nicht, ich bin 'ne Hammerfrau!" tätschelte sie meinen Arm und sie meinte ja eigentlich mich.
"Er wäre schön blöd, wenn er es vermasselte und er würde es wie immer mit der besten Freundin zu tun bekommen. In deinem Falle, aka mir.""Ich rede doch nicht von mir!" verteidigte ich mich errötend.
"Ach so, hätte ich fast vergessen."
Sie tat auf ernst und es missling ihr.
"Aber jetzt mal ehrlich, worauf willst du hinaus?"Ich ließ mir etwas Zeit und ein paar Minuten verstrichen. Leslie wartete geduldig und schnappte sich auch etwas von der Schokolade.
"Würdest du ihn nochmal aufsuchen und mit ihm reden? Obwohl er womöglich eine Freundin hat?"fragte ich in die Stille.
"Schätzchen, muss ich dir noch in den Arsch treten, damit du endlich aufwachst und dein Glück genießt? Ich hätte auch gerne einen solchen Verehrer!" lachte sie.
"Er steht auf dich! Und wenn er wirklich so ist, wie du ihn beschreibst, dann wird er dich so annehmen, wie du bist und dich für deine inneren Werte lieben!"Ihre Worte rüttelten mich wach.
Wenn Leslie recht hatte, wie eigentlich immer...dann...
Was musste Dave nur von mir denken? Ich hätte abnehmen sollen, als er mich angerufen hatte. Und warum hatte er mich wohl angerufen?
Weil ich ihm wichtig war!Ich hatte so viel Zeit verschenkt! Hastig sprang ich auf.
"Ich muss zu ihm!""Aber es ist schon spät und es regnet" erwiderte sie ruhig.
" Ich will zwar auch, dass ihr so schnell wie möglich zusammen kommt, aber...""Sags ruhig, ich sehe furchtbar aus",murmelte ich und tastete meine verquollenen Augenlider und Wangen ab.
Sie zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht.
"Wir schlafen noch eine Nacht drüber und dann frühstücken wir schön. Danach style ich dich und dann...ja dann klingelst du bei ihm. Du weißt ja, wo er wohnt.""Er ist mein Nachbar..." stellte ich den Zufall fest.
"So als würde das Schicksal wollen, dass wir uns über den Weg laufen.""Ganz recht, Ann" lächelte Leslie, nun erleichtert, dass ich mich gefangen hatte.
Ich stand auf und räumte den Müll weg, warf die Schokolade weg und zog mich um.
Leslie beobachtete das Ganze kopfschüttelnd."Also manchmal brauchst du echt diesen Stups in die richtige Richtung", seufzte sie, doch konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen.
"Aber ich freue mich für dich!""Ja Mom", verdrehte ich die Augen, doch fiel in ihr Lachen ein.
In der Nacht konnte ich nur kaum schlafen. Wie sollte ich ihm meine Distanz erklären? Würde er mich verstehen und viel wichtiger, würde es gut werden zwischen uns?
Mein Herz pochte unnormal laut und der Liebeskummer brachte mich fast um. Unruhig wälzte ich mich in dem Bett, das ich vorher so bequem gefunden hatte.
Les schlief tief und fest und ließ sich nicht stören.
Ich war ihr unendlich dankbar, dass sie für mich da war und ihren Urlaub abgebrochen hatte.Ich atmete tief durch.
Morgen würde der beste Tag meines Lebens werden.
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Hey aus dem Urlaub!
😎Das Treffen der beiden rückt immer nääääheeerrr...
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Call me Dave - Liebe auf den letzten Anruf
RomanceGlaubst du an das Schicksal? Oder an die Liebe auf den ersten Blick? Nein? Dann vielleicht an Liebe auf den letzten Anruf... Ann ist eine ambitionierte Medienkauffrau bei einem erfolgreichen Verlag in einer Großstadt. Sie ist die rechte Hand ihres...