8. Wenigstens ist einer von uns sicher

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Nachdem ich ausgeschlafen runter gegangen bin und ausreichend gefrühstückt habe, gehe ich an die frische Luft und sehe Red drüben im Garten mir zuwinken. Ich laufe zur Hecke, die unsere Grundstücke voneinander trennt, und frage wie es ihm geht.
"Super! Mom hat mir erzählt, was ihr gemacht habt, als ich nur halb da war." Er grinst mich dreckig an. "Echt süß von dir mich nach Hause zu tragen."

Er kommt mir sehr nah und lässt seine Augenbrauen hüpfen. Ich fange an zu lachen, bis ich zurück grinse. Ich lege meinen Kopf leicht schief in den Nacken, meinen Zeigefinger unter sein Kinn und schiebe seinen Kopf hoch.
"Mach dir keine Hoffnungen, Red. Ich will nichts von dir."
Zuerst ist er natürlich überrascht und sieht mich mit großen Augen an, aber danach schließen sie sie leicht und sieht ein bisschen hypnotisiert aus. Doch nun lächelt er fies und sagt tonlos etwas, was mich neugierig macht.
Ich komme wieder etwas näher und frage langsam: "...Was?"
Er kichert und sagt: "Nichts."

Das sah aus, als hätte er "Oh, you will one day" geformt.

"Sag es", sage ich ernster. Er dreht sich mit erhobenen Haupt weg und sagt: "Nope."

Nee, das Spiel lasse ich dich nicht mit mir spielen. Ich find's so oder so irgendwann heraus.

"Gut, dann nicht."
"Gut", sagt er fröhlich, sich wieder zu mir drehend.
"Ich wollt dir noch sagen, dass ich natürlich auch dabei bin", fügt er, Fäuste bildend, hinzu. Ich lächle ihn an. "Cool."

Einen kurzen Moment starren wir beide uns gegenseitig in die Augen, doch noch bevor mir meine Gedanken bewusst werden, kommt Reds Mutter aus dem Haus gestürmt.
"Red! Green! Gut, dass ihr hier seid! Es ist etwas Schreckliches passiert! Kommt schnell mit ins Haus!", sagt sie hektisch. Leicht verwirrt tun wir wie gewünscht und werden drinnen von ihr in einen fast fensterlosen Raum gebracht. Kurz kommt Misstrauen aus meinem Gefühlsrepertoire zum Vorschein, doch zieht es sich wieder zurück, als Scarlet mit uns in die Pokéwelt reist. Hier zieht sie uns wieder aus dem Zimmer und schubst uns quasi auf das Sofa.
"Mom!", sagt Red dezent empört und wird beinah unterbrochen: "Ich habe ganz normal nach dem Frühstück nach Pantimos gesehen, als plötzlich der Fernseher von alleine anging und Team Rocket eine Nachricht an Green hinterlassen hat!" Schnell nimmt sie die Fernbedienung und macht den Fernseher an. Sie lässt ein Video abspielen, in dem der Boss von Team Rocket gezeigt wird. Er sagt, dass ich zur Arena von Viridian City kommen soll. Er habe da etwas, was in meinem Interesse sei.
Sofort überkommt mich Angst.

BITTE lass es nicht Leaf sein!

Doch als er zur Seite tritt, sieht man Leaf spärlich bekleidet im Kerker an Ketten hängen. So wie ich es gestern tat, nur wurde er noch zusätzlich geknebelt. Alles, was seinen bleichen Körper bedeckt, ist eine graue Hose. Sein gequälter Blick, der in die Kamera fällt, schneidet wie ein Messer in mein grade erst wieder zusammengeflicktes Herz.
"Es gibt einen Weg zu verhindern, dass wir ihn für seine Tat bestrafen. Alles, was du tun musst, ist hierher zu kommen und dich zu ergeben. Also, wenn du bis 15:00 Uhr noch nicht aufgetaucht bist, kann dein liebster Zwilling sein blaues Wunder erleben." Und damit endet das Video.

Ich kann nicht definieren, wie ich mich fühle. Mir fliegen Vorwürfe im Kopf herum; ich habe Schuldgefühle; ich fühle mich erpresst; ich habe Angst, dass Mom und Dad das mitbekommen; ich weiß nicht was passieren wird, wenn ich wirklich hingehen würde und ich verstehe nicht, warum die mich unbedingt wollen?! Alles, was an mir besonders ist, ist, dass ich der Enkel von Professor -

Ich schrecke auf.

Ist es das?! Wollen sie eigentlich Gramps erpressen? Ich meine, wer will bitte nicht den weltberühmten Professor Oak bei sich haben? Nur warum brauchen sie dazu zwei seiner Enkel?

Die Kette - Eine Reise in eine vergessene WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt